Ted Grant

Antwort der WIL auf die Kritik der RSL an „Vorbereitung auf die Macht"


[Verfasst von Ted Grant, beschlossen vom Politischen Büro der Workers International League am 7. Juni 1943, nachgedruckt in „Historical Document. Discussion Bulletin on Policy and Perspectives of the British Trotskyists between RSL and WIL" o.O. o.J. (Einleitung stammt von 1975), S. 6-19. Die Revolutionary Socialist League (RSL) war die offizielle britische Sektion der vierten Internationale, die aber von einander bekämpfenden kleinbürgerlichen Cliquen beherrscht wurde. Die WIL hatte sich 1938 an der Gründung der RSL nicht beteiligen wollen, da sie deren Unfruchtbarkeit voraussah, und war deshalb nicht in die Vierte Internationale aufgenommen worden. 1944 vereinigten sich beide Organisationen zur Revolutionary Communist Party (RCP), was aber – anders als es 1938 gewesen wäre – praktisch ein Beitritt der RSL zur WIL war.]


Das von der RSL herausgegebene Dokument Eine Kritik an der WIL-Broschüre „Vorbereitung auf die Macht bringt uns in die ungünstige Stellung, das wir leider einen äußerst scharfen Ton bei der Antwort auf verschiedene Punkte anschlagen müssen, obwohl wir es vorgezogen hätten, dass die Diskussion völlig auf der solidarischsten Ebene bleibt. Denn abgesehen von den wichtigen Differenzen mit den politischen Ideen, die in der RSL-Kritik ausgedrückt werden, müssen wir auch die Frage der Methode der Polemik aufgreifen. Die von der RSL-Kritik angenommene Methode der Polemik ist dem Bolschewismus fremd.

Es gibt hier trotzdem ausreichend Material, um unsere Differenzen zu klären und eine wertvolle Schulung für alle zu bewirken, die ihre Augen nicht schließen möchten und die nicht die Möglichkeit zu kritischem marxistischen Denken ersticken möchten.

In unserer Antwort werden wir versuchen, die verschiedenen Ausdrücke wie Chauvinismus, revolutionären Defätismus etc. wieder klarzustellen, mit denen unsere RSL-GenossInnen so gerne um sich werfen, ohne die Ausdrücke in ihrem revolutionären Wesen zu verstehen.

Im Einführungsabschnitt ihrer Kritik ist die WIL charakterisiert als „eine Organisation, die sich politisch nicht in unsere Richtung, sondern weg von uns bewegt." Unsere Freunde von der RSL können zu dieser Charakterisierung nur dadurch gelangt sein, dass sie Wunschvorstellungen nachgegeben haben. Sie wollen sich von der Wirklichkeit lösen und wenden die Philosophie von Dr. Coue in umgedrehter Form an… „Die WIL entfernt sich von der Vierten Internationale… Die WIL entfernt sich von der Vierten Internationale…" Aber leider erkennt das IS [Internationale Sekretariat] die Halluzinationen, unter denen die RSL leidet, und schrieb am 21. Juni 1942: „Unserer Meinung nach ist eure Haltung gegenüber der WIL völlig falsch. Ohne persönliche Unterschiede, die aus der Vergangenheit geerbt sind, zu ignorieren, ist es notwendig, zu erkennen, dass Eure falsche Haltung direkt aus einer falschen politischen Einschätzung dieser Gruppe ergibt. Ihr seht sie als eine zentristische Gruppe, die sich „von uns wegbewegt". Die ist eine Meinung, die wir keineswegs teilen können." Für unsere GenossInnen der RSL, die glauben, dass das IS ein ernsthaftes Gremium ist, das zu richtigen politischen Einschätzungen fähig ist, sollte diese Formel die Diskussion in ihre richtige Perspektive setzen.

Großbritannien und die ungleichmäßige Entwicklung des Kapitalismus

Unserer Meinung nach enthält das Dokument keine einzige klare und prinzipienfeste Idee, die den in unseren Thesen vorgebrachten Ideen entgegengestellt werden kann. Uns wird eine Reihe von mit einander nicht verbundenen, eklektischen und haarspalterischen Spitzfindigkeiten präsentiert, von denen wir nicht akzeptieren können, dass man ehrlich zu ihnen gelangt ist. Nehmen wir das erste Argument, das vorgebracht wird:

„Ein grundlegender Mangel des WIL-Dokuments liegt in dem völligen Auslassen jeder wirklichen Erklärung für den Niedergang des britischen Imperialismus und seiner Niederlagen. Die Schwäche des britischen Imperialismus liegt in der Tatsache, dass wegen der ungleichmäßigen Entwicklung die angesammelte imperialistische Beute in keinem Verhältnis mehr zur wirtschaftlichen (und folglich militärischen) Stärke gegenüber der der konkurrierenden Imperialismen steht. Daher findet er es schwierig oder unmöglich, seine Eroberungen ohne Hilfe zu behaupten. Deshalb kommen seine Niederlagen und seine erzwungene Abhängigkeit von den USA daher. Aber gemäß dem WIL-Dokument wird alles mit „Reaktionären der alten Schule" im Kolonialdienst und den Streitkräften erklärt, deren Dummheit und Unfähigkeit nur eine Widerspiegelung der Tatsache ist, dass sich das britische bürgerliche System völlig überlebt hat" und durch die „Schwache und den Niedergang der herrschenden Klasse." Es stimmt, dass wir auch lesen „In Wirklichkeit fand der Prozess des Niedergangs schon viele Jahre vor dem Krieg statt. Das geänderte Kräfteverhältnis stand immer weniger im Verhältnis zu Großbritanniens nomineller Stellung." Aber dieses „geänderte Kräfteverhältnis" wird anscheinend als Folge der „Senilität und des Niedergangs des britischen Imperialismus" betrachtet, dessen Ursachen nicht erklärt werden, nicht mit der Tatsache, dass gewisse seiner Konkurrenten eine verhältnismäßig schnellere Rate der wirtschaftlichen und militärischen Entwicklung erlebt haben. Es ist natürlich wahr, dass sich „das britische bürgerliche System völlig überlebt hat" aber das ist wahr für alle bürgerlichen Systeme in der Epoche des allgemeinen Niedergangs des Imperialismus. Selbst Großbritanniens Rivalen in diesem Krieg sind im Niedergang. So gibt uns die WIL keinen wirklichen Grund für Großbritanniens Niederlagen und Schwierigkeiten und gibt darüber hinaus, indem es die Schwäche Großbritanniens betont und übertreibt und diejenige seiner Konkurrenten ignoriert, ein völlig falsches Bild der Lage."

Diese Erklärung ist der Maßstab für eine bankrotte Führung. Ein zehnjähriges Kind, das „Vorbereitung auf die Macht liest", könnte die darin ausgedrückten Ideen nicht so missverstehen und falsch darstellen. Wir brauchen nicht die RSL um das zu erklären, was für alle MarxistInnen das ABC ist — das Gesetz der ungleichmäßigen Entwicklung des Kapitalismus. Hat die RSL vergessen, dass das Gesetz der ungleichmäßigen Entwicklung das theoretische Sack und Pack der Stalinisten der letzten zwei Jahrzehnte in ihrer Polemik gegen die MarxistInnen war? Ein bloßer Blick auf die zitierten Passagen würde zeigen, dass unsere Einschätzung der Perspektiven für Großbritannien sich genau auf dieses Gesetz stützt. Auch wenn die Thesen nichts weiter enthielten, könnten nur absichtlich falsche Darstellung zu so bedeutungsloser Kritik führen. Der Abschnitt, auf den sie sich bezieht, trägt die Überschrift „Großbritanniens Niedergang als Weltmacht" und in unserem nächsten Abschnitt haben wir diese Passage:

„Wegen der Superausbeutung der kolonialen Massen war der britische Imperialismus in der Lage, der privilegierten Schicht der britischen Arbeiterklasse Zugeständnisse zu machen und sogar in gewissem Umfang das Niveau der britischen ArbeiterInnen insgesamt über das der europäischen ArbeiterInnen zu erheben. Indem sich die britischen Industrien darauf stützten, wurden sie altertümlich und veraltet, statt wie in Deutschland und Amerika auf der Grundlage von moderner Technik Fortschritte zu machen. Da er vom technischen Standpunkt aus gesehen völlig veraltet ist, kämpft er auf den Schultern der Kolonien…"

Ist dieser Abschnitt nicht auf das Gesetz der ungleichmäßigen Entwicklung gestützt und erklärt er nicht die Gründe für die geänderte Stellung des britischen Imperialismus? Darüber hinaus richten die „objektiven Wissenschaftler" der RSL ihre Kritik an die falsche Adresse. Trotzki gab die Verantwortung für die Niederlage Frankreich Blum und Thorez … die Frankreichs Kapitalismus während der Streiks mit Fabrikbesetzungen 1936 vor der Zerstörung retteten! Ihre Haltung gab dem französischen Kapitalismus Privilegien und förderte Trägheit etc.

Aber wo ist die Methode des dialektischen Materialismus in der Kritik der RSL? Es ist völlig richtig, dass der Weltkapitalismus als Ganzes im Niedergang und in seinem Todeskampf ist. Aber in den Thesen diskutieren wir nicht den Weltkapitalismus als Ganzes, abgesehen von der Frage, wie Großbritannien von seiner Weltstellung beeinflusst wird. Es ist genau die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung des Kapitalismus, die „die Senilität und den Niedergang" des britischen Kapitalismus hervorgerufen hat. Wenn sich Großbritanniens Weltstellung wegen der technischen Überlegenheit Deutschlands und Amerikas verschlechtert hat und seine besondere Stellung als Weltreich nicht mehr seiner geschwächten Wirtschaftsstellung entspricht, zeigt das eine Stellung von Kraft, Jugend und Stärke an, selbst wenn wir die Stellung Großbritanniens im Verhältnis zu seinen Konkurrenten betrachten? Und hat nicht eine geänderte Stellung eine Widerspiegelung im Bewusstsein aller Klassen, einschließlich der herrschenden Klasse? In ihrem Eifer, ein paar „marxistische" Kritikpunkte zu finden, hat die RSL ein paar Punkte aufgegriffen, ohne darüber nachzudenken, wohin ihre Kritik führen würde.

Es stimmt, dass sich die militärische Stellung des britischen Imperialismus ungeheuer verbessert hat, seitdem das Dokument geschrieben wurde. Aber dies ändert nichts Wesentliches an dem Dokument selbst. Es verdankt sich hauptsächlich der heldenhaften Verteidigung der Sowjetunion durch die Massen und der gewaltigen wirtschaftlichen und militärischen Vorbereitungen Amerikas. Wie Trotzki erklärte, bleibt Großbritannien unter allen grundlegenden Gesichtspunkten immer noch eine Basis für den mächtigeren Imperialismus Amerikas. In jedem Fall muss der objektive Prozess subjektive Ergebnisse unter den Massen haben, und denen müssen wir unsre Aufmerksamkeit schenken.

Erneut zum Thema Faschismus in Großbritannien

Bevor wir zu den „grundlegenden Punkten" übergehen, ist es notwendig, dass wir auf ein oder zwei krassere Fehler eingehen. Die RSL erklärt:

„Bezüglich des Abschnitts mit dem Titel „Die Möglichkeiten des Faschismus in Großbritannien" müssen wir der WIL nahe legen, dass sie sich irren, wenn sie sagen „Mosley könnte nur auf der Grundlage deutscher Bajonette an die Macht kommen". Das erweckt den Eindruck, dass die deutsche Bourgeoisie hier ein faschistisches Regime errichten könnte, wenn sie siegreich wäre. Das ist falsch und steht im Widerspruch zu den Erfahrungen, die auf dem Kontinent gemacht wurden. Faschismus kann nicht auf diese Weise importiert werden. Alles, was die Deutschen machen könnten, wäre die Errichtung einer Art von bonapartistischem Regime. Tatsächlich würde die Stellung des britischen Faschismus durch solch eine Eroberung durch den deutschen Imperialismus sehr geschwächt werden. Aber wir anerkennen natürlich, dass die WIL dieses Bild eines triumphierende Mosley braucht als Hintergrund für ihre Politik von verschleierter Unterstützung für den imperialistischen Krieg."

Unsere GenossInnen von der RSL haben es wirklich zu eilig, den „Chauvinismus" der WIL zu demonstrieren. Und hier, wo sie das machen, grenzen ihre Methoden mehr an den Stalinismus als an den Trotzkismus. Anscheinend haben sie den letzten Artikel des Alten [=Trotzkis] über Faschismus gelesen — ohne ihn zu verstehen (wie wir später zeigen werden). Aber auch in dieser Frage muss die WIL bei der RSL keinen Unterricht nehmen. Der ganze Abschnitt unserer Thesen über Faschismus stützt sich genau auf die Ideen des Alten in dieser Frage. Der Abschnitt zielt direkt darauf ab, zu zeigen, dass der Faschismus in der nächsten Periode in Großbritannien unmöglich mit deutschen Bajonetten oder mit anderen Mitteln an die Macht kommen kann.

Indem sie die Zeilen vor dem Zitat auslassen, riecht die RSL-Methode nach der Methoden der „doppelten Buchführung", deren wir sie angeklagt haben. Die vorhergehenden Zeilen lauten:

„Man kann daher sehen, dass es nicht darum geht, dass in der nächsten Periode der Faschismus in Großbritannien auf der Tagesordnung steht."

Erweckt das den Eindruck, dass wir Hitler als Schreckgespenst verwenden, um unsere „verschleierte Unterstützung für den imperialistischen Krieg" zu verdecken? Die RSL braucht genau „dieses Bild, um einen Hintergrund zu liefern" für falsche Argumente gegen die WIL. Der amüsanteste Aspekt dieser Anklage, die mit solchem Triumph gegen die WIL erhoben wird, ist, das es gerade unsere Organisation war, die in unserer Kritik an der RSL die Rolle des Faschismus und die Bedingungen seines Aufstiegs erklären musste. Wir verweisen Mitglieder der RSL auf unsere „Antwort auf die Politische Erklärung der RSL, 1941". Die RSL hat anscheinend die Kritik akzeptiert, vergessen, dass sie gegen die RSL gerichtet war, und versucht jetzt, sie gegen uns zu verwenden. Folgendes haben wir gesagt:

„Auf der Tagesordnung steht nicht Faschismus, sondern Revolution … So war es in Frankreich, so war es in Spanien. Die Revolution wird zuerst kommen. Das ist natürlich auf die wahrscheinlichste Perspektive gestützt — dass Hitler es nicht schafft, die britischen Inseln zu besetzen. Wenn die deutschen Imperialisten das machen könnten, dann wäre der Trend der Ereignisse völlig anders. Aber selbst in diesem Fall könnten wir nicht von Faschismus im marxistischen Sinne des Wortes sprechen, sondern von einem Regime ohne Unterstützung unter der Bevölkerung, die ganz auf der Unterstützung durch fremde Bajonette beruht."

Aber wenn es das „revolutionäre" Gewissen unserer RSL-GenossInnen beruhigt, sagen wir ziemlich unmissverständlich: Wir würden eine Nazi-Besetzung der Britischen Inseln mit Entsetzen betrachten. Aber leider würden wir eine anglo-amerikanische Besetzung Deutschlands auf genau die selbe Weise betrachten! Und mit diesem „Chauvinismus" finden wir uns in sehr guter Gesellschaft. Der Alte schrieb über den Fall Frankreichs als einer Katastrophe, nicht nur für Frankreich, sondern für ganz Europa. Wenn das Chauvinismus ist, dann soll die RSL das nach Kräften ausschlachten. Aber wir müssen die GenossInnen erinnern, dass sie die Grundregeln der Ehrlichkeit in der Polemik bei dieser Arbeit besser berücksichtigen sollten. Verzerrungen und Haarspaltereien dienen zur Verwirrung statt zur Klärung der Fragen. Die RSL-Führung wäre in allen künftigen Diskussionen, besonders zwischen denen, die den Anspruch haben, die selbe Tendenz zu unterstützen, besser beraten, peinlich genau auf ehrliche Zitate zu achten und damit aufzuhören, „unfair" zu sein, wie es das IS nennt.

Sie hatten es so eilig, Argumente zu fabrizieren, dass sie nicht einmal nachprüften, bevor sie sich auf unverantwortliche Kommentare versteiften. Sie zitieren von uns:

„Sobald die Massen die glitzernden Versprechen über „die Zeit nach dem Krieg" vergleichen [es wird nicht gesagt, womit sie sie vergleichen sollen], wird ihre Empörung auf beispiellose Höhen steigen und es wird zu revolutionären Explosionen kommen."

Tatsächlich müsste das Zitat lauten:

„Sobald die Massen die glitzernden Versprechen über „die Zeit nach dem Krieg" vergleichen, gegenüber denen sie schon jetzt skeptisch sind, wird ihre Empörung auf beispiellose Höhen steigen, wenn sie mit der Wirklichkeit konfrontiert sind."

Lenin bemerkte einmal, dass ein Sektierer in zwei Zeilen so viele Fehler machen könnte, dass es ein Buch erfordern würde, sie zu beantworten. Es wäre eine Zeitverschwendung, alle Haarspaltereien, Verzerrungen und etwas vulgären Spötteleien ausfindig zu machen und zu beantworten. Aber zwei Punkte müssen behandelt werden, bevor wir versuchen, auf die aufgeworfenen größeren Fragen einzugehen.

Zur Position der WIL zum Entrismus sagt die RSL:

„Es ist selbstverständlich für Zentristen natürlich, die Orientierung anderer Zentristen zu beobachten und zu versuchen, die eigene Haltung nach ihren Vorbild zu modellieren…"

Wir würden die RSL fragen, ob es nicht „natürlich" für MarxistInnen ist, die Orientierung von Zentristen, Reformisten, und, was das betrifft, sogar Faschisten zu beobachten, um die Bewegung der politischen Meinung in die eine oder andere Richtung in einer bestimmten Periode zu bestimmen? Aber ohne notwendigerweise die eigene Politik in die selbe Richtung zu „modellieren". Die Erklärung für die Haltung der RSL-Führung heute wird vielleicht durch ihre Weigerung als „unversöhnliche Revolutionäre" geliefert, sich um die Orientierung der Arbeiterklasse zu kümmern.

Die Bemühungen der RSL, eine Anklage gegen die Politik der WIL zu fabrizieren, führt sie dazu, Behauptungen aufzustellen, die sie in eine etwas widersprüchliche Haltung bringen. Auf der einen Seite sagen sie:

„Es ist erhellend, dass die Perspektive auf die Machteroberung durch die ArbeiterInnen während des Kriegen von der WIL ziemlich in den Hintergrund geschoben wird, in der Tat kaum erwähnt wird."

Auf der anderen Seite sagen sie:

„Um diesen Opportunismus zu rechtfertigen, um ihn mit einem Mantel von revolutionären Phrasen zu verdecken, muss die WIL ihr Bild der gegenwärtigen Lage in revolutionären Farben malen, muss sie so sprechen, als sei sie am Vorabend der Machtübernahme! Und mit so einer Perspektive kann die Labour-Party-Taktik nicht nur nicht verwendet werden, sondern wird tatsächlich ein Hindernis."

Der Showmensch sagt: Sie zahlen und Sie haben die Wahl! Egal was die Politik der WIL ist, es ist offensichtlich, dass sie nicht beides davon sein kann.

Chauvinismus und revolutionärer Defätismus

Der Hauptgrund für die Fehler der RSL liegt in der Tatsache, dass die Führung nicht die revolutionäre Haltung gegenüber dem Krieg versteht. Er ist dies, was sie zu den Sünden gegen den Marxismus führt, die sie begehen. Ihre Haltung wird gegen Ende ihrer Erklärung zusammengefasst:

„Als Schlussfolgerung müssen wir erklären, dass die Grundlage für alle politischen Hauptfehler der WIL in der Vaterlandsverteidigungsposition zu finden ist, die sie bezüglich des imperialistischen Krieges angenommen hat, seit der Fall von Frankreich die Niederlage des britischen Imperialismus zu einer realen Möglichkeit machte. Vaterlandsverteidigung zeigt sich selten in ihrer offenen Form, besonders in einer linkszentristischen Organisation. Geheimhaltung ist besonders notwendig in einer Organisation, die noch erklärt, auf den Grundregeln des revolutionären Defätismus zu beruhen… "

Ein Verständnis dieses Durcheinanders kann erreicht werden, indem man die grundlegende Position des Marxismus zur Frage des Krieges erneut darstellt. Wenn wir irgendwelche Schriften von Lenin aus der Periode von 1914-17 nehmen, kann die Frage geklärt werden. In der kleinen Broschüre „Sozialismus und Krieg" z.B. lesen wir folgendes:

"Sozialchauvinismus ist das Eintreten für die Idee der „Vaterlandsverteidigung" in diesem Kriege. Aus dieser Idee ergibt sich weiter der Verzicht auf den Klassenkampf während des Krieges, die Bewilligung der Kriegskredite usw. In Wirklichkeit treiben die Sozialchauvinisten eine antiproletarische, eine bürgerliche Politik , denn was sie verfechten, ist in Wirklichkeit nicht die „Verteidigung des Vaterlandes" im Sinne des Kampfes gegen eine Fremdherrschaft, sondern das „Recht" dieser oder jener „Groß"mächte, Kolonien auszuplündern und fremde Völker zu unterdrücken. Die Sozialchauvinisten machen den Volksbetrug der Bourgeoisie mit, indem sie dieser nachsprechen, der Krieg werde geführt, um die Freiheit und Existenz der Nationen zu verteidigen, und damit gehen sie auf die Seite der Bourgeoisie über, wenden sich gegen das Proletariat. Zu den Sozialchauvinisten gehören sowohl diejenigen, die die Regierungen und die Bourgeoisie einer der kriegführenden Mächtegruppen rechtfertigen und ihre Politik beschönigen, als auch diejenigen, die wie Kautsky den Sozialisten aller kriegführenden Mächte gleichermaßen das Recht auf „Vaterlandsverteidigung" zusprechen. Da der Sozialchauvinismus in Wirklichkeit die Privilegien, Machtpositionen, Raubzüge und Gewalttaten der „eigenen" (oder überhaupt einer jeden) imperialistischen Bourgeoisie verteidigt, ist er gleichbedeutend mit völligem Verrat an sozialistischen Grundsätzen und an dem Beschluss des Internationalen Sozialistenkongresses von Basel." [Lenin Werke, Band 21, S. 295-341, hier S. 307f.]

Es wird aus diesem einzelnen Zitat klar, dass die RSL das Wesen und die Bedeutung des Chauvinismus nicht verstanden hat. Wie kann irgendeine ernste Partei oder Person ehrlich behaupten, dass obiges Zitat die Politik und Tätigkeit der WIL kennzeichnet? Unsere grundlegenden internationalen Thesen „Krieg und die IV. Internationale" erklären:

"In den Fällen, wo es sich um den Kampf kapitalistischer Länder handelt, lehnt das Proletariat jedes dieser Länder entschieden ab, namens des militärischen Siegs der Bourgeoisie seine eigenen geschichtlichen Interessen zu opfern, die letzten Endes mit den Interessen der Nation und der Menschheit zusammenfallen. Lenins Formel „die Niederlage ist das kleinere Übel" bedeutet nicht, dass die Niederlage des eigenen Landes das kleinere Übel sei im Vergleich mit der Niederlage des gegnerischen Landes, sondern dass die durch die Entwicklung der revolutionären Bewegung verursachte militärische Niederlage für das Proletariat und das gesamte Volk unvergleichlich vorteilhafter ist als der durch den „Burgfrieden" gesicherte militärische Sieg. Karl Liebknecht hat die unübertroffene Formel der proletarischen Politik im Kriege gegeben: „Der Hauptfeind jedes Volkes steht im eigenen Lande"." [Krieg und die IV. Internationale, 58. These, in Leo Trotzki, Schriften zum Imperialistischen Krieg, Frankfurt am Main 1978, S. 71-103, hier S. 94]

Und in der Tat würde man zum umgekehrten Chauvinisten werden, wenn man das Problem irgendwie anders stellen würde; das heißt, nicht die Bourgeoisie des eigenen Landes zu unterstützen, aber in die objektive Stellung der Unterstützung der Bourgeoisie des feindlichen Landes zu fallen.

Her wollen wir bemerken, dass wir uns an ein Dokument erinnern, das von dem selben Verfasser des gegenwärtigen RSL-Dokuments geschrieben wurde und das genau diese falsche Stellung einnimmt und das die ganze RSL lieber vergessen würde.

In seinen letzten Schriften, die ohne Zweifel zu den besten gehören, die er überhaupt schrieb, gab der Alte die feinste theoretische Darstellung der marxistisch-internationalistischen Haltung zum imperialistischen Krieg im allgemeinen und dem gegenwärtigen imperialistischen Krieg im besonderen. Diese Fragmente werden für alle Zeit die klassische Darstellung der marxistischen Herangehensweise an das Problem und der dialektischen Methode als Mittel zur Bestimmung der Politik des revolutionären Partei sein. Die LeserInnen werden uns verzeihen, wenn wir ausführlich sowohl Lenin als auch Trotzki zitieren, um die Position des Marxismus auf einer unanfechtbaren Grundlage herzustellen. Trotzki stellt die theoretische Grundlage unserer Haltung gegenüber dem Krieg so dar:

„Der jetzige Krieg ist, wie wir bei mehr als einer Gelegenheit festgestellt haben, eine Fortsetzung des vorigen. Aber Fortsetzung bedeutet nicht Wiederholung. In der Regel bedeutet eine Fortsetzung eine Entwicklung, eine Vertiefung, eine Verschärfung. Unsere Politik, die Politik des revolutionären Proletariats gegenüber dem Zweiten Imperialistischen Kriege ist eine Fortsetzung jener Politik, die während des vorigen imperialistischen Krieges — vor allem unter Leitung Lenins — erarbeitet worden ist. Auch hier bedeutet Fortsetzung nicht einfach Wiederholung, sondern Weiterentwicklung, Vertiefung, Verschärfung. 1914 wurden wir überrascht.

Während des letzten Krieges war nicht nur das Proletariat als ganzes, sondern auch seine Avantgarde und — in gewissem Sinne — die Avantgarde dieser Avantgarde unvorbereitet. Die Ausarbeitung der Prinzipien eine revolutionären Politik gegenüber dem Kriege begann zu einer Zeit, als der Krieg schon voll entbrannt war und der Militärapparat unumschränkte Herrschaft ausübte. Ein Jahr nach Kriegsausbruch war die kleine revolutionäre Minderheit noch gezwungen, sich auf der Zimmerwalder Konferenz einer zentristischen Mehrheit anzupassen. Vor und selbst nach der Februarrevolution fühlten sich die revolutionären Elemente nicht als Kämpfer um die Macht, sondern nur als extreme linke Opposition. Selbst Lenin verlegte die sozialistische Revolution in eine mehr oder weniger entfernte Zukunft … 1915 erwähnte Lenin in seinen Schriften revolutionäre Kriege, die das Proletariat zu führen haben würde. Aber das war ein Problem in unbestimmter historischer Perspektive, nicht eine Aufgabe für morgen. Die Aufmerksamkeit des revolutionären Flügels war auf die Frage der Verteidigung des kapitalistischen Vaterlands konzentriert. Natürlich beantworteten die Revolutionäre diese Frage negativ. Das war völlig richtig. Diese rein negative Antwort diente als Grundlage für die Propaganda und die Erziehung der Kader, aber sie konnte die Massen, die keinen fremden Eroberer wollten, nicht überzeugen. Vor dem Krieg stellten die Bolschewiki in Russland vier Fünftel der proletarischen Avantgarde — der Arbeiter, die am politischen Leben (Zeitungen, Wahlen usw.) teilnahmen. Nach der Februarrevolution ging die unumschränkte Herrschaft in die Hände der Vaterlandsverteidiger, der Menschewiki und Sozialrevolutionäre über. Zwar eroberten die Bolschewiki binnen acht Monaten die überwältigende Mehrheit der Arbeiter, aber entscheidend dafür war nicht die Weigerung, das Bourgeois-Vaterland zu verteidigen, sondern die Losung „Alle Macht den Räten!" — und nur diese revolutionäre Parole! Die Kritik am Imperialismus, am Militarismus, die Weigerung, die bürgerliche Demokratie zu verteidigen usw. — das hätte niemals die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung auf die Seite der Bolschewiki gebracht." Workers International News, Februar 1941 [auf deutsch in „Schriften über Deutschland", Band 2. Frankfurt am Main 1971, S. 732-741, hier S. 733f.]

Und nach dieser Analyse ist die Grundlage für die marxistische Herangehensweise an die Probleme des Krieges heute gelegt. Der Zusammenbruch und der Verrat der großen Parteien der Zweiten internationalen durch ihre Unterstützung des kapitalistischen Vaterlands kamen als schrecklicher Schock und großer Schlag für die ganze sozialistische Bewegung. Es war z.B. kein Zufall, dass Lenin, als er in der Schweiz die Ausgabe des Vorwärts erhielt, des Organ der deutschen Sozialdemokratie, die der Regierung des Kaisers Kriegskredite gewährte, zuerst glaubte, es müsse eine Fälschung des deutschen Generalstabs sein. In dieser kleinen Episode spiegelt sich die Verwirrung und das Durcheinander der revolutionären Vorhut wider. Die Internationalisten aller Länder blieben isolierte Einzelpersonen und Gruppen, von denen die meisten den Krieg bloß in einer verwirrten pazifistischen und halbpazifistischen Weise ablehnten. Noch Mitte 1915, auf der Konferenz von Zimmerwald, versammelte sich nur eine Handvoll Delegierte. Dennoch selbst unter dieser Vorhut der Massen zeigten sich klar Verwirrung und Mangel an theoretischem Verständnis des Krieges und der revolutionären Politik.

Die Hauptaufgabe von Lenin während dieser Periode war überhaupt nicht, die Massen für sein Banner zu gewinnen, sondern die Vorhut und sogar die Vorhut der Vorhut zu erziehen. Wie Trotzki es ausdrückt, musste Lenin seine Aufmerksamkeit in dieser Periode ausschließlich auf die Frage „der Verteidigung des kapitalistischen Vaterlands" konzentrieren. Wenn wir alle umfangreichen Schriften von Lenin vom Beginn des Krieges zum Ausbruch der Februarrevolution untersuchen würden, würden wir finden, dass sie sich auf theoretische Fragen hinsichtlich der Natur des Krieges und des Verrats der Zweiten Internationale am internationalen Proletariats konzentrieren. Lenins grundlegende Aufgabe war der Kampf gegen das, was er als Sozialchauvinismus und Sozialopportunismus kennzeichnete. Lenins Rolle war dann, zu zeigen, dass der Klassenkampf das grundlegende Gesetz der Klassengesellschaft in der Friedenszeit wie in der Kriegszeit bleibt. Luxemburg und Liebknecht in Deutschland und in einer konfusen Weise die ILP-Pazifisten und die Oppositionsgruppen in anderen Ländern tasteten sich ganz in der gleichen Richtung vor. Alle machten zu dieser Zeit ihre Arbeit rund um den theoretischen Kampf um die Frage der „Vaterlandsverteidigung". So kam es, dass sogar nach der Februarrevolution diese Frage einen vorherrschenden Platz einnahm. Hier entsteht die Verwirrung der RSL in der Frage der „revolutionären Vaterlandsverteidigung".

Lenin duldete nicht das geringste Zugeständnis an den Sozialpatriotismus und die Unterstützung der Bourgeoisie. Nach dem Sturz des Zaren wurden die Menschewiki und Sozialrevolutionäre Sozialpatrioten und unterstützten die russische Bourgeoisie. Lenin verurteilte die Position von Kamenjew und Stalin, die in der Prawda zur Unterstützung der provisorischen Regierung auftraten, und auf unklare Weise sogar den Krieg unterstützten, indem sie sagten, dass sie die bürgerliche Revolution gegen die Angriffe der Armeen des Kaiser verteidigen würden. Das revolutionäre Vaterlandsverteidigung, die Lenin verurteilte, war die der Menschewiki und Sozialrevolutionäre, die den Krieg unterstützten, die den kapitalistischen Staat unterstützten und die herrschende Klasse unterstützten als Methode zur Verteidigung der Errungenschaften der Februarrevolution. Mit revolutionärer Vaterlandsverteidigung ist nicht mehr und weniger als Sozialchauvinismus gemeint. Lenins Rede vor den Delegierten der Bolschewistischen Fraktion der Sowjets stellte die Position klar dar:

„Die Massen gehen an die Frage nicht theoretisch sondern praktisch heran. Unser Fehler ist das theoretische Herangehen. Zu einem revolutionären Krieg, der die revolutionäre Vaterlandsverteidigung wirklich rechtfertigt, darf ein klassenbewusster Proletarier seine Zustimmung geben. Den Vertretern der Soldatenmasse muss man die Sache praktisch stellen, anders geht es nicht. Wir sind durchaus nicht Pazifisten. Die Grundfrage ist aber: Welche Klasse führt den Krieg? Die Klasse der Kapitalisten, die mit den Banken verbunden ist, kann keinen anderen Krieg führen als einen imperialistischen. Die Arbeiterklasse kann es.". [Rede in der Versammlung der bolschewistischen Mitglieder der allrussischen Konferenz der Arbeiter- und Soldatenräte am 17. (4.) April 1917, Lenin Werke Band XX. Wien 1928, S. 101-111, hier S. 102, fehlt in Band 24 der DDR-Ausgabe der Lenin-Werke]

Wir müssen uns auf Lenins Haltung gegenüber dem Krieg stützen. Solch eine Haltung dient Propagandazwecken und schult die Kader. Aber wie kann man die Massen gewinnen?

Nehmen wir ein Beispiel aus einem anderen Bereich, in dem die marxistische Haltung theoretisch ausgearbeitet und praktisch gezeigt worden. Der Marxismus hat die Überlegenheit des Sowjetsystems gegenüber dem Parlamentarismus gezeigt. Aber die Haltung der Antiparlamentarier, die sich auf diese richtige Idee gründet, ist hoffnungslos sektiererisch. Es ist notwendig, dies theoretisch zu klären, aber in unserer täglichen Agitation machen wir unsere Arbeit noch durch Parlamentswahlen und überzeugen die Massen durch ihre eigene Erfahrung von unserer Sichtweise; nicht durch die bloße papageienhafte Wiederholung, dass Sowjets die alleinigen Mittel zur Rettung für die Arbeiterklasse sind.

Die Fehler der RSL sind vom gleichen Charakter. Trotzki wirft ein durchdringendes Licht auf einen der wichtigsten Gründe für die Ohnmacht der revolutionären Linken während dem letzten Krieg. Trotzki hat besser als jeder sonst den überlebten Charakter des Nationalstaats und seine reaktionäre Rolle in unserer Epoche hervorgehoben. Der Gegner des Sozialismus in einem Lande schulte die Kader der Vierten Internationale gut im internationalen Geist. Wir müssen nicht in die Schule der RSL zu gehen, um den reaktionären Charakter imperialistischer Krieg zu lernen. Unsere Haltung beruht auf diesem Kriterium. Unsere Opposition gegenüber dem Krieg, der von imperialistischen Staaten geführt wird, beruht genau auf ihrem veralteten Charakter und der Tatsache, dass Unterstützung für irgend einen Imperialismus der Entwicklung der Produktivkräfte nicht helfen kann — von der aller menschlicher Fortschritt abhängt.

Daraus stammt die zutiefst dialektische Herangehensweise von Trotzki an die Probleme der revolutionären Bewegung im letzten Krieg. Russland war das Land, in dem das Proletariat am frischesten und am revolutionärsten war. Der Bolschewismus hatte vor dem Anfang des letzten Krieges die überwältigende Mehrheit der organisierten und politisch erwachten ArbeiterInnen erobert. Am Vorabend des Krieges erschienen bereits Barrikaden auf den Straßen von St. Petersburg. Dennoch wurden in der ersten Periode des Krieges die Bolschewiki ohne Protest von Seiten der Massen durch Polizeiunterdrückung zerschlagen, und Teile der ArbeiterInnen nahmen sogar an patriotischen Demonstrationen zugunsten des Zaren teil. Die Kriegsmüdigkeit und die Desillusionierung der Massen führten zur Februarrevolution. Dennoch gewannen die Menschewiki und Sozialrevolutionäre trotz der Traditionen des Bolschewismus in Russland überwältigende Vorherrschaft unter den Massen, einschließlich der ArbeiterInnen. Die kriegsmüden Massen gaben die Macht nicht denen, die konsequent den Krieg abgelehnt hatten, sondern Sozialchauvinisten! In Deutschland, wo Liebknecht und Luxemburg eine internationalistische Opposition gegen den Krieg führten, brachte die deutsche Revolution die verfaulte Sozialdemokratie und überhaupt nicht die Spartakisten an die Macht. Aber die sozialistischen Verräter hatten den Kaiser und den imperialistischen Krieg bis zum Ende unterstützt und sogar in seiner Regierung gesessen. Die Sozialdemokraten bekämpften die Revolution mit ihrer ganzen Stärke und lehnten sie ab und versuchten sogar, die Monarchie zu retten. Dennoch bemächtigten sie sich durch die Ironie der Geschichte in der Revolution der Macht. In Großbritannien unterstützten die Labour-Führer den Krieg als Mitglieder der Regierung seiner Majestät, aber die Radikalisierung und revolutionäre Aufwallung der britischen ArbeiterInnen brachte eine enorme Zunahme der Unterstützung und des Einflusses der Labour Party. Die revolutionäre Internationale blieb isoliert von der Arbeiterklasse — dies trotz der Desillusionierung der Massen der Volkes über den Krieg und seine Ergebnisse. In allen anderen Ländern kann das gleiche Phänomen beobachtet werden. Einer der Gründe dafür (selbstverständlich gibt es andere grundlegende Gründe, auf die wir hier nicht eingehen können), war genau die Frage, die Trotzki aufwarf. Die richtige Kritik durch die InternationalistInnen (an sich), „am Imperialismus, am Militarismus, die Weigerung, die bürgerliche Demokratie zu verteidigen usw. — das hätte niemals die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung auf die Seite der Bolschewiki gebracht."

Es wurde gezeigt, dass sich die Aufmerksamkeit des revolutionären Vorhut auf die Ablehnung der Verteidigung des kapitalistischen Vaterlands konzentrierte. Diese konnte keine Grundlage zur Gewinnung der Massen sein, die keinen fremden Eroberer wollen. „Zwar eroberten die Bolschewiki binnen acht Monaten die überwältigende Mehrheit der Arbeiter, aber entscheidend dafür war nicht die Weigerung, das Bourgeois-Vaterland zu verteidigen, sondern die Losung „Alle Macht den Räten!" — und nur diese revolutionäre Parole!" [Schriften über Deutschland, Band 2, S. 734]

Eine Untersuchung der bolschewistischen Agitation in der Periode zwischen Februar und Oktober zeigt dieses unwiderlegbar. Nicht nur dies. Wenn wir Lenins Herangehensweise an die Massen in der Frage des Krieges vor Februar 1917 und nach [Februar] 1917 überprüfen, gibt es einen auffallenden Unterschied. In der ersten Periode ist er lediglich von einem oppositionellen Charakter, wie wir dargestellt haben; in der zweiten, der Periode der Revolution, wird alle Agitation und daher auch Propaganda und Theorie auf das Ziel der Machtergreifung gerichtet. Mit der Unmittelbarkeit des Ziels vor sich, verbindet Lenin die Frage des Krieges mit dem Problem, welche Klasse Macht besitzt. Darin widerspricht er überhaupt nicht seiner Haltung während der frühen Periode des Krieges, und bleibt tatsächlich wachsam, dass die Führung des Bolschewiki nicht von der internationalistischen Position wegläuft. Aber jetzt geht er die Politik von der theoretischen Klärung in die Tat um. Von der Schulung der Kader geht er zur Lösung des Problems der Gewinnung der breiten Massen weiter. In beiden Positionen bleibt er der Haltung des Marxismus treu. Es gibt keine Notwendigkeit, dafür ausführlich zu zitieren.

Die RSL hat erklärt (ziemlich falsch), dass die WIL ihre Agitation zum Krieg auf Lenins „Drohender Katastrophe" aufbaue. Diese Broschüre selbst ist jedoch eine vernichtende Antwort auf die sektiererische Kritik am Trotzkismus und seiner Einstellung gegenüber dem Krieg. Beim Versuch, der Frage auszuweichen, erklärt die RSL: „In der Praxis behauptet die WIL zum Beispiel, Lenins Bemerkungen zur Drohenden Katastrophe [geschrieben am Vorabend der Machtergreifung!] träfen heute zu und so ist die Grundlage ihrer Propaganda."

Wir könnten die Aufmerksamkeit der RSL-Führung auf die Tatsache lenken, dass, selbst wenn wir uns auf der Perspektive der sofortigen Machtergreifung gründeten, das nichts von der Frage von löst, ob wir chauvinistisch sind oder nicht. Es würde nur im schlimmsten Fall ein Fehler der Perspektive anzeigen. Die Tatsache, dass Lenin am Vorabend der Machtergreifung schrieb, könnte nicht ihn entschuldigen, wenn er des Chauvinismus schuldig wäre. Noch würde sie die WIL heute entschuldigen. Fünfundzwanzig Jahre später sind sie bereit, Lenin seinen „Chauvinismus" zu verzeihen, weil es zur erfolgreichen Revolution führte, aber sie haben nicht gelernt, dass es keine Revolution gegeben hätte, wenn Lenin ihre Methode angenommen hätte. In unseren Augen wäre Chauvinismus „am Vorabend der Machtergreifung" hundertmal unverzeihlicher als zu jeder anderen Zeit. Überprüfen wir jedoch, was Lenin wirklich sagte. In der „Drohenden Katastrophe" im Kapitel „Der Kampf gegen die Zerrüttung und der Krieg":

„Alle von uns geschilderten Maßnahmen zur Bekämpfung der Katastrophe würden, wie wir bereits erwähnt haben, die Verteidigungsfähigkeit oder, anders ausgedrückt, die militärische Macht des Landes außerordentlich stärken. Dies einerseits. Doch andererseits kann man diese Maßnahmen nicht in die Tat umsetzen, ohne den Eroberungskrieg in einen gerechten Krieg umwandeln, ohne den Krieg, den die Kapitalisten im Interesse der Kapitalisten führen, in einen Krieg umwandeln, den das Proletariat im Interesse der Werktätigen und Ausgebeuteten führt." [Die drohende Katastrophe und wie man sie bekämpfen soll, Lenin Werke, Band 25, S. 327-377, hier S. 371]

Und wieder:

„Man kann die Massen nicht auf Grund von Geheimverträgen in einen Raubkrieg führen und dann auf ihren Enthusiasmus hoffen. Die fortgeschrittenste Klasse des revolutionären Russlands, das Proletariat, erkennt immer klarer das Verbrecherische dieses Krieges, und die Bourgeoisie ist nicht nur nicht imstande gewesen, die Massen von dieser Überzeugung anzubringen, sondern im Gegenteil die Erkenntnis, dass dieser Krieg ein Verbrechen ist, nimmt zu. Das Proletariat der beiden Hauptstädte Russlands ist endgültig internationalistisch geworden! Wie kann da von Massenenthusiasmus für den Krieg die Rede sein!Innenpolitik und Außenpolitik — die eine ist untrennbar mit der andern verbunden. Man kann das Land nicht verteidigungsfähig machen ohne den größten Heroismus des Volkes, das kühn und entschlossen die großen wirtschaftlichen Umgestaltungen verwirklicht. Und man kann unter den Massen keinen Heroismus wecken, ohne mit dem Imperialismus zu brechen, ohne allen Völkern einen demokratischen Frieden anzubieten, ohne auf diese Weise den räuberischen, verbrecherischen Eroberungskrieg in einen gerechten revolutionären Verteidigungskrieg umzuwandeln." [a.a.O., S. 374]

Der unwissendste und verwirrteste Bauer könnte das verstehen

Die RSL ruft triumphierend aus, als ob sie ein Verbrechen entdeckt hätte:

"… ihr [der WIL] Slogan, der im Dokument nirgendwo ausdrücklich angegeben ist (das stimmt), aber in ihm und in ihrer anderen Propaganda unausgesprochen vorhanden ist, lautet: „Verwandelt den imperialistischen Krieg in einen antifaschistischen Krieg der ArbeiterInnen". Mit anderen Worten wird ihr Hauptangriff nicht gegen die britische Bourgeoisie gerichtet, sondern ihre Rivalen, die faschistischen Regime."

Wenn das Argument, das im ersten Teil dieser „Anklage" enthalten ist, gegen uns erhoben werden kann, dann gilt es hundertmal mehr für Lenin…, weil Lenins Propaganda für die Verwandlung des imperialistischen Krieges in einen Krieg der ArbeiterInnen nicht unausgesprochen ist, sondern ausdrücklich erklärt wird. Auf jeden Fall, wie kann der Krieg in einen antifaschistischen Krieg verwandelt werden, ohne dass die ArbeiterInnen die Macht erobert haben? Was uns betrifft, ziehen wir es vor, in der „chauvinistischen" Gesellschaft von Lenin zu bleiben. Das letzte Teil dieser Kritik, dass unser „Hauptangriff gegen die faschistischen Regime gerichtet wird", ist vollkommen falsch und kann von niemand ehrlich aufrechterhalten werden, der unsere Presse und Dokumente liest.

Auch in der Frage der Losungen beantwortete Lenin die RSL lange im voraus. Sie beschweren sich, dass die WIL nicht die Losung der Verwandlung des imperialistischen Kriegs in einen Bürgerkrieg aufwirft, obwohl die WIL oft genug verkündet hat, dass sie auf den Prinzipien und Methoden der 4. Internationalen beruht. Es würde nicht weniger als Wahnsinn sein, dies als in der bevorstehenden Periode als Agitationslosung aufzustellen, so sinnlos wie die Slogan des Aufstand für die übernächste Woche. Jede Losung hat ihre Zeit und ihren Platz. Denkt einfach daran, dass Lenin mitten in der Revolution, verkündete: „Wenn wir vom Bürgerkrieg reden, noch ehe die Menschen seine Notwendigkeit begriffen haben, verfallen wir unzweifelhaft in Blanquismus." [Referat zur politischen Lage auf der 7. Gesamtrussischen Konferenz der SDAPR(B), Lenin Werke, Band 24, Seite 216-232, hier S. 225]. Und um einige Ratschläge zu geben, deren Beherzigung für Ultralinke klug wäre: „Es ist allzu oft vorgekommen, dass bei einer schroffen Wendung der Geschichte selbst fortgeschrittene Parteien sich in der neuen Lage mehr oder weniger lange Zeit nicht zurechtfinden können und Losungen wiederholen, die gestern richtig waren, heute aber jeden Sinn verloren haben, die ebenso „plötzlich" ihren Sinn verloren haben, wie die schroffe Wendung der Geschichte „plötzlich" eingetreten ist." (Zu den Losungen, Lenin Werke Band 25, S. 181-189, hier S. 181).

In einem bestimmten Stadium in der Revolution griff Lenin sogar die an, die behaupteten, dass er für Bürgerkrieg stehe und legte ziemlich richtig die Verantwortung für alles derartige auf die Schultern der Bourgeoisie. „Gibt es etwas absurderes und lächerlicheres als dieses Märchen über das „Schüren des Bürgerkriegs", wenn wir in der klarsten, formellsten und unmissverständlichsten Sprache erklärt haben, dass die Hauptlast unserer Arbeit im geduldigen erklären der proletarischen Politik im Unterschied zur kleinbürgerlichen fixen Idee der Vaterlandsverteidigung und des Vertrauens in die Kapitalisten besteht."

Die Eroberung der Macht ist die Achse unserer Propaganda

Unsere Politik bezüglich der Probleme der Epoche bleibt auf der Granitgrundlage, die von Lenin niedergelegt wird. Unsere Haltung gegenüber dem imperialistischen Krieg bleibt die der unversöhnlichen Opposition. Wir setzen die Traditionen des Bolschewismus fort. Aber in der Epoche des Niedergangs und Zerfalls des Kapitalismus bedeutet eine Fortsetzung, wie Trotzki unterstreicht, nicht eine bloße Wiederholung. Im Vierteljahrhundert, das vergangen ist, haben die objektiven Bedingungen für die sozialistische Revolution Reife erreicht und der Niedergang und Zerfall des Kapitalismus haben sich auf Seiten der Massen in den gescheiterten Versuchen der Revolution, haben sich im Faschismus und jetzt im neuen imperialistischen Krieg enthüllt. Alle objektiven Bedingungen der letzten Epoche machen das Proletariat empfänglich für das Aufwerfen des Problems der Eroberung der Macht durch die Arbeiterklasse.

Im Unterschied zu 1914-18 sind die Kader des Bolschewismus in der leninistischen Herangehensweise an den imperialistischen Krieg ausgebildet worden und geschult worden. Der Sozialchauvinismus auf Seiten der Sozialdemokraten und Stalinisten wurde von den TrotzkistInnen lang im voraus vorweggenommen und vorausgesagt. Die theoretische Entlarvung des Sozialchauvinismus ist nicht eine Lebensfrage für den Bolschewismus heute. Wir bauen und errichten unser Partei auf leninistischer, internationalistischer Grundlage, nicht zuletzt in der grundlegenden Frage des Krieges. Trotzki wies einmal darauf hin, dass Krieg und Revolution die grundlegenden Tests für die Politik aller Organisationen sind. In diesen beiden Fragen setzen wir die leninistische Tradition fort.

Aber Marxismus besteht nicht in der Wiederholung von Phrasen und von Ideen, egal wie richtig sie sind. Andernfalls hätte Lenin nicht die Auffassungen entwickelt und vertieft haben können, die zuerst von Marx formuliert wurden. Und Trotzki hätte nicht die Theorie der permanenten Revolution vorschlagen können. Wenn alles, was von Revolutionären gefordert würde, das Wiederholen von ein paar Phrasen und Losungen bis zum Erbrechen wäre, die von den großen Lehrern von Marxismus genommen wurden, wäre das Problem der Revolution in der Tat einfach. Die SPGB wären Super-Marxisten statt unheilbarer Sektierer. Wie Trotzki über die Ultralinken bemerkte, wäre jeder Sektierer ein Meisterstratege. Letztlich sind die Grundprinzipien des Marxismus, wie sie von Marx selbst theoretisch entwickelt wurden, für fast ein Jahrhundert dieselben geblieben. Die Aufgabe seiner NachfolgerInnen besteht überhaupt nicht darin, ein paar halbverdaute Ideen papageienartig zu wiederholen, sondern in der richtigen Verwendung der Methode des Marxismus und ihrer richtigen Anwendung auf die Probleme und Aufgaben einer bestimmten Periode.

Es ist jetzt notwendig, an das Problem des Krieges nicht nur von seiner theoretischen Charakterisierung durch Lenin, sondern von der Aufgabe der Gewinnung der Massen für das leninistische Banner heranzugehen. Für die letzte Epoche sind die Kader der 4. Internationale im Geist des Internationalismus erzogen worden. Wir betrachten den Krieg von der prinzipienfesten Grundlage aus, die von Lenin entwickelt wurde, aber jetzt aus einem entwickelteren Blickwinkel. Wir führen unsere Propaganda nicht allein vom Standpunkt der Analyse des Charakters der Verteidigung des kapitalistischen Vaterlands, sondern vom Standpunkt der Machteroberung durch die Arbeiterklasse und der Verteidigung des proletarischen Vaterlands. Wie Trotzki das Problem stellte:

„Deshalb wäre es doppelt dumm, heute eine lediglich abstrakte pazifistische Position darzustellen; das Gefühl, das die Massen haben, ist, dass es notwendig ist, sich zu verteidigen. Wir müssen sagen: „Roosevelt (oder Wilkie) sagt, dass es notwendig ist, das Land zu verteidigen: gut, nur muss es unser Land sein, nicht das der 60 Familien und ihrer Wall Street."" [American Problems. 7. August 1940, Wrtings of Leon Trotsky (1939-40). New York ²1973, S. 331-342, hier S. 333f.]

Nur hoffnungslose Formalisten und die Sektierer, die die revolutionäre Dynamik des Marxismus nicht würdigen können, konnten darin eine chauvinistische Abweichung oder ein Aufgeben des Leninismus sehen.

Unsere Epoche ist die Epoche von Kriegen und Revolutionen, von Militarismus und von Supermilitarismus. Dieser Epoche muss die Politik und Herangehensweise der revolutionären Partei entsprechen. Krieg ist als schreckliche Strafe für die Verbrechen des Stalinismus und Reformismus gekommen. Er kam durch die Tatsache, dass die Verräter in der Arbeiterführung die Bemühung der Massen in Richtung der sozialistischen Revolution scheitern ließen. Es ist eine Widerspiegelung der Sackgasse, in der der Imperialismus sich befindet, und der historischen Reife und Überreife für die sozialistische Revolution.

Der letzte Weltkrieg war bereits ein Ausdruck der Tatsache, dass der Kapitalismus im Weltmaßstab seine geschichtliche Mission erfüllt hatte. Diese objektive Tatsache führt schnell zu der subjektive Stellung, in der die Massen der ArbeiterInnen reif für das Aufwerfen des Problems der sozialistischen Revolution sind, das heißt des Problems der Macht. Die Ereignisse der vergangenen Epoche haben die Arbeiterklasse mit einer Psychologie der Frustration und Verwirrung zurückgelassen. Sie betrachteten mit Befürchtung und Schrecken das Kommen des zweiten Blutbads, in dem sie nichts als Leiden und Elend erwarten würden. In diesem Krieg gab es von Anfang an unter den britischen ArbeiterInnen, besonders unter den Labour-ArbeiterInnen, ein Fehlen von Hass gegen das deutsche Volk. Sogar in Amerika, wo die Massen viel weniger politisch bewusst als in Großbritannien sind, unterschieden in einer kürzlichen Gallup-Umfrage zwei Drittel der befragten Leute in der Frage der Verantwortlichkeit und der Bestrafung nach dem Krieg zwischen dem deutschen Volk und den Nazis. Dies trotz der ganzen Propaganda der Bourgeoisie. Wenn dies der Fall in Amerika ist, ist es für Großbritannien hundertmal mehr zutreffend.

Es ist jedoch völlig klar, dass es besonders unter der Arbeiterklasse einen unklaren, aber tiefliegenden Hass gegen den Hitlerismus und Faschismus gibt. Aber bei allem schuldigen Respekt für die Führung der RSL, ist dieser Hass nicht reaktionär und chauvinistisch, sondern entsteht aus einem gesunden Klasseninstinkt. Es stimmt, er wird von der Bourgeoisie und Labour-Lakaien für reaktionäre imperialistische Zwecke missbraucht und verzerrt. Aber die Aufgabe der Revolutionäre besteht in dem Trennen von dem, was in ihrer Haltung fortschrittlich und was reaktionär ist: die ArbeiterInnen von ihrem stalinistischen und Labour-Führungen abzuwerben, die diese fortschrittlichen Gefühle missbrauchen. Und es gibt keine andere Weise des Trennens der ArbeiterInnen von den Ausbeutern in der Kriegsfrage als die, die von Trotzki in seinen letzten Artikeln skizziert wurde..

Der Zerfall und die Degeneration des britischen Imperialismus macht die Massen empfänglich für das Stellen des Machtproblems durch die Revolutionäre; des Problems, welche Klasse die Macht hat. Jede Frage, die aufkommt, muss aus diesem Blickwinkel aufgeworfen werden. Unsere Haltung gegenüber dem Krieg ist nicht mehr bloß eine Politik der Opposition, sondern wird durch die Epoche, in der wir leben, die Epoche der sozialistischen Revolution festgelegt. Das heißt, als Kämpfer um die Macht. Nur so können wir eine Herangehensweise an die Arbeiterklasse finden. Auf dem Papier und abstrakt akzeptiert die RSL das Übergangsprogramm als Grundlage für unsere Arbeit in der gegenwärtigen Periode. Trotzki weist darauf hin, dass die objektive Lage verlangt, dass unsere tägliche Arbeit durch unsere Übergangsforderungen mit der sozialen Revolution verbunden wird. Dies trifft auf alle Aspekte unserer Arbeit zu. Das Tunken der Welt in Krieg fordert nicht im mindesten einen Rückzug von dieser Position, sondern gibt ihm im Gegenteil eine noch größere Dringlichkeit. Aber die gleichen theoretischen Vorstellungen, die die Grundlage des Übergangsprogramms und die strategische Orientierung aller unserer Aktivisten diktiert, bildet die Grundlage der strategischen Haltung gegenüber dem Krieg in der modernen Epoche. Krieg ist gegenwärtig ein Teil des Lebens der Gesellschaft und unser Programm der Eroberung der Macht darf sich nicht auf Frieden, sondern auf die Bedingungen von allgemeinem Militarismus und Krieg stützen. Wir können gemeinsam mit den GenossInnen der RSL diese unglückliche Abweichung der Geschichte bedauern. Aber wir waren nun mal zu schwach zum Sturz des Imperialismus und müssen den Preis jetzt zahlen. Es war notwendig (und ist selbstverständlich noch notwendig), die Kader der 4. Internationale in der Frage der Natur und der Bedeutung von Sozialpatriotismus und Stalino-Chauvinismus und von ihrer Beziehung zum Krieg zu schulen. Wer auf der Linken in Großbritannien hat dies so kräftig wie die WIL getan? Aber wir müssen weiter gehen. Das Übergangsprogramm, wenn es überhaupt eine Bedeutung hat, ist eine Brücke nicht nur vom Bewusstsein der Massen heute zum Weg der sozialistischen Revolution, aber auch für die isolierten Revolutionäre zu den Massen.

Die RSL überzeugt sich der Überlegenheit ihrer Haltung über die von Stalinismus und Reformismus. Sie tröstet sich, dass sie die Position von Lenin im letzten Krieg beibehält. Dieses wäre … sehr gut, wenn die RSL die Haltung von Lenin verstanden hatte. Jedoch wir beginnen wie Trotzki und die Erben von Bolschewismus dort, wo die RSL-Führung endet (selbst wenn die RSL Lenin richtig interpretiert, was sie nicht macht)! Wir nähern uns dem Problem Krieg vom Blickwinkel des Bevorstehens der nächsten Periode von sozialer Revolution in Großbritannien ebenso wie in anderen Ländern. Die ArbeiterInnen in Großbritannien wie in Amerika „möchten nicht von Hitler erobert werden, und zu denen, die sagen, „lasst uns ein Friedensprogramm haben", werden die ArbeiterInnen antworten: „aber Hitler will kein Friedensprogramm." Folglich sagen wir, wir werden die Vereinigten Staaten [oder Großbritannien] verteidigen mit einer Arbeiterarmee, mit Arbeiteroffizieren und mit einer Arbeiterregierung etc." (Trotzki, American Problems, a.a.O., S. 333). Jene Worte des Alten sind durch und durch mit dem Geist des revolutionären Marxismus gesättigt, der zwar kompromisslos seine Opposition gegen die Bourgeoisie bewahrt, aber Sympathie und Verständnis für die Haltung der einfachen ArbeiterInnen und die Probleme zeigt, die ihm durch den Kopf gehen. Wir machen nicht mehr Halt bei der Notwendigkeit, die Vorhut hinsichtlich des Charakters des Krieges und der Weigerung der Verteidigung des kapitalistischen Vaterlands zu erziehen, sondern wir gehen vorwärts, um die Arbeiterklasse für die Eroberung der Macht und die Verteidigung des proletarischen Vaterlands zu gewinnen.

Eine kleinbürgerliche pazifistische Tendenz

Das Herumreiten auf dem Thema des „Friedens" läuft wie ein roter Faden durch das RSL-Dokument und liefert in der Tat den Schlüssel zur Entwicklung der RSL und ihrer gegenwärtigen Position. Beim Kommentieren eines Satzes in „Vorbereitung auf die Macht" — „die Korruption und Unfähigkeit, industriell und militärisch, wirft im Bewusstsein der ArbeiterInnen scharf die Frage des Regimes auf" — schreibt die RSL:

„Da ist kein Missverständnis des Satzes möglich. Er bedeutet, dass die ArbeiterInnen das Recht des Kapitalismus in Frage stellen, als das System dieses Landes weiterzubestehen. Dies bevor die ArbeiterInnen auch nur angefangen haben, ein Massengefühl für Frieden zur Schau zu stellen, während sie noch den imperialistischen Krieg unterstützen und ihn tatsächlich leistungsfähiger und offensiver geleitet sehen möchten."

Dieses wiederkehrende Thema des „Friedens" zeigt die hoffnungslos kleinbürgerliche Position der RSL-Führung an. Und es kommt auch nicht zufällig auf. Es ist die Fortsetzung und der Höhepunkt einer ganzen Reihe von Fehler in der Frage der revolutionären Haltung gegenüber Militarismus und Krieg.

Zur Zeit, als die Wehrpflicht in Großbritannien einige Monate vor dem Ausbruch des Krieges eingeführt wurde, verurteilte die RSL im „Militant" richtig die Wehrpflicht für imperialistische Zwecke. Aber beim Kampf dagegen fanden sie sich in Gesellschaft der Friedensbürgschaftsunion (Peace Pledge Union), der ILP und anderen pazifistischer und halbpazifistischer Einrichtungen bei der vergeblichen und aus einem revolutionären Gesichtspunkt gefährlichen Politik der Ablehnung von Wehrpflicht in der Miliz. Dies zu einer Zeit als es auf der Hand lag, dass die überwältigende Mehrheit der ArbeiterInnen an der Miliz teilnehmen würde. Im „Militant" von Juni 1939, schrieb die RSL unter der Schlagzeile „Was tun":

„Wehrpflicht muss zerschlagen werden! Fordert, dass der TUC [britischer DGB] einen Generalstreik vorbereitet. Fordert, dass die Labour Party eine Parlamentswahl erzwingt. Fordert, dass der Vorstand Eurer Gewerkschaft alle seine Mitglieder im wehrpflichtigen Alter anweist, die Registrierung abzulehnen, und sie verteidigt, wenn sie für die Ablehnung verfolgt werden. Nur durch Massentätigkeit kann die Wehrpflicht zerschlagen werden!"

Diese revolutionär klingende Alternative hatte eine völlig sozialpazifistische Orientierung, die für Zentrismus und kleinbürgerlichen Sozialismus charakteristisch ist. Vom Standpunkt der traditionellen leninistischen Position war es eine falsche allgemeine Anweisung: und wie die vom Genossen Trotzki gegenüber der Wehrpflicht eingenommene Einstellung zeigt, war es auch vom Standpunkt des modernen Leninismus-Trotzkismus falsch. Es ließ die Mitglieder und SympathisantInnen des RSL ohne die geringste Anweisung, was sie tun sollten, wenn sie vor der konkreten Frage Registrierung standen. In der Tat war dies so utopisch, dass die Anweisung zum Ablehnen der Registrierung gegeben wurde und die Mitglieder der RSL sich doch registrierten ließen.

Es ist in der Tat etwas peinlich, sogar über solche Fragen mit Leuten argumentieren zu müssen, die beanspruchen, AnhängerInnen von Lenin zu sein. Aber da die RSL-FührerInnen die Sehnsucht zu haben scheinen, sich als Verteidiger der „altmodischen" Ideen aufzuwerfen, wird es möglicherweise die Frage klären, wenn wir ein gutes Zitat von Lenin zu dieser Frage geben. Übrigens geht die revolutionäre Haltung zu diesem Punkt bis zu Marx zurück, und selbst die alte Sozialdemokratie auf dem Kontinent hatte eine korrekte und revolutionäre Haltung im Vergleich zu der des RSL :

„Jetzt durchdringt die Militarisierung das ganze öffentliche Leben. Die Militarisierung wird alles. Der Imperialismus ist erbitterter Kampf der Großmächte um Teilung und Neuteilung der Welt — er muss daher zur weiteren Militarisierung in allen, auch in kleinen, auch in neutralen Ländern führen. Was sollen die proletarischen Frauen dagegen tun? Nur jeden Krieg und alles Militärische verwünschen, nur die Entwaffnung fordern? Niemals werden sich die Frauen einer unterdrückten Klasse, die revolutionär ist, mit solcher schändlichen Rolle bescheiden. Sie werden vielmehr ihren Söhnen sagen:

„Du wirst bald groß sein, man wird dir das Gewähr geben. Nimm es und erlerne gut alles Militärische — das ist nötig für Proletarier, nicht um gegen deine Brüder zu schießen, wie es jetzt in diesem Räuberkriege geschieht und wie dir die Verräter des Sozialismus raten, sondern um gegen die Bourgeoisie deines „eigenen" Landes zu kämpfen, um der Ausbeutung, dem Elend und den Kriegen nicht durch fromme Wünsche, sondern durch das Besiegen der Bourgeoisie und deren Entwaffnung ein Ende zu bereiten." [Lenin, Das Militärprogramm der proletarischen Revolution, Werke Band 23, S. 72-83, hier S. 78]

Sofort als der Krieg begann, trat die RSL einem prinzipienlosen Bündnis mit den Pazifisten in der „Sozialistischen Antikriegsfront" bei. Kaum hatte sie sich von den Anstrengungen in dieser Richtung erholt, als sie sofort in eine noch falschere kleinbürgerliche pazifistische Position fielen. Zu einer Zeit als sowohl die Stalinisten als auch die ILP mit der Losung „Stoppt den Krieg" auftraten, beeilte sich die RSL, auf den gleichen pazifistischen Trip zu gehen. In einer der Ausgaben von „Militant" prangte dies als Hauptschlagzeile! Es ist nicht notwendig gegen diese Position heute zu polemisieren, da die Ereignisse sie in die Vergessenheit getrieben haben. Nicht einmal die RSL, die diese Losung ohne Erklärung fallen ließ, würde jetzt für sie argumentieren. Tatsächlich würden selbst die Zentristen der ILP das nicht tun.

Aus diesem Fehler glitt die RSL-Führung natürlich und automatisch in den nächsten. Das Exekutivkomitee der RSL gab eine spezielle Erklärung heraus die das Kapitel des „Manifest der 4. Internationale zum imperialistischen Krieg und zur proletarischen Weltrevolution" (1940) mit der Überschrift „Die Arbeiter müssen militärische Techniken lernen" [Trotzki, Schriften zum imperialistischen Krieg, a.a.O., S. 137-174, bzw. S. 173] als nicht anwendbar auf Großbritannien ablehnte. Privat taten die Führer der RSL die Idee ab, dass Genosse Trotzki der Autor solcher „chauvinistischen" Erklärungen sein könnte, die der WIL-Position entsprachen. Sie sagten folgendes:

„Unter der Überschrift „Die Arbeiter müssen militärische Techniken lernen" verlangt das Manifest, dass der Staat sofort den ArbeiterInnen und Arbeitslosen die Möglichkeit gibt, zu lernen, wie man Waffen benutzt. Dies könnte von manchen zu einer Unterstützung der von gewissen Organisationen in diesem Land erhobenen opportunistischen Forderung nach Bewaffnung der ArbeiterInnen aufgefasst werden. Der Slogan „Bewaffnung der Arbeiter" hat, wenn er in einem kriegführenden Land zu einer Zeit, in der die Massen weißglühend von Patriotismus und in Furcht vor einer unmittelbaren Invasion sind, aufgestellt wird, lediglich Vaterlandsverteidigungs- und patriotischen Charakter. Die Massen wünschen zu solch einer Zeit Waffen, um den Eindringling zurückzuschlagen, das heißt um ihren eigenen kapitalistischen Staat zu verteidigen. Solch ein Slogan wird von den Imperialisten für Rekrutierungszwecke verwendet … Die britische Sektion erklärt folglich, dass die Forderung im internationalen Manifest keine Gültigkeit unter den vorhandenen Bedingungen in diesem Land hat … "

Ihre Position zu dieser Frage floss aus der falschen Politik, die sie vorher in der Frage der Wehrpflicht hatten. Und schließlich, als Höhepunkt des ganzen Prozesses, enden sie bei der Position … des Friedens in der gegenwärtigen Periode!

Ein einfacher Arbeiter konnte auf eine solche Position leicht erwidern: „sie sagen „Frieden, Frieden", und es gibt keinen Frieden!", Lenin verwies ohne Zweifel auf die Notwendigkeit, in einem bestimmten Stadium die Sehnsucht der Massen nach Frieden zu nutzen. Aber er verwies genau in dem von der RSL gegebenen Zitat darauf, dass solch eine Position nichts mit Pazifismus gemeinsam hatte. Die RSL-Position im Gegensatz dazu ist pazifistisch und hat nichts mit Leninismus gemeinsam. Denn alle Schriften Lenins in dieser Frage waren nicht nur gegen die Sozialpatrioten, sondern auch gegen die gerichtet, die mit dem Slogan des Friedens spielten ohne Bezug auf Zeit und Ort und die Bedingungen, unter denen Frieden erreicht werden könnte:

„Wir wollen keinen Sonderfrieden, keinen Separatfrieden mit Deutschland, wir wollen den Frieden für alle Völker, wir wollen den Sieg der Arbeiter aller Länder über die Kapitalisten aller Länder." [An die Soldaten und Matrosen, April 1917, Lenin Werke Band 24, S. 110-112, hier S. 111]

„Die Losung „Nieder mit dem Krieg" ist natürlich richtig, aber sie wird den spezifischen Aufgaben des gegenwärtigen Zeitpunkts, wird der Notwendigkeit, auf andere Weise an die breite Masse heranzutreten, nicht gerecht. Sie erinnern meines Erachtens an die Losung „Nieder mit dem Zaren", mit der der ungeschickte Agitator der „guten alten Zeit" ohne viel Federlesens aufs Land hinausging und — Prügel einsteckte, Die revolutionären Vaterlandsverteidiger aus der Masse sind ehrlich, nicht im persönlichen, sondern im Klassensinne, d.h., sie gehören jenen Klassen an (Arbeiter und arme Bauern), denen Annexionen und Erdrosselung fremder Völker tatsächlich keine Vorteile bringen. Es sind das nicht die Bourgeois und die Herren „Intellektuellen", die sehr gut verstehen, dass es unmöglich ist, auf Annexionen zu verzichten, ohne zugleich auf die Herrschaft des Kapitals zu verzichten, und die die Massen mit schönen Redensarten, maßlosen Versprechungen und zahllosen Verheißungen gewissenlos zu betrügen.

Der Vaterlandsverteidiger aus der Masse sieht die Dinge einfach, auf Spießbürgerart: „Ich will keine Annexionen, der Deutsche will mir „an den Kragen", folglich verteidige ich eine gerechte Sache und durchaus nicht irgendwelche imperialistischen Interessen." Einem solchen Menschen muss immer wieder klargemacht werden, dass es nicht auf seine persönlichen Wünsche ankommt, dass es sich vielmehr um politische Verhältnisse und Beziehungen der Massen, der Klassen, um den Zusammenhang des Krieges mit den Interessen des Kapitals und dem internationalen Bankennetz handelt. Nur ein solcher Kampf gegen die Vaterlandsverteidigung ist ein ernster Kampf, der vielleicht keinen sehr schnellen, aber doch einen sicheren und dauerhaften Erfolg verspricht.

Den Krieg kann man nicht „auf Wunsch" beenden. Man kann ihm nicht auf Beschluss nur der einen Seite beenden. Man kann ihn nicht dadurch beenden, dass man „die Bajonette in die Erde stößt", wie ein Soldat, ein Anhänger der Vaterlandsverteidigung sich ausdrückte." [Die Aufgaben des Proletariats in unserer Revolution, Lenin Werke, Band 24, Seite 39-77, hier 50f.).

Lenin definiert die Haltung zum Krieg weiter:

„Der Krieg. Den Krieg auf pazifistische Art beenden zu wollen ist Utopie. Er kann mit einem imperialistischen Frieden beendet werden. Nicht diesen Frieden wollen die Massen. Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik einer Klasse, den Charakter des Krieges ändern heißt an die Stelle der Klasse, die an der Macht ist, eine andere setzen." [Schlusswort zum Referat über die politische Lage auf der Petrograder Stadtkonferenz der SDAPR(B), April 1917, Lenin Werke Band 24, S. 134-137, hier S. 136f.]

Diese klare und einfache Haltung stellt eine vernichtende Antwort auf die Haltung des RSL zum Frieden dar. Das Nachzeichnen aller Hauptfehler der Führung des RSL während der letzten Jahre in dieser Frage enthüllt unzweifelhaft das Bestehen einer kleinbürgerlichen pazifistischen oder halbpazifistischen Tendenz. Aber die Quantität der Fehler entwickelt sich zu einer neuen Qualität. Die RSL-Führung offenbart jetzt einen grundlegenden Bruch mit den Ideen und den Methoden von Leninismus, mit den Ideen und den Methoden der 4. Internationale auf. Trotzki beantwortete dieses bestimmte Argument zum „Frieden" für uns in seiner Kritik an Shachtman im Oktober [tatsächlich August] 1940:

„Wir sollten verstehen, dass das Leben dieser Gesellschaft, Politik, alles, auf Krieg beruhen wird, folglich muss auch das revolutionäre Programm auf Krieg beruhen. Wir können der Tatsache des Krieges nicht mit Wunschdenken entgegentreten; mit frommem Pazifismus. Wir müssen uns in die Arena stellen, die von dieser Gesellschaft geschaffen wird. Die Arena ist schrecklich — es ist Krieg — aber soweit wir schwach und unfähig sind, das Schicksals der Gesellschaft in unsere Hände zu nehmen; soweit die herrschende Klasse stark genug ist, uns diesen Krieg aufzuerlegen, sind wir verpflichtet, diese Grundlage für unsere Tätigkeit zu akzeptieren.

Ich las in einem kurzen Bericht über eine Diskussion, die Shachtman mit einem Professor in Michigan hatte, und Shachtman formulierte diese Idee: „Wir sollten ein Programm für Frieden, nicht Krieg haben; für die Massen nicht für Mord" usw. Was heißt das? Wenn wir nicht Frieden haben, können wir kein Programm für Frieden haben. Wenn wir Krieg haben, müssen wir ein Programm für Krieg haben, und die Bourgeoisie muss einfach den Krieg organisieren. Weder Roosevelt noch Willkie haben Entscheidungsfreiheit; sie müssen den Krieg vorbereiten, und wenn sie ihn vorbereitet haben, werden sie ihn führen. Sie werden sagen, dass sie nicht anders können, wegen der Gefahr Hitlers etc., der Gefahr Japans etc. Es gibt nur einen Weg den Krieg zu vermeiden — das ist der Sturz dieser Gesellschaft. Jedoch sind wir für diese Aufgabe zu schwach, der Krieg ist unvermeidlich. Die Frage ist dann für uns nicht dieselbe wie im bürgerlichen Salon — „Schreiben wir einen Artikel über Frieden" usw., der für Publikationen wie „The Nation" verwendbar ist. Unsere Leute müssen es ernsthaft betrachten; wir müssen sagen: der Krieg ist unvermeidlich, also lassen Sie uns ein organisiertes Arbeiterprogramm für den Krieg haben. Die Einberufung der Jugend ist ein Teil des Krieges und wird Teil des Programms.", [American Problems, a.a.O., S. 331f.]

GenossInnen des RSL, darin ist nichts Chauvinistisches! Es ist die revolutionäre internationalistische und marxistische Herangehensweise an den Krieg und den Militarismus unserer Epoche.

Es ist überhaupt nicht ausgeschlossen, dass in einem bestimmten Stadium ein Massengefühl für Frieden entstehen wird, als Ergebnis des Massengemetzels, dem Stillstand an den militärischen Fronten, dem Leiden der Massen, die eine unerträgliche Intensität erreichen. Jedoch selbst wenn diese entstünde, hätte unsere Herangehensweise nichts gemein mit der pazifistischen Position der RSL-Führung. Wir würden uns der Frage aus dem Blickwinkel nähern, dass, gerade so wie wir das Problem des Kriegs nicht in den Händen der Kapitalisten lassen können, es auch tödlich wäre, das Problem des Friedens in ihren Händen zu lassen. Frieden wird sich in der modernen Epoche, so lange der Imperialismus noch überlebt, nicht so verschieden vom Krieg sein. Frieden unter dem Kapitalismus kann nicht von langer Dauer, sondern bloß ein Zwischenspiel sein.

Der einzige Weg zur Sicherung des Friedens würde im Sturz des Imperialismus in Europa und der Welt liegen. Unser Schwergewicht in unserer Agitation könnte sich dann praktisch vom Unterschied zwischen dem im Interesse der Massen geführten und dem von den Kapitalisten geführten Krieg einerseits, zum Unterschied zwischen Frieden im Interesse der ArbeiterInnen und Frieden im Interesse der Kapitalisten andererseits verschieben. Die Achse unserer Agitation würde dieselbe bleiben: das Problem Macht: welche Klasse hat die Macht inne und übt sie in ihren eigenen Interessen aus.

Die RSL zitiert aus „Krieg und die Vierte Internationale", um ihr Argument zu untermauern: „Der revolutionäre Kampf um den Frieden, der immer massenhaftere und kühnere Formen annimmt, ist einer der Hauptpfade zur „Verwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg"." [Schluss von Punkt 60, in Trotzki: Schriften zum imperialistischen Krieg, a.a.O., S. 71-103, hier S. 95] Diese bedingte Prognose der möglichen Entwicklung der Ereignisse wird bloß als Deckmantel für eine pazifistische oder halbpazifistische Position verwendet. Jedoch selbst in der russischen Revolution, die für „typisch" für die Ereignisse gehalten wird, die in anderen Ländern stattfinden, wurde die Losung des „Friedens" von Lenin nicht von der Idee des revolutionären Krieges getrennt. Im Gegenteil führte Lenin besonders in den ersten Monaten der Revolution einen Kampf genau um die Frage des „revolutionären Krieges", der nur möglich ist, wenn das Proletariat die Staatsmacht hält. Jedoch betrachtete er es nie in der knappen Weise, in der das Problem von der RSL aufgefasst wird. Es stimmt, dass die Losung des Friedens eine der mächtigsten Waffen im Arsenal des Bolschewismus war. Jedoch muss diese bedingte Formel nicht notwendigerweise in allen Stadien des Krieges vorgebracht werden, in bestimmten Perioden vielleicht überhaupt nicht.

Losungen wie „Frieden" beruhen auf dem Bewusstsein der Massen. Gegenwärtig sind die Massen in Großbritannien, was die RSL „chauvinistisch" zu nennen beliebt. Bei einer Wahl zwischen Frieden mit einem Sieg für Hitler oder auch nur einem Kompromiss mit den Nazis und der Fortsetzung des Krieges würden 99 Prozent eine Fortsetzung des Krieges bevorzugen. Die Labour-Führer rechtfertigen ihre Unterstützung für die kapitalistische Regierung mit der Notwendigkeit, den Hitlerismus zu bekämpfen. Was kann die RSL darauf antworten? Auf den Feind zu Hause zu verwiesen ist sehr gut und richtig, aber stellt keine Antwort für die ArbeiterInnen dar. Denn die wünschen keinen fremden Eroberer und einen faschistischen schon gar nicht. Die RSL-Führer sollten nicht voll Verachtung und Ekel auf die „chauvinistischen" Massen herabschauen, sondern ebenso versuchen von den ArbeiterInnen zu lernen wie ihr „Lehrer" zu sein.

Eine lehrreiche Episode fand in den frühen Stadien des Krieges 1939 vor dem Fall von Frankreich statt. Die Stalinisten begannen während ihrer „Antikriegs"- Periode eine Kampagne in ihrem Hochburg Südwales. Sie setzten ein Referendum unter den Bergarbeitern von Südwales über die Frage des Krieges durch. Dies war einer der militantesten und klassenbewussten Teile der ArbeiterInnen in Großbritannien. Es gab viel Unzufriedenheit und Unbehagen unter den Bergleuten in der Frage des Krieges. Sie waren misstrauisch gegenüber den Zielen der herrschenden Klasse.

Unter diesen Bedingungen mussten die Labour- und reformistischen Bürokraten ein Manöver durchführen, um zu verhindern, dass die Kommunistische Partei große Unterstützung unter den Bergleuten bei der Abstimmung gewinnt. Sie stellten die Frage auf folgender Grundlage: „gegen den Krieg" oder „für den Krieg mit einer Labourregierung". Wie zu erwarten war, bekamen sie eine überwältigende Mehrheit der Stimmen für letzteres. Und dies war zu einer Zeit als Hitler nicht seine enormen Siege erreicht hatte und die Massen sich durch die totalitäre Ferse der Nazis nicht direkt bedroht glaubten. Um diese ArbeiterInnen zu erreichen, müssen wir ein Programm haben, das das Problem der Niederlage der Reaktion sowohl im In- als auch im Ausland bei den Hörnern packen kann.

Es ist in dieser Beziehung bedeutend, dass die Pazifisten einen großen Teil der geringen Unterstützung verloren haben, die sie am Anfang des Krieges hatten. Sogar die ILP war gezwungen, ihr pazifistisches Erscheinungsbild zu ändern. Und selbst von der unnachgiebigen und isolierten RSL-Führung, die ihr pazifistisches Erscheindungsbild im Allgemeinen beibehält, hört man nicht mehr die jämmerliche Losung „Stoppt den Krieg". All dies lag selbstverständlich an den beispiellosen Siegen des deutschen Imperialismus.

Die Führung der RSL war nicht imstande, sich auf die Ereignisse zu orientieren und die revolutionäre Methode anzuwenden, die ein theoretisches Verständnis der Vergangenheit erfordern würde. Für sie muss alles eine genaue Kopie der Vergangenheit sein. Revolution im Krieg muss dem genauen Muster der Russischen Revolution folgen. In Wirklichkeit schreitet die Geschichte auf eine weit kompliziertere Weise voran. Die Ereignisse aller Revolutionen sind durch die grundlegende Struktur der Klassengesellschaft entschieden, und deshalb können die grundlegenden Gesetze aller Revolutionen im voraus formuliert und vorausgesagt werden. Aber es wäre scholastischer Unsinn, eine völlige Blaupause festzulegen, von der die Ereignisse nicht abweichen können. Es gibt zu viele Faktoren, die beteiligt sind, die völlig unberechenbar sind. Die Pariser Kommune [1871] entwickelte sich nach anderen Linien als die russische Revolution; die Russische als die chinesische [1925-27], spanische [1931-37] etc. Auf Fragen dieses Charakters können die Entwicklungslinien nur algebraische Hinweise geben.

Die Lage in Großbritannien heute

Überprüfen wir, wie die RSL die derzeitige Lage in Großbritannien heute sieht:

„Es dauert auch nicht lange, bis diese falschen Politiken sichtbar werden. „Die Korruption und Unfähigkeit, industriell und militärisch, wirft im Bewusstsein der ArbeiterInnen scharf die Frage des Regimes auf." Da ist kein Missverständnis des Satzes möglich. Er bedeutet, dass die ArbeiterInnen das Recht des Kapitalismus in Frage stellen, als das System dieses Landes weiterzubestehen. Dies bevor die ArbeiterInnen auch nur angefangen haben, ein Massengefühl für Frieden zur Schau zu stellen, während sie noch den imperialistischen Krieg unterstützen und ihn tatsächlich leistungsfähiger und offensiver geleitet sehen möchten.

Entweder war alle vorhergehende Geschichte zufällig und man kann aus ihr keine Lehren ziehen oder die WIL missversteht und verzerrt nicht nur die gegenwärtige Stellung des britischen Imperialismus völlig, sondern auch das gegenwärtige Stadium der Entwicklung des Bewusstseins der Arbeiterklasse. Wir neigen zur letzteren Theorie. Die Stimmung der Massen ist immer noch überwiegend für Unterstützung des imperialistischen Krieges und die britische Bourgeoisie führt den Krieg so effizient wie die Beschränkungen des „demokratischen Kapitalismus" erlauben. Diese Faktoren erlauben nicht das „schnelle Reifen" „aller Bedingungen der soziale Explosionen". Wenn soziale Explosionen kommen, die kommen werden, entstehen sie nicht aufgrund der Forderung der ArbeiterInnen nach einer effizienteren Kriegführung. Kein Klassenkampf kann in dieser Frage entstehen, weil es für die ArbeiterInnen keine Klassenfrage ist. Dies ist nicht ihr Krieg und sie haben kein Klasseninteresse am Sieg in ihm.

Gegenwärtig sind die Massen unter der ideologischen Führung des Bürgertums und Kleinbürgertums und unterstützen daher den imperialistischen Krieg. Die britische Bourgeoisie hat viele Niederlagen in diesem Krieg erlitten und Teile der ArbeiterInnen haben infolgedessen die Führung der Bourgeoisie kritisiert und eine effektivere Kriegführung verlangt. Aber dies ist keine proletarische Klassenreaktion auf die Lage, es ist eine kleinbürgerliche Reaktion und sie ist nur möglich, weil die ArbeiterInnen noch mit fremder Klassenideologie erfüllt sind. Solche Unzufriedenheit der Arbeiterklasse wird zu murren aufhören, genauso wie die ähnliche und sogar lautere Unzufriedenheit des Kleinbürgertums, und kann durch britische Siege sogar in größere Unterstützung für die imperialistische Regierung umgewandelt werden.

Sie kann nicht zu Aktion der Arbeiterklasse führen, gerade weil die Forderung nach einer effizienteren Führung des imperialistischen Krieges keine Klassenforderung für die ArbeiterInnen ist. Außerdem würde, wie sie wissen, Klassenaktion durch die ArbeiterInnen die Effizienz des britischen Imperialismus noch weiter hindern. Britische Niederlagen können zu soziale Explosionen führen, aber es werden Explosionen sein, die durch Kriegsmüdigkeit verursacht werden, durch eine Sehnsucht, das unfruchtbare Gemetzel zu beenden, den wirtschaftlichen Härten des Krieges zu entgehen und einen dauerhaften Frieden und Wohlstand für die Welt zu bringen."

Diese Zeilen zeigen einen völligen Mangel an Verständnis für die Lage in Großbritannien heute. Sie stellen eine Anklage der stagnierenden Position dar, in der die RSL sich befindet. Jede Organisation mit dem entfernten Verbindung mit der Arbeiterklasse in Großbritannien würde feststellen, dass dies als Einschätzung der tatsächlichen Lage hoffnungslos falsch ist. Von den abgesonderten Klippen von Eastbourne kann die Lage vielleicht so aussehen, wie oben dargestellt. Aber in der Entwicklung des Klassenkampfs ist die Lage völlig anders Die Entwicklung des Massenbewusstseins in Großbritannien während des Krieges ging in Richtung eines „sozialistischen" und, ja … sogar eines „kommunistischen" Bewusstseins.

Unter den ArbeiterInnen in den Reihen der Streitkräfte, unter breiten Schichten der Mittelschichten, hat eine wachsende Gärung und ein Prozess der Radikalisierung stattgefunden. Es gab seit vielen Jahrzehnten keine Periode in Großbritannien, in denen die Köpfe der Massen so empfänglich für die revolutionären Ideen und revolutionären Perspektiven gewesen sind. Die objektiven und selbst in gewissem Sinne subjektiven Bedingungen für die sozialistische Revolution reifen bereits in Großbritannien. Es kann ohne Übertreibung gesagt werden, dass der Boden für das schnelle Wachstum des Trotzkismus innerhalb der britischen Arbeiterklasse günstiger als zu jeder Zeit in der Geschichte unserer Bewegung ist. Es gibt eine wachsende und weitverbreitete Kritik und Mangel an Vertrauen in der herrschende Klasse.

Das gegenwärtige Kräfteverhältnis zwischen den Klassen ist völlig untergraben worden. Dies wiederum hat seine Wirkung innerhalb der Reihen der herrschende Klasse, wo sich Unterschiede und Spalten aufgetan haben. Wir sind in einer vorrevolutionären Lage. Mit einer richtigen Politik können wir ein gutes Sprungbrett für einen großen Sprung im Einfluss in der kommenden Periode bekommen. Hier sehen wir, warum die WIL in der gegenwärtigen Umgebung wesentliche, wenn auch bescheidene Fortschritte gemacht hat, während die RSL zurückgegangen und zerfallen ist.

Aber um aus der Lage Vorteil zu ziehen, ist es notwendig, den Prozess zu verstehen, der stattfindet, und die Weise, in der sich das Massenbewusstsein entwickelt. Mit einer Miene von selbstzufriedener Ungläubigkeit verkündet die RSL „Da ist kein Missverständnis des Satzes möglich. Er bedeutet, dass die ArbeiterInnen das Recht des Kapitalismus in Frage stellen, als das System dieses Landes weiterzubestehen…" Wenn dies bedeutet, dass wir sagen, dass die ArbeiterInnen jetzt ernsthaft eine sozialistische Revolution wünschen, ist es Unsinn. Aber es ist ohne Zweifel wahr, dass die ArbeiterInnen sich unbewusst in diese Richtung bewegen. Ja, GenossInnen, wir erklären definitiv, dass die ArbeiterInnen beginnen, das Recht des Kapitalismus in Frage zu stellen, als das System dieses Landes weiterzubestehen.

Nur hoffnungslose Scholastiker würden versuchen, ein starres Muster festzulegen, von dem die Ereignisse nicht abweichen. Die RSL stellt die ArbeiterInnen dar, als ob sie in einem Zustand von heftigem und hysterischem Chauvinismus wären. Sie verweisen triumphierend auf die unbestreitbare Tatsache, dass die überwältigende Mehrheit der Massen noch den Krieg unterstützt. Aber sie tun dies aus Sehnsucht, ihre Rechte und ihre Organisationen gegen die Zerstörung zu verteidigen und überhaupt nicht aus einem Wunsch, die Kapitalistenklasse zu verteidigen.

Es ist schade, dass die RSL nie die Frage stellt: wenn ihr mechanisches Schema korrekt ist, warum führten dann die Niederlagen des britischen Imperialismus in der Vergangenheit nicht die Massen zur Forderung nach „Frieden", sondern im Gegenteil zur Sehnsucht, den Krieg „effizienter und offensiver geführt zu sehen"? Sie erklären auch nicht, warum die ArbeiterInnen, die den Krieg unterstützen, gegenüber der herrschende Klasse trotz der Siege immer kritischer geworden sind, wie sich in den Nachwahlergebnissen und der erhöhten Zahl Streiks zeigt. Jedes pseudosozialistische Programm hat bei Nachwahlen große Unterstützung gegen Regierungskandidaten gesichert. Der Common Wealth, der die Bewegung des Kleinbürgertums hin zum Proletariat widerspiegelt, hat Erfolge in den traditionellen Tory-Hochburgen erzielt. Die „Times" sieht darin ein unheilverkündendes „Vorzeichen" des Gefühls der Massen. Die „revolutionären MarxistInnen" der RSL sind unfähig, diese richtige Einschätzung zu machen. Es gibt buchstäblich nicht eine einzelne feste soziale Stütze innerhalb der Bevölkerung, auf die sich die Bourgeoisie in einer sozialen Krise sicher verlassen könnte. Die Staatsbediensteten verletzen in einer Gewerkschaft nach der anderen das Gesetz über Arbeitskonflikte. Sogar die Polizei blieb durch die vorherrschende Stimmung innerhalb der Bevölkerung nicht unberührt.

Der Beveridge-Entwurf wurde genau vorgestellt, um diese Stimmung unter den Massen abzulenken. Millionen ArbeiterInnen sind skeptisch gegenüber den Kriegszielen der herrschenden Klasse im Krieg und den Ergebnisses eines britischen Sieges. Aber sie unterstützen noch den Krieg. Ist es, weil sie einen Hass auf die „Hunnen" haben, wie die RSL uns glauben lassen möchte? Im Gegenteil unter den breiten Massen ist solch ein Gefühl nicht vorhanden, besonders unter denen, die in der Labour- und Gewerkschaftsbewegung organisiert sind. Und wie um die Haltung der RSL zu verspotten, fielen die Siege der britischen Armeen in Nordafrika mit Streiks und Unruhen im ganzen Land wegen Lohnfragen zusammen.

Nach der RSL-Version hätte das Entgegengesetzte stattfinden sollen. In Wirklichkeit gibt es hier keinen Widerspruch. Die Massen unterstützen den Krieg, weil sie keine Alternative sehen können. Inzwischen wartet der Klassenkampf nicht. Hier ist der Schlüssel zur Stimmung in Großbritannien, das der Alte so klar sichtbar machte. Die Massen werden gegenüber dem Kapitalismus und Imperialismus kritisch, aber fühlen sich durch Furcht vor den Folgen eines Nazisieges gelähmt. Die [proletarische] Militärpolitik und die Schriften des Alten geben uns die Waffe, die die Antwort zu den Fragen liefert, die die Massen beschäftigen.

Die Führung des RSL unterstützt immer noch die Idee der Agitation für eine Labour-Machtübernahme. Wie kommt es, dass sie etwas unterstützen, was nach ihrer Argumentationsweise offensichtlich eine „chauvinistische" Forderung sein müsste? Und sie haben das während dem ganzen Kriegsverlauf getan. Die Labour-Führung ersehnt bei Weitem keinen „Frieden", sogar der sogenannte linke Flügel vom Typ Shinwell und Bevan ist eifriger als sonst jemand in seiner Unterstützung des Krieges. Die RSL redet von einem großen Zulauf zu Labour, der in der folgenden Periode stattfinden wird. Dies ist richtig, aber sie haben nicht verstanden oder erklärt, warum dies so ist. Der erste große Zustrom der ArbeiterInnen nach links, ein Prozess, der bereits in seinen Anfängen ist, wird wegen der Unzufriedenheit mit dem Kontrast zwischen ihrem eigenen Zustand und den Profiten und Privilegien der Kapitalistenklasse kommen. Es würde überhaupt keine Antikriegsbewegung als solche sein. Trotz der uneingeschränkten Unterstützung des Krieges durch die Labour Party werden sich die Massen unvermeidlich in Richtung zur Labour Party bewegen. Eine revolutionäre Situation entsteht nicht, wenn die Massen an einem Tag hysterische Patrioten sind und am folgenden überglücklich Frieden fordern. Ihre Forderungen werden sich in Druck auf der Führung der Massenorganisationen widerspiegeln. Heute spiegelt sich dieser Druck in der Bewegung für ein Ende des politischen Waffenstillstands [mit den Konservativen und Liberalen] wider. Aber das Wachstum des Massengefühls für das Ende der Koalition drückt sich als Reaktion gegen die Unterstützung für die Bourgeoisie aus, nicht gegen Unterstützung für den Krieg. Welches Programm schlägt die RSL uns vor, das wir unter den Massen als Programm für die Labour-Regierung entwickeln sollten? Ein Programm für sofortigen Frieden?

Während die Furcht vor einem Sieg Hitler nachlässt, wächst die Forderung der Massen nach Verbesserungen und Zugeständnissen. Dies ist besonders so, da breite Schichten erkennen, dass ein Sieg und das Ende des Krieges nicht ihre Bedingungen verbessern, sondern Massenarbeitslosigkeit und weitverbreitetes Elend ergeben wird. Trotz der Ideen der RSL sind die Erfahrungen des letzten Krieges und seine Folgen nicht vergangen, ohne Spuren im Bewusstsein der Arbeiterklasse zu hinterlassen. Die Notwendigkeit für MarxistInnen ist, die widersprüchlichen Stimmungen zu zergliedern und zu finden, was in ihnen fortschrittlich ist, und die Änderungen in der Psychologie und der Bewegung der Massen zu verstehen.

Der Versuch der Labour- und Gewerkschaftsführer, ihre Versprechungen an die Arbeiterklasse demagogisch zu prachtvollen Aussichten nach dem Krieg zu steigern, erzielt bei Weitem keinen aufregenden Erfolg. Die Stalinisten fangen an, die Quittung ihrer streikbrecherischen und arbeiterfeindlichen Tätigkeit in Form von wachsender Feindseligkeit der ArbeiterInnen ihnen gegenüber zu ernten. Und dies, trotz ihrer Versuche, chauvinistische Gefühle hochzupeitschen und zu verstärken und trotz der weitverbreiteten Sympathie für den Sowjetunion. Es gab letztes Jahr die meisten Streiks seit vielen Jahren, angesichts der unzählbaren Schwierigkeiten und Hindernisse, die den Arbeitern durch die Stalinisten und den Labour-Bürokraten in den Weg gelegt wurden. Kaum ein Anzeichen für ruhige Verhältnisse in Großbritannien!

Aber in einem Faktor sehen wir die erstaunliche Reife der Arbeiterklasse besser als irgendwie sonst demonstriert: die weitverbreitete kritische Haltung nicht nur gegenüber der Bourgeoisie, sondern gegenüber den Labour-Führern. Dieses ist kein isoliertes Phänomen, sondern umfasst große Teile der organisierten und unorganisierten ArbeiterInnen, in der Wirtschaft und in den Streitkräften. Breite Teile der ArbeiterInnen haben keine Illusionen in die Gewerkschaftsbürokraten, dennoch lässt ihr Klasseninstinkt und -solidarität sie trotzdem an ihren Organisationen festhalten. Für jetzt dulden sie sie mangels einer Alternative.

Die ganze Lage verlangt dringend, dass wir uns auf die Explosionen vorbereiten, die sich entwickeln, indem wir verstehen, was in der objektiven Entwicklung der Ereignisse und der subjektiven Reaktion auf sie im Bewusstsein der Arbeiterklasse stattfindet. Die revolutionäre Minderheit kann sogar jetzt eine Rolle spielen, und einen mächtigen Einfluss auf die kommende Revolution sichern. Dass wir in einer Periode der schwarzen Reaktion und des Chauvinismus innerhalb der Arbeiterklasse sind, kann nur die Meinung von Sektierern sein, die überhaupt keinen Kontakt mit der Arbeiterklasse haben.

Die Labour-Party-Taktik

Die Haltung gegenüber der Labour Party und gegenüber den Massenorganisationen liefert den Schlüssel für die Politik jeder Organisation in Großbritannien, die den Anspruch erhebt, revolutionär zu sein. Eine unrichtige Haltung in dieser Frage wäre für eine revolutionäre Tendenz fatal, besonders für eine, die so schwach und unerfahren ist wie unsere eigene.

Um die Isolation der schwachen revolutionären Kräfte zu überwinden, wurde die Taktik des „Entrismus" von der Vierten Internationale entwickelt. Sie wurde in verschiedenen Ländern mit wechselndem Erfolg angewandt. Aber in allen Ländern wurde sie als vorübergehende Taktik betrachtet, um die Bildung einer revolutionären Partei zu erleichtern. In keinem Fall hat sie länger als ein paar Jahre gedauert. In der Tat würde die ganze dieser Taktik zugrunde liegende Konzeption verletzt, wenn die Idee des ständigen und halbständigen Aufenthalts in einer zentristischen oder reformistischen Organisation die Handlungen der Revolutionäre durchdringen würde. Es ist eine Taktik und so eine erfordert regelmäßige Untersuchung, um die erreichten Ergebnisse zu betrachten, die Möglichkeiten von fruchtbaren Ergebnissen in verschiedene Richtungen, wenn verschiedene Taktiken angewandt würden, etc.

Das Wesen des Marxismus besteht in der Unterwerfung der eigenen Strategie und Taktik unter den Test der geschichtlichen Ereignisse und der Vornahme der notwendigen Korrekturen und Änderungen, wenn sie durch solche Ereignisse verlangt werden. Deshalb riet der Alte den britischen TrotzkistInnen 1936, die Taktik der Arbeit in der ILP zu beenden und sich der Labour Party zuzuwenden. In dieser Periode stagnierte und zerfiel die ILP; die TrotzkistInnen machten in der ILP wenig Fortschritte und stagnierten auch. Es gab eine Reihe von Gründen dafür außer der objektiven Lage in der ILP (auf die hier nicht eingegangen werden kann). Genosse Trotzki nahm den Zusammenbruch der ILP als Ergebnis ihrer sektiererischen Isolierung vorweg und schlug den Eintritt in die Labour Party vor. Das war damals richtig, aber die folgenden Ereignisse erforderten eine weitere Untersuchung der Frage. Um nur einen einzigen Faktor zu erwähnen: durch den Gang der Ereignisse ist die ILP nicht von der Bildfläche verschwunden, wie der Alte voraussagte, sondern hatte eine vorübergehende Wiedergeburt und Zunahme an Einfluss.

Aber die RSL möchte die Taktik aus einem vorübergehenden Notbehelf in ein ewiges Prinzip verwandeln. Mit hochmütigem Getue verweisen sie darauf, dass Trotzki und das IS 1936 die Taktik des Eintritts in die Labour Party aufwarfen. Das heißt: vor sieben Jahren. Und was für Jahren! Die Welt wurde in den Krieg getunkt, Reiche sind verschwunden, wir treten in eine Periode revolutionärer Krämpfe ein. Die ganze Entwicklung der Gesellschaftsbeziehungen in Großbritannien hat kräftige Schläge erlitten und mit ihnen haben die Perspektiven für die Entwicklung von Parteien, Klassen und Gruppen tiefgreifende und weitreichende Änderungen erfahren. Aber für die RSL-Sektierer hat sich nichts geändert. Ihre ruhige und ereignislose „Arbeit in der Labour Party", die sie 1936 durchführten, bleibt 1943 die Grundlage ihrer „Tätigkeit"

Um die Richtigkeit ihrer. Haltung zu stützen, zitieren sie mit einer Miene der Befriedigung aus den 1938 veröffentlichten „Thesen der WIL":

„Für die Labour Party, so wie sie in der bürgerlichen Demokratie funktioniert, sind die Wahlzeiten Kriegszeiten und in den Friedenszeiten zwischen den Wahlen wird sie ein bloßes Skelett, das von ihren individuellen, gewerkschaftlichen und genossenschaftlichen Mitgliedern passiv unterstützt wird. Gegenwärtig wird abgesehen von dem passiven Kräuseln der Wasseroberfläche durch Nachwahlen ihre Arbeit nur von einer kleinen Minderheit durchgeführt, die hauptsächlich aus der Bürokratie besteht, ein paar verstreuten ehrgeizigen Karrieristen, ein paar Veteranen, die die Bürokratie unterstützen, und den von außenstehenden Organisationen hineingeschickten Fraktionen." [Wir würden beiläufig bemerken, dass das kaum „eine Organisation in flüssigem Zustand ist … in der das politische Leben sehr erregt ist" und „wo sich die Mitgliedschaft ständig nach links bewegt!"] Die Massenmitgliedschaft, für deren Nutzen sie angenommen ist, sind [sic] merklich abwesend im Publikum … aber das macht die Tätigkeit der revolutionären SozialistInnen in der Labour Party keineswegs negativ, sondern gibt ihnen in Friedenszeiten ein politisches Gewicht, das in keinem Verhältnis zu ihrer zahlenmäßigen Stärke steht … Wenn die Krise wachsende Zahlen von ArbeiterInnen von passiver zu aktiver Unterstützung der Labour Party zwingt, werden sie in der Partei einen Kern finden, um den sie sich sammeln können und Wachstum der Partei bedeutet Wachstum des Linken Flügels."

Zu der Zeit, als diese Worte geschrieben wurden, schien diese Bewertung der Entwicklung der Labour Party die wahrscheinlichste. Es ist natürlich wahr, dass die Labour Party ein Skelett einer Organisation blieb. Aber das macht die Taktik des Eintritts, die in „Vorbereitung auf die Macht" beschrieben wird, keineswegs wertlos. Zu dieser Periode war es eine Frage der Schaffung von Unterstützungspunkten im kommenden Schlachtfeld der Labour Party; die Vorbereitung im Voraus auf den Zustrom von Mitgliedern von dem wir zu Recht oder Unrecht annahmen, dass er in der unmittelbar bevorstehenden Periode annahmen, dass er stattfinden würde. Die Ereignisse haben sich jedoch anders entwickelt. Was sollte man dann machen? Der Wirklichkeit den Rücken zukehren und sich verbissen an eine offensichtlich hinfällige Konzeption klammern? Dies ist die RSL-Methode. Es ist nicht die Methode des Bolschewismus.

Der Krieg und die Ereignisse des Krieges haben die Entwicklungslinie des Bewusstseins der ArbeiterInnen völlig abgeschnitten und ihr eine andere Richtung gegeben, als man es vorhersehen konnte. Das kann oder wird die RSL nicht verstehen. Wir sehen dies aus den folgenden Erklärungen:

„Die WIL gibt zu, dass „in einem späteren Stadium" die ArbeiterInnen „sich der Labour Party zuwenden werden". Sie geben zu, dass gegenwärtig die einzige Bewegung im betrieblichen Bereich ist. Aber obwohl sie zugeben, dass der politische Ausdruck dieser betrieblichen Bewegung zuerst durch die LP kommen wird, weigern sie sich, die ArbeiterInnen heute auf die LP zu orientieren, das heißt diese Bewegung zu erleichtern und zu beschleunigen. Sie fürchten, dass wenn sie das machen, sich die ArbeiterInnen der KP und der ILP zuwenden werden, obwohl sie schon zugestimmt haben, dass sich die ArbeiterInnen der Labour Party zuwenden werden."

Was bedeutet „Orientierung" der ArbeiterInnen auf die Labour Party genau? Wenn sie vorschlagen, dass der grundlegende Kern der ArbeiterInnen für die Unterstützung der Labour Party gewonnen werden soll, dann vergeudet die RSL Zeit. Die organisierten ArbeiterInnen in Großbritannien haben die Labour Party seit Jahrzehnten unterstützt. Wen die Idee dahinter ist, dass die Labour Party an die Macht gestoßen werden soll, um die Entlarvung der Labour-Führer zu erleichtern, dann ist die Ausdrucksweise ziemlich zweideutig..

Es ist völlig klar, dass sich die ArbeiterInnen in einem gewissen Stadium der Labour Party zuwenden werden. Aber welche ArbeiterInnen? Der Prozess wird kein einfacher sein. Wenn sich die rückständigeren Elemente auf die Labour Party zu bewegen, werden sich gleichzeitig die fortgeschritteneren Elemente von ihr wegbewegen und nach einer anderen Alternative suchen. Das ist gegenwärtig der Fall in Bezug auf ein paar der besten AktivistInnen.

Die Erfahrung von zwei Labour-Regierungen und die gegenwärtige Kollaboration in der Regierung ist nicht ohne ein paar tiefsitzende Wirkungen vorübergegangen. (Wir können beiläufig sagen, dass die RSL die durch und durch dumme Losung einer „Dritten Labour-Regierung" nicht aufgegeben hat, trotz der Kritik des IS, dass sie fallengelassen werden sollte, weil er „eine Kontinuität zu den kläglichen Erfahrungen der Vergangenheit" anzeigt. Aber das diskutieren wir hier nicht.) Gegenwärtig zieht die ILP ein paar der fortgeschritteneren ArbeiterInnen an. Die Stalinisten auf der anderen Seite ziehen eine Reihe von rückständigen ArbeiterInnen an, während sie früher die besten und bewusstesten kämpferischen Industriearbeiterinnen gewonnen haben. Inzwischen werden die besten Elemente innerhalb der KP in großer Zahl desillusioniert und verlassen die Partei oder werden wegen Opposition gegen stalinistische Politik ausgeschlossen. Diese ArbeiterInnen bilden einen Teil der Blüte der Arbeiterklasse. Mit richtiger Politik können sie völlig von stalinistischen und zentristischen Führungen gebrochen werden, aber sie werden sich nicht der Labour Party zuwenden. Sie können apathisch werden oder sich einer rein syndikalistischen Tendenz zuwenden, aber sie werden sich nicht der Labour Party zuwenden.

Für die Arbeiterklasse als ganze bleibt die strategische Losung „Labour an die Macht" als Mittel der Mobilisierung der Massen zum Kampf und ihrer Schulung in der Vergeblichkeit des Reformismus durch ihre eigenen Erfahrungen. Aber das steht nicht im Widerspruch zur Gewinnung der fortgeschritteneren Elemente direkt für unsere Reihen, die schon mit dem Reformismus desillusioniert sind. Als „sozialistische Linke in der Labour Party" könnten wir nicht erwarten, bei diesen Elementen Gehör zu finden.

Aber wie immer ist die sektiererische RSL-Führung unfähig, mehr als zwei Farben im sozialen Spektrum zu unterscheiden. Sie sagen von unserem Dokument:

„Aber bezüglich der selben Frage der Wendung der ArbeiterInnen zur LP in einem gewissen Stadium in ihrem Kampf finden wir im WIL-Dokument eine gewisse Doppeldeutigkeit, die stark nach der „doppelten Buchführung" des Stalinismus der Dritten Periode schmeckt … Alle diese Erklärungen haben offensichtlich die Absicht, die zuerst zitierte Erklärung in Zweifel zu ziehen, dass sich die Massen der LP zuwenden werden."

In Wirklichkeit gibt es nicht die kleinste Doppeldeutigkeit oder „doppelte Buchführung" in der Haltung der WIL, sondern einen Versuch, das Problem der Massenbewegung aus dem Blickwinkel seiner vielseitigen und komplizierten Entwicklung anzugehen. Eine Massenbewegung entwickelt sich nie einfach in eine Richtung, in der sie von der RSL gemalt wird: keineswegs. Sie enthüllt sich selbst auf widersprüchliche und verschiedenartige Weisen. Letztlich, was ist die ganze Grundlage für die geschichtliche Notwendigkeit einer revolutionären Partei? Unter anderem die Tatsache, dass weder die Gesellschaft noch die Arbeiterklasse einheitlich ist.. Die verschiedenen Schichten in der Arbeiterklasse entwickeln zu verschiedenen Zeiten, an verschiedenen Orten und auf verschiedenen Ebenen ein revolutionäres Bewusstsein Die Arbeiterklasse enthält fortgeschrittene, rückständige gleichgültige und träge Schichten, die mit verschiedenen Mitteln ihren Weg zur Revolution finden. Nahezulegen, dass die ganze Arbeiterklasse sich gleichzeitig der Labour Party zuwenden wird, ist formalistischer Unsinn. Aber das ist die einzige Schlussfolgerung, die aus der Erklärung der RSL gezogen werden kann. Für sie ist die dialektische Herangehensweise „doppelte Buchführung".

Unsere gegenwärtige Orientierung bedeutet nicht, dass es nicht in einem späteren Stadium notwendig sein kann, alle unsere Kräfte in die Labour Party zu schicken. Das ist eine Möglichkeit, die aber unwahrscheinlich scheint. Aber vorzuschlagen, dass wir das jetzt machen, ist äußerst leichtfertig und zeigt Mangel an Ernsthaftigkeit gegenüber der Frage des Parteiaufbaus. Wenn die Frage des Entrismus größere Bedeutung erlangt, wäre der Eintritt in die ILP viel wahrscheinlicher, der Anschluss der ILP an die Labour Party, der jetzt die wahrscheinlichste Entwicklung zu sein scheint, wird das Phantasiegebilde der „sozialistischen Linken in der Labour Party" wegwischen. Es ist ziemlich offensichtlich, dass die ILP automatisch der linke Flügel werden würde, der die sich nach links bewegenden Labour-ArbeiterInnen an sich anziehen würde. Aber selbst dies kann nur durch das Kräfteverhältnis in der Zukunft bestimmt werden.

Als Höhepunkt ihres Arguments erklärt die RSL:

„Die WIL oder ihre Führer haben bisher nicht den Mut gehabt, offen schriftlich zu leugnen, dass sich die ArbeiterInnen erst der Labour Party zuwenden werden, aber sie bereiten den Weg dafür vor. Wir werden in Zukunft vielleicht hören, dass die Massen die LP-Phase „überspringen" und sich direkt der WIL zuwenden!"

Es mag die RSL-Führer überraschen, aber manchen ArbeiterInnen wenden sich direkt … der WIL zu: und die sind zweifellos das beste Material für den Bolschewismus. Nicht nur das, aber die WIL sieht zuversichtlich voraus, dass die besten ArbeiterInnen in der Zukunft in großer Zahl den Schritt unternehmen werden, ohne Ehrfurcht vor der schematischen Idee der RSL, wie sie sich entwickeln sollten.

Die ganze Methode ihrer Herangehensweise an die entristische Taktik ist durch und durch falsch. Sie enthüllt eine völlig opportunistische Herangehensweise an das Problem der Gewinnung der ArbeiterInnen für den Trotzkismus. Nirgendwo sonst auf der Welt haben die Trotzkisten sich, wenn sie Entrismus betrieben haben, sich wie der „linke Flügel" betragen, getrennt und losgelöst von der offenen Selbstcharakterisierung als TrotzkistInnen. Die RSL allein hat das gemacht.

Es ist interessant, ein Zugeständnis in ihrer Antwort auf uns festzuhalten, das ihre gegenwärtige Isolierung enthüllt. Sie sagen:

Die WIL gibt zu, dass „in einem späteren Stadium" die ArbeiterInnen „sich der Labour Party zuwenden werden". Sie geben zu, dass gegenwärtig die einzige Bewegung im betrieblichen Bereich ist. …" Es besteht damit Übereinstimmung, dass es gegenwärtig eine Bewegung der Massen gibt und dass sie außerhalb und nicht innerhalb der Labour Party ist. Die Labour Party ist gegenwärtig mehr oder weniger tot, also muss die Aufmerksamkeit von ernsthaften TrotzkistInnen dem Bereich gewidmet werden, wo die Tätigkeit und der Arbeitsbereich offensichtlich sind.

Sie setzen ihre Argumentationslinie von oben fort und sagen:

„Aber obwohl sie zugeben, dass der politische Ausdruck dieser betrieblichen Bewegung zuerst durch die LP kommen wird, weigern sie sich, die ArbeiterInnen heute auf die LP zu orientieren, das heißt diese Bewegung zu erleichtern und zu beschleunigen. …"

Damit sagt die RSL selbst, dass, egal wie die Orientierung in der Zukunft sein mag, die Arbeit in der der gegenwärtigen Periode außerhalb der LP liegt, in den Gewerkschaften und den Fabriken. Sie sagen, wir müssen an diese ArbeiterInnen mit dem Banner der Labour Party herangehen. Dies ist lächerlich. Ein Teil von ihnen sind schon formell Mitglieder und ein Teil ist aus einem fortschrittlichen Blickwinkel feindlich ihr gegenüber. Sie können von der Richtigkeit der Labour-an-die-Macht-Taktik überzeugt werden, aber gleichzeitig damit und aus unverzichtbarer Teil davon können müssen sie für den Trotzkismus gewonnen werden. Die wichtigste Aufgabe gegenwärtig und eine, von der wir sagen können, dass wir eine ganze Menge Erfolg haben, ist die Gewinnung von betrieblichen AktivistInnen und AktivistenführerInnen der Arbeiterklasse in unsere Reihen.

Diese betrieblichen AktivistInnen, die im betrieblichen Bereich scharf mit den Labour-Party- und Gewerkschaftsbürokraten zusammenstoßen, als Labour-Party-Mitglieder der „sozialistischen Linken" anzusprechen, würde sie nur verwirren. Das stellt die entristische Taktik auf den Kopf. Ursprünglich wurde die Taktik entwickelt, um unter den fortgeschrittensten ArbeiterInnen in einer reformistischen oder zentristischen Organisation zu arbeiten, auf die wir unsere Aufmerksamkeit richteten und für die wir vorübergehend einen hohen Preis des Verlust eines unabhängigen Banners zahlen mussten. Wir arbeiteten innerhalb der Organisationen als TrotzkistInnen. Jetzt bittet uns die RSL, die ArbeiterInnen außerhalb als „Labour-Linke" anzusprechen! Die Frage nur klar zu formulieren, zeigt die Absurdität der Stellung, in der die RSL gelandet ist, indem sie sich an eine Taktik klammerte, die die Geschichte schon als unrichtig für die gegenwärtige Periode erwiesen hatte.

Wenn man aus der Taktik des Entrismus einen Fetisch macht, ihn in ein mystisches Prinzip verwandelt, das außerhalb von Zeit und Raum steht, dann landet man manchmal bei den fantastischen Positionen der RSL. Zum Beispiel das Beharren der RSL auf der „kritischen" Unterstützung von Labour-Kandidaten gegen stalinistische und ILP-Antikriegskandidaten. Durch diese Haltung fanden sie sich, die prinzipienfesten und unversöhnlichen Revolutionäre in einer Stellung der kritischen Unterstützung der Nationalen Regierung [große Koalition], wegen der Koalition von Labour mit den Tories! Eine Stimmabgabe für einen Labour-Kandidaten konnte nur als eine Stimmabgabe für die Regierung und daher als Unterstützung für den Krieg interpretiert werden. So brachten sie sich in eine völlig opportunistische Haltung in der Kriegsfrage. (Hier können wir sagen, dass die WIL den stalinistischen und ILP-Antikriegskandidaten kritische Unterstützung gab; zu keiner Zeit haben wir pazifistische Kandidaten unterstützt, wie die RSL dem IS in einem Brief von 28. 7. 1942 vorlog)

Die Hauptidee des Entrismus, die Notwendigkeit der Arbeit in einem einzigen Arbeitsbereich unter gegebenen Umständen ist in unserem Dokument von 1938 in militärischer Ausdrucksweise zusammengefasst: „Volle Kräfte auf den Angriffspunkt." Wen man die Lage und die Aufgaben auf diese Weise formuliert, werden sie klarer. Es ist nicht ohne Bedeutung, dass die RSL der WIL die Frage nicht aus diesem Blickwinkel gestellt hat: Warum konzentrieren wir gegenwärtig unsere Kräfte nicht „mit voller Stärke auf den Angriffspunkt" in der Labour Party? Denn das würde zu der Antwort führen: „Es ist lächerlich, seine Armee in einem Krieg auf einen Frontabschnitt zu konzentrieren, wo keine Ergebnisse erzielt werden können. Heute ist der „Angriffspunkt" der betrieblich-gewerkschaftliche Bereich. Aber günstige Ergebnisse können durch die Übernahme von Guerillataktiken erzielt werden. Wegen der Entwicklung der Ereignisse eröffnen sich für uns gewaltige Arbeitsmöglichkeiten in jeder Richtung — den Gewerkschaften, der ILP, den Betrieben, der Vertrauensleutebewegung, und … selbst in der Labour Party.

Die Arbeit innerhalb der Labour Party zu konzentrieren, dem gegenwärtig unwichtigsten Feld, wäre selbstmörderisch. In der Politik führt wie im Krieg ein Kommandeur, der nicht die notwendigen Änderungen in den strategischen und taktischen Verwendungen seiner Leute treffen kann, wenn sich das Kräfteverhältnis geändert hat, seine Armee in die Niederlage. Solche Kommandeure sind die RSL.

Der Charakter der RSL

Bei der Lektüre des Abschnitts des RSL-Dokuments, der die Labour-Party-Taktik behandelt, springt die seltsame Verbindung von Ultralinkstum in der Kriegsfrage und opportunistischer Herangehensweise an das Problem der Arbeit in der Labour Party ins Auge. Es ist die Natur des Sektierertums, sich beim ersten ernsthaften Test in Opportunismus zu verwandeln.

Denn sie sind zwei Seiten der selben Medaille. Aber die RSL schafft es, beide gleichzeitig in ihrer Politik zu verbinden. Zuerst scheint dies unglaublich. Eine sektiererische Politik von sogenannten „revolutionärem Defätismus", der völlig losgelöst von der Arbeiterklasse und dem Klassenkampf ist … und obendrein hinein in die Labour Party! Aber die Lösung ist ziemlich einfach. Die RSL sind Sektierer, aber von einem merkwürdigen Typ. Es liegt im Charakter kleiner sektiererischer Gruppen, ihre Mängel in der Politik durch das Zurschaustellen von gewaltiger Aktivität zu überdecken, zumindest für eine gewisse Zeitperiode, bevor sich ihre Kräfte in den vergeblichen Bemühungen abnutzen.

Aber trotz ihren Sektierertum könnte man einen solchen Vorwurf gegen die RSL nie erheben. Und dies ist das Geheimnis ihrer Politik. Nie hat die RSL ihre Politik in der Praxis auf konsequente Weise irgendwo in den Reihen der Arbeiterklasse angewandt. Folglich kann der äußerste Opportunismus sich an das äußerste Sektierertum kuscheln, ohne dass es irgendwelchen ernsthaften Erschütterungen gibt.

Denn sie gehen nie von Worten zu Taten über. Jemand mit der kleinsten Bekanntschaft mit Labour-ArbeiterInnen, ihrem Erscheinungsbild und ihrer Herangehensweise an Probleme kann sehen, dass jeder Versuch, die gegenwärtigen Ideen der RSL einzubringen, wahnsinnig wäre. Aber die RSL überwindet diese kleine Schwierigkeit sehr einfach. Sie bringen ihre ach so radikale Politik in der Labour Party nie vor. Das würde die Grenzen der Fraktionsarbeit überschreiten! Innerhalb der Labour Party handeln sie als „sozialistische Linke". Ihre „rrrevolutionäre" Politik zum Krieg bleibt in den vier Wänden ihrer Schlafzimmer. Folglich können sie so radikal sein, wie sie wollen. Die Welt geht weiter wie üblich und sie können besser schlafen, nachdem sie ihre revolutionäre Pflicht getan haben. Aber die Sache hört hier nicht auf. Die Labour Party ist gegenwärtig fast tot. Wenn sich die Wahlkreisverbände und Stadtteilgruppen überhaupt treffen, dann sehr unregelmäßig. Das verpflichtet Leute, die „Tätigkeit innerhalb der Labour Party" durchführen zu wenig. In der Praxis bedeutet Arbeit in der Labour Party sehr wenig Arbeit. Das passt der Führung der RSL ausgezeichnet. Alle ihre großartigen Phrasen sind nur ein Ausgleich für ihre Sterilität und Ohnmacht.

Letztlich liegt die Grundlage der Irrtümer der RSL-Führung in ihrer kleinbürgerlichen Mentalität. Sie führen ihre Politik in einem Milieu der Trägheit, des Klatsches und des Diskussionsklubs durch. Kein ernsthafter Versuch wird unternommen, eine Partei zu schulen und zu organisieren, die der Aufgaben wert wäre, die vor ihr stehen. Ihre Politik ist ein Produkt der Isolation und der Entfremdung von der Arbeiterklasse. Statt einer wachsenden und zunehmenden Mitgliedschaft degeneriert sie und stagniert. Wenn keine radikale Änderung in der Politik und den Arbeitsmethoden gemacht wird, wird sie zerfallen. Als Faktor auf der politischen Bühne hat sie geringere Bedeutung als damals, als der Krieg begann. Fortsetzung des gegenwärtigen Kurses wurde zu völligem Verschwinden von der Bühne führen.

Jahrelang drosch die RSL auf der Frage der „Einheit" der trotzkistischen Kräfte in Großbritannien herum. Jetzt, da die Frage in scharfer Weise auftaucht, haben die Führung und noch mehr die Mitgliedschaft der RSL eine Verantwortung in dieser Frage. Was mehr ist, Einheit muss der erste Schritt zum Arbeiten sein. Es ist Zeit, frische Luft in die stagnierende Atmosphäre der RSL zu lassen. Die Mitgliedschaft beider Organisationen muss sich im tatsächlichen Feld des Klassenkampfes vereinigen und gemeinsam die Politik der Vierten Internationale durchführen.

Die Lage war in Großbritannien noch nie so günstig für unsere Tendenz wie die sich eröffnende Periode. Die Auflösung der Komintern eröffnet ein neues Stadium in der Geschichte der Vierten Internationale. Die Gründungskonferenz nahm das Übergangsprogramm an, das von unserem großen Lehrer entwickelt wurde, genau wegen dem neuen Stadium in der Entwicklung der Vierten Internationale. Die revolutionären InternationalistInnen in Großbritannien müssen sich dieser neuen Lage anpassen. Die sektiererischen und opportunistischen Positionen, sowohl bezüglich der Labour-Party-Taktik als auch bezüglich des Krieges, müssen aufgegeben werden. Im Übergangsprogramm behandelt Genosse Trotzki die Sektierer folgendermaßen:

„Die Mehrzahl der sektiererischen Gruppen und Cliquen dieser Art, die sich von den Brotkrumen der IV. Internationale ernähren, führen eine organisatorisch „unabhängige" Existenz, voll höchster Ansprüche, aber ohne geringste Aussicht auf Erfolg. Die Bolschewiki-Leninisten können, ohne ihre Zeit zu verlieren, diese Gruppen ruhig ihrem eigenen Schicksal überlassen. Jedoch befinden sich sektiererische Tendenzen in unseren eigenen Reihen und üben auf die Arbeit bestimmter Sektionen einen verhängnisvollen Einfluss aus. Das ist eine Sache, die keinen Tag länger geduldet werden darf. Eine richtige Politik in bezug auf die Gewerkschaften ist eine Grundvoraussetzung für die Zugehörigkeit zur IV. Internationale.

Wer den Weg der Massenbewegung weder sucht noch findet, der ist kein Kämpfer, sondern eine Belastung für die Partei. Ein Programm wird nicht für eine Redaktionsstube gemacht, sondern für die revolutionäre Aktion von Millionen Menschen. Die Säuberung der Reihen der IV. Internationale vom Sektierertum und den unverbesserlichen Sektierern ist die wichtigste Voraussetzung für revolutionäre Erfolge."

Die falsche Politik der RSL-Führung kann und darf nicht beibehalten werden. Zusammen mit der WIL muss die RSL die Partei der Vierten Internationale in Großbritannien aufbauen. Einen anderen Kurs einzuschlagen, wäre fatal für die RSL: Wir appellieren an die Mitgliedschaft der RSL, die Verhandlungen zu beschleunigen und Einheit auf einer prinzipienfesten bolschewistischen Grundlage sicherzustellen.

Politisches Büro, WIL

7. Juni 1943