Karl Kautsky

Wie der Weltkrieg entstand


13. Italien


Zur Zeit der Absendung des Ultimatums an Serbien hatte bei den regierenden Herren in Berlin und Wien noch unbekümmerte Selbstzuversicht geherrscht, die glaubte, den Sieg schon in der Tasche zu haben, sei es den diplomatischen, wenn Rußland sich kampflos der ihm zugedachten capitis diminutio unterwarf, wie Wilhelm sich ausdrückte, das heißt, seiner schimpflichen Degradierung. Oder den militärischen, wenn Rußland sich dazu, verführen ließ, zum Schwerte zu greifen.

Doch diese Zuversicht war auf die Erwartung aufgebaut, daß es gelingen werde, im deutschen Volke für den Konflikt den nötigen Resonanzboden zu finden, Italien als Bundesgenossen zur Sejte zu erhalten und England zu veranlassen, neutral zu bleiben.

Da kam die Antwort Serbiens. Je mehr sie wirkte, desto bedenklicher wurde die allgemeine Stimmung gegen Österreich und seine Förderer. So entstand jene Unsicherheit, deren Anzeichen wir eben kennengelernt hatten.

Wir haben Wilhelms Entrüstung über die „Sozi“ gesehen. Nicht weniger Kopfschmerzen bereitete ihm sein italienischer Bundesgenosse.

Hätten die Verschworenen von Potsdam die Wirklichkeit so gesehen, wie sie war, und nicht, wie sie nach ihren Wünschen sein sollte, dann durften sie von vornherein nicht auf Italiens Unterstützimg rechnen, mußten sie eher auf seine Gegnerschaft gefaßt sein.

Denn auf dem Balkan war Italien ebensosehr Österreichs Rivale wie Rußland, Ja, die österreichischen Wege kreuzten weit mehr als die russischen die Straße, die Italien zu gehen gedachte, da dieses ebenso wie Österreich Ausdehnungsgelüste auf der westlichen Seite des Balkans hatte. Zwischen Rußland und Italien war daher nach der Annexion Bosniens durch Österreich 1909 eine starke Annäherung in der Balkanpolitik eingetreten.

Wohl konnte auch Serbien ein Konkurrent des italienischen Imperialismus auf dem Balkan werden. Aber es war damals noch klein, ein Ländchen mit 3 Millionen Einwohnern, also ganz ungefährlich im Gegensatz zur großen Habsburger Monarchie mit ihren 50 Millionen.

Und nicht nur der Imperialismus, auch die Demokratie Italiens stand im Gegensatz zu Österreich, das 1 Million Italiener in seinen Gebieten unterdrückte und verfolgte.

Italien war in Wirklichkeit bloß der Bundesgenosse Deutschlands, nicht Österreichs, Zwischen Italienern und Österreichern bestand bittere Feindschaft, die so groß war, daß schon 1909 der Chef des österreichischen Generalstabs, Conrad v. Hötzendorf, zum Krieg gegen Italien gedrängt hatte. Die Stimmung der schwarzgelben Generalstäbler und Diplomaten war nicht verbessert worden dadurch, daß 1913 Italien Österreichs Pläne eines Krieges gegen Serbien vereitelte.

So wenig trauten die Verschworenen dem „Bundesgenossen“, daß sie es für notwendig hielten, vor ihm ebenso wie vor der übrigen Welt das Unternehmen gegen Serbien auf das sorgfältigste geheim zu halten. Er wurde nicht bloß scheinbar, wie die deutsche Regierung, sondern tatsächlich durch das österreichische Ultimatum überrascht.

Daß die Italienische Regierung darob sehr erbittert wurde, mußte man voraussehen. Und selbst wenn sie sich an Österreichs Seite hätte stellen wollen, wäre es ihr schwer gefallen. Denn die öffentliche Meinung nahm in Italien sofort gegen Österreich und für Serbien Partei. Eine italienische Regierung war aber weit weniger selbstherrlich als eine deutsche oder österreichische. Sie durfte nicht wagen, sich einer stark ausgesprochenen Volksstimmung entgegenzustemmen.

Das einzige Mittel, Italien zu gewinnen, hätte unter diesen Umständen darin bestehen können, daß Österreich Italien ausgiebige Kompensationen gewährt, die auch vom Volke akzeptiert wurden, z.B. die Abtretung des Trentino,

Eine vorausschauende Politik hätte sich darüber vergewissern müssen, ehe sie sich auf das Kriegsabenteuer einließ – wenn sie dieses schon einmal für geboten hielt. Von ihrem eigenen, imperialistischen Standpunkt aus hätten Wilhelm und Bethmann, ehe sie in Potsdam Österreich unbedingte Unterstützung beim Kriege gegen Serbien versprachen, von Österreich die Zusicherung erlangen müssen, daß es zu bestimmten Konzessionen an Italien bereit sei.

Aber dazu hatte man damals zu große Eile. Das Unternehmen, das den furchtbaren Weltkrieg heraufbeschwor, wurde, ganz abgesehen von allen moralischen Bedenken, mit solcher Kopflosigkeit und Leichtfertigkeit in Gang gebracht, daß man in Berlin zunächst gar nicht daran dachte, Wien auf Kompensationen für Italien festzulegen. Hatte man ja nicht einmal gefragt, welches die Ziele des Krieges gegen Serbien waren! Wie über diese Kriegsziele fing man auch über Italien erst hinterdrein an nachzudenken. Zehn Tage nach der Potsdeimer Zusammenkunft, am 15. Juli, telegraphierte Jagow an Tschirschky in Wien:

„So ausfrophob im allgemeinen die italienische öffentliche Meinung ist, so serbophil hat sie sich bisher immer gezeigt. Es ist auch für mich kein Zweifel, daß sie bei einem österreichisch-serbischen Konflikt sich prononzieri auf Saite Serbiens stellen wird. Eine territoriale Ausbreitung der Österreich-ungarischen Monarchie, selbst eine Ausdehnung ihres Einflusses im Balkan wird in Italien p erhör resziert und als eine Schädigung der Position Italiens daselbst angesehen. Infolge einer optischen Täuschung wird angesichts der unvermeidlichen Bedrohung durch das benachbarte Österreich die in Wirklichkeit viel größere slavischß Gefahr verkannt. Ganz abgesehen davon, daß die Politik der Regierung in Italien nicht unwesentlich von den Stimmungen der öffentlichen Meinung abhängt, so beherrscht die obige Auffassung doch auch die Köpfe der Mehrzahl der italienischen Staatsmänner. Ich habe bei ihnen jedesmal, wenn eine Bedrohung Serbiens durch Österreich in Frage kam, eine außerordentliche Nervosität konstatieren können. Durch eine Parteinahme Italiens für Serbien würde fraglos die russische Aktionslust wesentlich ermutigt. In Petersburg würde man damit rechnen, daß Italien nicht nur seinen Bundespflichten nicht nachkommt, sondern sich womöglich direkt gegen Österreich-Ungarn wendet. Ein Zusammenbruch der Monarchie würde für Italien ja auch die Aussicht auf Gewinnung einiger langbegehrter Landesteile eröffnen.

Es ist daher meiner Ansicht nach von größter Bedeutung, daß Wien sich mit dem Kabinett von Rom über seine im Konfliktsfalle zu verfolgenden Ziele in Serbien auseinandersetzt und es auf seiner Seite oder – da ein Konflikt mit Serbien allein keinen casus foederis bedeutet – strikte neutral hält. Italien hat nach seinen Abmachungen mit Österreich bei jeder Veränderung im Balkan zugunsten der Donaumonarchie ein Recht auf Kompensationen. Diese würden also das Objekt und den Köder für die Verhandlungen mit Italien bilden. Nach unseren Nachrichten würde z.B. die Überlassung von Valona in Rom nicht als annehmbare Kompensation angesehen werden. Italien scheint überhaupt von dem Wunsche, sich auf der altera sponda der Adria festzusetzen, zurzeit abgekommen zu sein.

Wie ich streng vertraulich bemerke, dürfte als einzige vollwertige Kompensation in Italien die Gewinnung des Trento erachtet werden. Dieser Bissen wäre allerdings so fett, daß damit auch der austrophoben öffentlichen Meinung der Mund gestopft werden könnte. Daß die Hergabe eines alten Landesteils der Monarchie mit den Gefühlen des Herrschers wie des Volkes in Österreich sehr schwer vereinbar wäre, läßt sich nicht verkennen. Es fragt sich aber anderssits, ivelchen V/ert die Haltung Italiens liir die österreichische Politik hat, welchen Preis man dafür zahlen will und ob der Preis im Verhältnis zu dem anderwärts erstrebten Gewinne steht.

Eure Exzellenz bitte ich, die Haltung Italiens zum Gegenstand einer eingehenden vertraulichen Rücksprache mit dem Grafen Berchtold zu machen und dabei eventuell auch die Frage der Kompensationen zu berühren. Ob bei diesem Gespräch die Frage des Trento erwähnt werden kann, muß ich Ihrer Beurteilung und Kenntnis der dortigen Dispositionen anheimstellen.

Die Stellungnahme Italiens wird jedenfalls für Rußlands Haltung bei dem serbischen Konflikt von Bedeutung sein; sollte sich aus letzterem eine allgemeine Konflagration ergeben. So würde sie auch für uns von größter militärischer Wichtigkeil sein.

Zur Vermeidung von Mißverständnissen bemerke ich noch, daß wir dem römischen Kabinett keinerlei Mitteilung über die Verhandlungen zwischen V/ien und Berlin gemachrt haben und daß folglich auch die Kompensationsfrage von uns nicht erörtert worden ist.“

Jagow hatte gut reden. Er hätte die Beschränktheit und Verstocktheit seiner österreichischen Freunde besser kennen sollen. Von Konjpcnsationen wollte man in Wien nichts wissen.

So berichtet Tschirschky am 20. Juli über eine Besprechung mit Berchtold:

„Graf Berchtold sagte, seiner Ansicht nach würde, wie die Dinge liegen, die Kompensationsfrage jetzt überhaupt nicht aktuell worden; in der gestrigen Besprechung sei, besonders auf Drängen des Grafen Tisza, der hervorgehoben habe, weder ihm noch irgend einer ungarischen Regierung könne eine Stärkung des slavischen Elements in der Monarchie durch Angliederung serbischer Gebietsteile zugemutet werden, beschlossen worden, von jeder dauernden Einverleibung fremden Gebiets abzusehen. Hiermit wird dann jeder irgendwie stichhaltige Grund für Italien, Kompensationen zu fordern, wegfallen. Auf meine Bemerkung, daß seitens Italien selbst schon die Niedenverfung Serbiens und die damit verbundene Ausdehnung des Einflusses der Monarchie am Balkan als eine Schädigung seiner Position angesehen werden und möglicherweise zu Reklamationen führen würde, meinte der Minister, dieser Standpunkt stehe im Widerspruch mit den wiederholten Erklärungen des Marquis von San Giuliano, daß Italien ein starkes Österreich brauche.“

Nachdem der österreichische Graf diese tiefe Weisheit zum besten gegeben, sprach er weiter über das Nationalitätenprinzip, das von Italien selbst durch die Besetzung Libyens durchbrochen worden sei, und fuhr fort:

„Wenn man sich übrigens in Rom augenblicklich eine weitgehende österreichisch-italienische Kooperation praktisch nicht vorstellen kann, so läge durchaus kein Anlaß zu einer solchen vor. Österreich verlange weder eine Kooperation noch eine Unterstützung, sondern lediglich Enthaltung feindlichen Vorgefiens gegen den Bundesgenossen.“

Im Übrigen machten dem tatenlustigen Minister die Italiener keine Sorgen:

„Er gebe sich über die antiösterreichische und proserbische Stimmung San Giulianos und der Italiener keinen Illusionen hin, sei aber fest davon überzeugt, daß Italien militärisch and innerpolitisch kaum daran denken könne, aktiv einzugreifen. Herr v. Merey (der österreichische Botschafter in Rom) glaube und er, der Minister, hielte diese Ansicht für begründet, daß es San Giuliano hauptsächlich darauf ankomme. Osterreich zu bluffen und für sich Schutz vor der öffentlichen Meinung Italiens zu suchen.“

Schon nach diesen Proben von Leichtfertigkeit und Beschränktheit hätte der deutschen Regierung vor dem Bundesgenossen bange werden müssen, mit dem sie sich in ein Abenteuer einließ, das zu einer „allgemeinen Konflagration“ zu führen drohte.

Wilhelm selbst blieb jedoch zunächst noch hoffnungsfroh. Jagow telegraphierte ihm am 25. Juli einen Bericht Flotows aus Rom, der am 24, abends von dort abgegangen war. Es heißt dort:

„In mehrstündiger, ziemlich erregter Konferenz mit Ministerpräsident Salandra und Marquis di San Giuliano führte letzterer aus, daß der Geist des Dreibundvertrages bei einem so folgenreichen aggressiven Schritt Österreichs verlangt hätte, sich vorher mit den Bundesgenossen ins Einvernehmen zu setzen. Da dies bei Italien nicht geschehen sei, so kann sich Italien bei weiteren Folgen aus diesem Schritt nicht für engagiert halten.

Außerdem verlange Artikel 7 des Dreibundvertrages (den ich hier nicht habe), daß bei Veränderungen auf dem Balkan die Kontrahenten sich vorfhsr verständigten und daß, wenn einer der Kontrahenten territoriale Veränderung herbeiführe, der andere entschädigi würde.

Auf meine Bemerkung, daß, soviel ich wisse, Österreich erklärt habe, territoriale Erwerbungen nicht zu beabsichtigen, sagte der Minister, daß eine solche Erklärung nur sehr bedingt abgegeben worden sei. Österreich habe vielmehr erklärt, territoriale Erwerbungen jetzt nicht zu beabsichtigen, vorbehaltlich späterer etwa notwendig werdender anderer Entschlüsse. Der Minister meinte, man werde es ihm daher nicht verdenken, wenn er rechtzeitig Vorsichtsmaßregeln ergreife.

Der Text der österreichischen Note sei so unerhört aggressiv und nngeschicfii abgefaßt, daß die gesamte öffentliche Meinung Europas und mit ihr Italiens (es hat in Albanien still mausen wollen und das hat Österreich verpurrt. W.) gegen Österreich sein würden. Dagegen könne keine italienische Regierung ankämpfen. (Blech. W.)

Nach meinem Eindruck ist die einzige Möglichkeit, Italien festzuhalten, die, ihm zu rechter Zeit Kompensationen zu versprechen (der kleine Dieb muß eben immer was mitschlucken. W.), wenn Österreich territoriale Besitznahme oder Besetzung des Lovcen vornimmt.“

Jagow bemerkt zu diesem Telegramm, der italienische Gesandte in Berlin, Bollati, habe Kompensationen verlangt, andernfalls müsse die Politik Italiens darauf gerichtet sein, eine österreichische Gebietserweiterung zu verhindern. Wilhelm unterstreicht das Wort .Kompensationen“ und fügt hinzu; „Albanien“. An den Schluß des Telegramme aber setzt er die klassische Bemerkung:

„Das ist lauter Quatsch und wird sich schon von selbst geben im Laufe der Ereignisse.“

Im Auswärtigen Amt und selbst im Generalstab sah man indes Italiens Haltung weniger hoffnungsfreudig an, und Wilhelm selbst begann, nachdem er wieder festes Land betreten, die Dinge etwas nüchterner zu betrachten, namentlich als er sah, wie die serbische Antwort wirkte.

Die deutsche Regierung fuhr fort, Österreich zu drängen, daß ee Italien Kompensationen gewähre.

Flotow berichtete am 25. Juli aus Rom:

„Bei gestriger Diskussion mit Herrn Salandra und Marquis di San Giuliano, die wiederholt zu scharfen Zusammenstößen zwischen dem Marquis di San Giuliano und mir führte, schienen sich auf italienischer Seite drei Punkts abzuzeicixnen: Erstens Furcht vor der öffentlichen Meinung Italiens, zweitens das Bewußtsein militärischer Schwäche und drittens, der Wunsch, bei dieser Gelegenheit etwas für Italien herauszuschlagen, wenn möglich das Trentino.“

Dazu bemerkt Bethmann Hollweg:

„S.M. hält es für unbedingt erforderlich, daß sich Österreich mit Italien rechtzeitig wegen der Kompensationsfrage verständigt. Das soll Herrn von Tschirschky zur Weitergabe an Graf Berchtold im ausdrücklichen Auftrage S.M. mitgeteilt werden.“

Flotow fährt in seinem Bericht fort:

„Die Möglichkeit, daß Italien sich eventuell auch gegen Österreich wenden fiönnte, sprach Marquis di San Giuliano nicht direkt aus, sie klang nur in leisen Andeutungen durch ... Wie schon gemeldet, vertrat Marquis di San Giuliano auf Grund der Fassung der österreichischen Note mit Nachdruck die These, daß das Vorgehen Österreichs gegen Serbien ein aggressives sei, daß daher auch alle sich etwa ergebenden Einmischungen Rußlands und Frankreichs den Krieg nicht zu einem defensiven machen würden, und daß damit der casus foederis nicht gegeben sei. Ich habe diesen Standpunkt schon aus taktischen Gründen lebhaft bekämpft. Voraussichtlich wird aber Italien an dieser Möglichkeit zu entschlüpfen festhalten.

Das Gesamtresultat ist also: Auf eine aktive Hilfe Italiens in einem etwa entstehenden europäischen Konüikt wird man schwerlich rechnen können. Eine direkte feindliche Haltung Italiens gegen Österreich dürfte sich, soweit sich heute übersehen läßt, durch ein kluges Verhalten Österreichs verhindern lassen.“

Am 26. berichtet Flotow weiter:

„Marquis di San Giuliano fährt fort, mir zu sagen, daß das Vorgehen Österreichs für Italien höchst bedenklich sei, da Österreich morgen ivsgen der Irredenta dasselbe Vorgehen gegen Italien richten könne. Zu solchen Schritten könne daher Italien nicht seine Zustimmung geben. Nach vertraulichen Nachrichten aus Bukarest sei S.M. der König von Rumänien der gleichen Ansicht wegen der in Ungarn lebenden Rumänen ...

Den österreichischen Versicherungen, kein serbisches Territorium zu beanspruchen, glaubt der Minister immer noch nicht ... Der Minister deutete wieder an, ohne Kompensation sei Italien gezwungen, Österreich in den Weg zu treten.“

Wer dem Weltfrieden wirklich dienen wollte, mußte natürlich auf Österreich vor allem dahin drücken, daß es sich mit der serbischen Antwort begnügte. Statt dessen drückte man auf Österreich, damit es sich mit Italien verständige, um stärker zu sein, für den Fall, daß der serbische Krieg zu einem europäischen Konflikt werde. Je mehr dessen Wahrscheinlichkeit wächst, desto dringender die Mahnungen an Wien.

Am 26. telegraphiert Bethmann Hollweg an Tschirschky in Wien:

„Auch der Chef des Generalstabs hält es für dringend erforderlich, daß Italien fest beim Dreibund gekalten wird. Eine Verständigung Wiens mit Rom ist daher nötig. Wien darf derselben nicht mit fraglichen Vertragsdeutungen ausweichen, sondern muß dem Ernst der Lage entsprechend seine Entschlüsse fassen.“

Immer dringlicher werden die Aufforderungen. Am 27. telegraphiert Jagow an den Botschafter in Wien:

„S.M. der Kaiser hält es für unbedingt erforderlich, daß Österreich sich mit Italien rechtzeitig über Artikel 7 und Kompensationsfragen verständigt. S.M. haben ausdrüclilich befohlen, des Ew. Exz. zur Weitergabe an Graf Berchtold mitzuteilen.“

Aber weder dem Chef des Generaistabes noch dem Kaiser selbst gelang es, die passive Resistenz der Herren vom Ballplatz zu überwinden, die einmal entschlossen waren, in den Italienern nicht den Bundesgenossen, sondern den Feind zu sehen.

Und wie Italien drohte bei dieser verbissenen Verbohrtheit auch der andere Bundesgenosse zu versagen, den Deutschland noch hatte, Rumänien.

Das mußte denn doch bedenklich stimmen. Noch mehr aber die Haltung Englands.


Zuletzt aktualisiert am: 26.11.2008