Quelle: Lunapark21, Mai 2019.
Kopiert mit Dank aus der Lunapark21-Webseite.
Transkription & HTML-Markierung: Einde O’Callaghan für das Marxists’ Internet Archive.
Elektromobilität wird vielfach als etwas dargestellt, das „von außen“ kommt, was der traditionellen Autobranche gar aufgezwungen werden müsste. Das ist nicht der Fall. Die „traditionelle“ Autoindustrie selbst setzt massiv auf „Elektromobilität“. Sie tut dies als Resultat einer spezifischen Konstellation in der Weltautoindustrie. Dabei spielt nicht das Klima, sondern China die entscheidende Rolle.
In den USA entwickelte sich vor 120 Jahren eine Autoindustrie, die mit den Konzernen Ford und General Motors binnen kurzem die motorisierte Mobilität dominierte, die Eisenbahnen kastrierte und zur entscheidenden Industriebranche aufrückte. Dieser American way of mobility wurde im weltweit Kapitalismus reproduziert, auch weil die USA nach dem Zweiten Weltkrieg zum Hegemon aufrückten. Und so fand Vergleichbares vor sechzig Jahren in Westeuropa, vor fünfzig Jahren in Japan, vor vierzig Jahren in Südkorea und vor zwanzig Jahren in China statt. Doch während die US-Autokonzerne GM und Ford, die europäischen Autokonzerne VW, Daimler, PSA, Renault, Fiat-Chrysler und BMW, die japanischen Autokonzerne Toyota, Nissan, Honda und Suzuki und das südkoreanische Unternehmen Hyundai sich auch heute noch in der Gruppe der weltweit maßgeblichen Autokonzerne befinden, gelang es keinem einzigen chinesischen Autohersteller, in diesen elitären Kreis aufzurücken.
Warum das so ist, wäre eine vertiefende Untersuchung wert; diese kann hier nicht geleistet werden. Die knappe Zeitspanne, die zwischen dem Auftauchen Chinas als Weltmarktmacht und heute liegt, kann dafür nicht die Ursache sein. Der Aufstieg der Autobauer aus den USA, aus Japan, aus Westdeutschland und aus Südkorea zur Weltspitze fand jeweils binnen eines Jahrzehnts statt. Die Ursache dafür kann auch nicht darin liegen, dass in China in jüngerer Zeit eine nichtkapitalistische Wirtschaftsordnung in eine kapitalistische Ökonomie transformiert wurde. Denn auf anderen strategisch wichtigen Gebieten gelang China ein solcher Vorstoß an die Spitze der jeweiligen Weltbranchen: so mit Lenovo im Bereich der PC-Fertigung, so mit Huawei im Bereich der Telekommunikations- und der Smartphone-Technologie und so im Bereich Bahntechnik mit CRRC, dem Hersteller von Hochgeschwindigkeitszügen.
Betrachtet man sich in den Tabellen 1 und 2 die regionale Verteilung der Weltautoproduktion im Zeitraum 1999 bis 2016 und die zwölf weltweit größten Autokonzerne – hier im Zeitraum 1989 bis 2016 – dann ergibt sich ein interessantes Bild.
Tabelle 1 zeigt: Der Anteil der in den USA, Japan, Südkorea und Europa gefertigten Autos an der Gesamtzahl der weltweiten Autoherstellung ging seit 1999 dramatisch zurück – von knapp 80 Prozent auf 47 Prozent. Zunehmend entwickeln sich China und Indien zum neuen Zentrum der Autofertigung. Der Anteil dieser zwei Länder an der Weltautoproduktion stieg von 4,6 Prozent 1999 auf 35,6 Prozent 2016; er hat sich allein in diesem Zeitraum knapp verachtfacht.
Im Unterschied zu diesem umgepflügten Produktionsfeld gab es bei den Konzernen, die diese Autos herstellen, wesentlich weniger Veränderungen. Die zwölf weltweit größten Autohersteller, die hier als das „Schmutzige Dutzend“ bezeichnet werden, kontrollierten Ende der 1990er Jahre 86,6 Prozent der weltweiten Autoherstellung. 2005 waren es 80,3 Prozent. Auch 2016 konzentrieren diese mehr als drei Viertel (76,2 %) der Weltautoherstellung auf sich. Von diesen zwölf Konzernen sind elf im weiteren Sinn dem „Westen“ zuzurechnen. Bedenkt man, dass im Jahr 2016 BMW auf Rang 13 und dass mit Mazda auf Rang 15 und mit Mitsubishi auf Rang 19 in der Gruppe der 20 Größten sich drei weitere Autokonzerne aus dem „Westen“ befinden, dann verstärkt sich der Eindruck einer Weltautoindustrie, die weiterhin enorm vom westlichen Kapital dominiert ist.
Es gab im Jahr 2016 mit SAIC nur einen chinesischen Autohersteller im führenden Zwölfer-Rudel. Es handelt sich dabei um einen Staatskonzern, der mit VW in einem Joint Venture verbandelt ist und der auf dem Weltmarkt keine größere Präsenz hat. SAIC kann nur eingeschränkt als weltweit wettbewerbsfähig bezeichnet werden.
Soweit die Analyse für 2016, das letzte Jahr, für das es belastbare Statistiken gibt, zusammengestellt von der Organisation Internationale des Constructeurs d’Automobiles (OICA), der Internationalen Automobilherstellervereinigung. Eine erste Durchsicht der Produktionszahlen einzelner Hersteller für 2017 und 2018 legt nahe, dass es in diesen letzten zwei Jahren keine größeren Veränderungen gab.
Der einzige chinesische Autokonzern, der aktuell eine Chance haben könnte, neu in die Spitzengruppe der Weltautobranche vorzustoßen, ist Geely. Es handelt sich dabei um einen privatkapitalistischen Konzern, der sich unter Kontrolle des chinesischen Milliardärs Li Shufu befindet. Geely kontrolliert die Volvo Car Corporation und hält einen 14,9 Prozent Anteil an dem Lkw-Hersteller Volvo Trucks. Seit Februar 2018 ist Geely mit einem 10-Prozent-Anteil auch Großaktionär bei Daimler. Allerdings hat Geely (einschließlich Volvo) selbst im vergangenen Jahr 2018 „nur“ 1,4 Millionen Autos produziert. Geely dürfte damit aktuell auf Rang 17 oder 18 liegen.
Die Struktur der Weltautobranche unterstreicht den Druck, unter dem sich eine chinesische Staatsführung dann befindet, wenn sie die Autobranche als industrielle Schlüsselbranche sieht. Und wenn sie damit auf einen alternativen Weg in Sachen Mobilität – jenseits der Autogesellschaft – verzichtet und ökologische und Klimaaspekte, die mit jeder Art Autogesellschaft verbunden sind, hintan stellt.
Tatsächlich hat Chinas Führung nicht nur die Autobranche als strategische Branche identifiziert. Sie bezeichnete auch den Sektor der E-Pkw (der „NEV“, der „New Energy Vehicles“) als eine von zehn Industrien, in der „China einen nationalen Champion schaffen will, der auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig ist.“ [1]
Im Herbst 2016 verkündete das Pekinger Industrieministerium erstmals eine Quotenregelung für Elektroautos. Diese trat am 1. Januar 2019 in Kraft. Danach werden die Autokonzerne verpflichtet, in China bei Produktion und Verkauf von Pkw einen festgelegten Anteil alternativer Antriebe einzuhalten. Die Anteile werden über ein Punktesystem festgelegt, an das sich alle Hersteller, die mehr als 30.000 Fahrzeuge im Jahr im Markt absetzen, halten müssen. Dabei zählen die reinen Elektroantriebe (Batterie-Pkw; BEV) mehr als Plug-in-Hybride (PHEV), die mit einem Mix aus Verbrennungs- und Elektromotor bewegt werden. Auch höhere Reichweiten bringen mehr Punkte – was fatalerweise den Bau von großen und schweren Elektroautos fördert. Zunächst – für 2019 – gilt eine Quote von 10 Prozent; 2020 sollen es 12 Prozent sein. Für spätere Jahre werden noch höhere Quoten erwartet.
Wenn ein Hersteller die Elektroquote nicht erfüllen kann, muss er entweder „Kreditpunkte“ von anderen (in der Regel chinesischen) Herstellern, die solche E-Mobile bauen, erwerben (und dafür zahlen) oder direkt an den Staat Strafzahlungen leisten. Es gilt das aus dem Mittelalter bekannte Motto: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel sprint ...“
Für Massenhersteller wie GM und VW ist diese Quote zumindest in den Jahren 2019 und 2020 nicht einhaltbar. VW verkaufte 2018 in China mehr als 4 Millionen Autos. VW müsste damit im laufenden Jahr mehr als 400.000 Elektro-Pkw in China (= 10 Prozent der der Produktion in China und der Exporte nach China) verkaufen. Dafür hat VW weder die entsprechenden Modelle noch die nötigen Produktionskapazitäten. Bei BMW und Daimler sieht die Lage günstiger aus. Diese Konzerne verkauften im vergangenen Jahr in China jeweils gut 600.000 Pkw. Sie müssten demnach jeweils 2019 gut 60.000 E-Mobile absetzen.
Andere Konzerne mit Massenfertigungen wie Toyota, Honda und Hyundai dürften ebenfalls die geforderte Quote zumindest 2019 und 2020 nicht einhalten können. In der Summe werden die „westlichen“ Konzerne 2019 erhebliche Strafzahlungen für das Nichteinhalten der E-Auto-Quote zu zahlen haben. Doch das könnten dennoch am Ende Gelder aus der Portokasse sein. Denn die Gewinne der ausländischen Autohersteller in China sind überproportional im Vergleich zu denen auf anderen Märkten.
Der Umweltjournalist Manfred Kriener bilanzierte zutreffend: „Im Kern bedeuten die Pläne der Volksrepublik nichts anderes als eine ausgeklügelte Subvention der eigenen Autoindustrie auf Kosten der ausländischen Mitbewerber.“ [2] Wobei hinzuzufügen ist: Was die Chinesen machen, ist, rein „kapitalistisch-immanent betrachtet“, nicht zu kritisieren; das ist der übliche Umgang im kapitalistischen Business. Der Westen verhält sich nicht anders – siehe der von Trump vor allem mit China angezettelte Handelskrieg. Siehe die von der US-Regierung erwirkte Festsetzung der Huawei-Finanzchefin in Kanada. Siehe die Inhaftierung des Renault-Nissan-Chefs durch die japanische Justiz. Der Kampf um die Hegemonie auf dem Weltmarkt wird zunehmend mit harten Bandagen geführt.
Inwieweit es China möglich ist, auf dem Weg respektive Umweg über „Elektromobilität“ zur Weltspitze aufzuschließen, sei dahingestellt. Mit Klimapolitik hat all das wenig zu tun. Wenn 2017 in China knapp eine Million Elektroautos verkauft wurden, dann wird diese Zahl bejubelt. Verschwiegen wird, dass im gleichen Jahr 17 Millionen herkömmliche Pkw abgesetzt wurden. Wenn die Elektro-Pkw in Chinas Städten keine das Klima schädigenden Gase emittieren, dann wird verschwiegen, dass die Kraftwerke, die den Strom erzeugen, zu gut 80 Prozent auf der Verfeuerung von Kohle, Öl und Gas basieren. [3] Ein Elektro-Pkw in China trägt demnach aktuell mindestens im gleichen Maß zur Klimaerwärmung bei wie ein Pkw mit Benzin-Motor. Und für das Weltklima ist es irrelevant, ob die CO2-Emissionen in der Luft von Peking oder Schanghai oder mehr abseits der großen Städte Chinas, dort, wo die Kraftwerke stehen, emittiert werden. Wenn – korrekt! – hervorgehoben wird, dass China massiv in erneuerbare Energien investiert, dann wird verschwiegen, dass in absoluten Mengen Jahr für Jahr zusätzliche Kohle in den chinesischen Kraftwerken verfeuert wird – und damit die Klimabelastung weiter ansteigt. Schließlich wird hier fast immer unterschlagen, dass China dabei ist, die Zahl der vorhandenen Atomkraftwerke von aktuell 39 auf mindestens 70 (wenn nicht mehr als 100) zu erhöhen.
Auch bei deutlich optimistischen Annahmen wird bis 2025 die weltweite Autoproduktion von Pkw mit Verbrennungsmotoren bestimmt sein. Selbst im Jahr 2030 wird der überwältigende Teil der Pkw-Flotte – und erst recht der übergroße Teil der KfZ-Flotte – aus Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren bestehen.
Dafür sind drei Gründe anzuführen: Erstens gibt es entsprechende Bedürfnisse der Kundschaft, die heute neue Pkw kauft. Und jeder Pkw hat eine Lebenszeit von mindestens 12 Jahren. Zweitens gibt es die Schwellenländer und die Dritte Welt, wo das Thema Elektromobilität keine Rolle spielt – und aufgrund fehlender Infrastruktur auch in absehbarer Zeit keine größere Rolle spielen kann. Drittens gibt es eine konkrete Struktur der Weltbranche Auto, die ihren Verbrennungsmotoren-Kurs nicht so schnell ändern und Kurs auf Elektromobilität nehmen wird. Im Einzelnen bedeutet dies, dass es um die Orientierung der Kundschaft geht: Eine internationale Studie im Auftrag der Unternehmensberatung Deloitte, die 2018 in 15 Ländern durchgeführt wurde und an der 22.000 Menschen teilnahmen, ergab eine weiterhin starke Präferenz für den Verbrennungsmotor. Danach erklärten in den USA 85 Prozent der Befragten, als nächsten Pkw sich einen mit einer herkömmlichen Motorisierung (und weitere 10 Prozent sich einen Hybrid-Pkw) zulegen zu wollen. Nur 3 Prozent nannten hier ein Elektroauto. In Südafrika plädierten 85 Prozent für den Verbrenner, 10 Prozent für einen Hybrid und ebenfalls 3 Prozent für ein Elektroauto. In Deutschland nannten 66 Prozent einen Benzin- oder Diesel-Pkw als ihre erste Wahl, 23 Prozent (!) einen Hybrid und nur 7 Prozent ein E-Mobil. In Frankeich und Südkorea lagen die Werte nah beieinander: 62 bzw. 60 Prozent für Verbrenner, 30 bzw. 29 Prozent für Hybrid und nur 5 bzw. 6 Prozent pro Elektroauto.
China fiel ein bisschen aus dem Rahmen: Hier erklärten nur noch 39 Prozent, sich als nächstes ein Auto mit traditionellem Antrieb zulegen zu wollen, erstaunliche 40 Prozent nannten einen Hybrid. Und nur 16 Prozent das Elektroauto. [4]
Die Situation in den Schwellenländern und in der Dritten Welt: Der Hype um das Elektroauto findet in den meisten großen Schwellenländern und in der Dritten Welt schlicht nicht statt. In dem riesigen Autoland Brasilien „spielen Elektroautos so gut wie keine Rolle. Der Grund ist die schlechte Infrastruktur, zu hohe Preise und eine funktionierende Alternative mit Flex-Fuel-Autos. Denn auch die verbessern die CO2-Bilanz des Verkehrs.“ Das ist Originalton VW (do Brasil), zitiert im Focus vom 20. November 2018. In Brasilien propagiert die Autobranche weiter „Bio-Kraftstoffe“. Während der PR-Mann der VW AG in Wolfsburg die „Elektromobilität“ preist, erläutert der PR-Mann von VW do Brasil: „Wir haben hier in Brasilien mit den Bio-Kraftstoffen eine der besten Situationen, was die CO2-Bilanz angeht.“
Und Brasilien bildet keine Ausnahme. In ganz Russland gab es 2018 gerade mal 1.500 Elektroautos. Oder nehmen wir den interessanten Autoabsatzmarkt Vietnam. In diesem aufsteigenden Schwellenland wird gerade ein neuer Autohersteller aufgebaut. Der Name: Vinfast. In dem Land werden hochmoderne Fertigungsanlagen hochgezogen für eine Jahreskapazität von zunächst 300.000 Pkw. Die Technologie kommt zu hundert Prozent von BMW. Welche Art Motoren? Alles Verbrenner. [5]
Struktur und Dynamik des Großtankers Autobranche: Berichtet wird meist, wie hoch der Anteil der E-Pkw an den Neuzulassungen sei. Oder welche absolute Zahl von Elektroautos man in Bälde erwarte. So gut wie nie wird berichtet, wie groß der jährliche Output der Weltautobranche ist und in welchem Verhältnis die Elektroautos zu diesem Output stehen. Offiziell galt in Deutschland mehr als ein Jahrzehnt lang das Ziel, bis 2020 müsse ein Bestand von einer Million Elektroautos erreicht sein. Da jetzt klar ist, dass gerade mal knapp ein Zehntel des Planziels bis 2020 erreicht wird, erklärte der deutsche Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer Mitte März 2019: „Um die Klimaschutzziele der EU zu erreichen, sind in Deutschland zehn Millionen Elektroautos bis 2030 nötig.“ Es gibt keinerlei nähere Angaben, wie diese Zahl zustande kommt. Doch Scheuer sagte ergänzend: „Es ist ein gutes Zeichen, dass jetzt im großen Stil das Elektroauto ‘Made in Germany’ auf den Markt kommt”. Es müsse nun einen „Elektro-Käfer-Effekt” geben. [6] Damit wird klar, um was es geht: um die bloße Förderung der deutschen Autokonzerne.
Dass all diese Behauptungen, die schnelle Verbreitung von Elektro-Pkw wäre ein Beitrag zur Einschränkung des Klimawandels, pure Demagogie sind, wird deutlich, wenn wir uns die weltweite Situation – und dabei auch die Lage im behaupteten E-Auto-Paradies China – ansehen. Bei kühnen Erwartungen wird davon ausgegangen, dass im Jahr 2025 rund 35 Prozent der Neuzulassungen Elektroautos sein würden. 2030 könnten es, so die E-Mobility-Optimisten, mehr als 50 Prozent sein. Doch entscheidend sind die Zahlen des Bestandes an Kfz bzw. Pkw – der „vehicles in use“, wie dies in der internationalen Statistik bezeichnet wird. Hier sieht die Sache einigermaßen anders aus. Tabelle 3 liefert dafür die Zahlen bis zum Jahr 2025.
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
6 |
7 |
|
Bestand Pkw und |
Bestand Pkw und E-Kfz in China |
||||
Pkw-Bestand |
E-Kfz- Bestand |
E-Kfz in % Gesamt- |
Pkw-Bestand |
E-Kfz- Bestand |
E-Kfz in % Gesamt- |
|
2005 |
653,9 |
– |
– |
21 |
– |
– |
2010 |
775,6 |
50.000 |
– |
61,6 |
15.000 |
0,02 % |
2015 |
947,1 |
1.263.000 |
0,13 % |
135 |
290.000 |
0,21 % |
2016 |
990,0 |
2.030.000 |
0,2 % |
155 |
680.000 |
0,44 % |
2017 |
1.030,0 |
3.230.000 |
0,3 % |
170 |
1.650.000 |
0,97 % |
2018 |
1.075,0 |
4.500.000 |
0,4 % |
172 |
2.500.000 |
1,5 % |
2019 |
1.125,0* |
9.500.000 |
0,8 % |
178* |
4.200.000 |
2,35 % |
2020 |
1.175,0* |
25.500.000 |
2,1 % |
188* |
6.200.000 |
3,30 % |
2025 |
1.500* |
150.000.000 |
10,0 % |
250* |
45.000.000 |
18,00 % |
* Schätzungen unter Berücksichtigung einer wahrscheinlichen Krise 2019/20 und bei optimistischen Annahmen hinsichtlich „Elektromobilität“ |
In dieser Modellrechnung wurde eine enorme Aufholjagd der Hersteller von Elektro-Automobilen unterstellt – wobei es hier immer bereits um die Addition von reinen Batterie-Autos und Plug-in-Hybriden geht. Dennoch wird auch im Jahr 2025 auf Weltebene der Anteil der Elektroautos am Gesamtbestand „nur“ bei 10 Prozent liegen – auch wenn in diesem Jahr 2025 – dann, wenn die Rechnung der E-Auto-Propagandisten in Gänze aufgegangen sein sollte – der Anteil der Elektroautos an der Gesamtproduktion und an den weltweiten Neuzulassungen bei 35 Prozent liegen könnte. Der Gesamtbestand an Pkw ist dann weltweit nochmals um rund eine halbe Milliarde oder um 500 Millionen Einheiten größer als heute. Die E-Autos in Abzug gebracht, wird es dann in diesem Pkw-Weltbestand rund 350 Millionen oder ein gutes Drittel mehr Autos mit Verbrennungsmotoren geben, als wir solche herkömmlichen Pkw heute haben.
In China läge 2025 der Anteil von Elektroauto am Gesamtbestand bei fast einem Fünftel. Und in China konzentrierten sich dann 30 Prozent des Weltbestands an Elektroautos. Doch auch in China hätten wir dann gegenüber 2017 80 Millionen Pkw mehr – knapp 37 Millionen mehr herkömmliche Pkw und mehr als 40 Millionen zusätzliche Elektro-Kfz.
Bilanz: Trotz dieser im Sinne der Elektromobilitätsstrategen optimistischen Annahmen sieht es in Sachen Weltklima ausgesprochen düster aus. Die CO2-Emissionen steigen deutlich durch das weitere Wachstum des Bestands an Benzin- und Diesel-Pkw. Und sie steigen zusätzlich durch den Bau und Betrieb von zusätzlichen gut 145 Millionen Elektro-Kfz.
Anfang 2019 wurden gemeldet: „Automobilhersteller investieren weltweit 300 Milliarden Dollar in Elektroautos“, so die Überschrift über einer Meldung des Fachportals Elektroauto-News. Der Text:
„Einer Analyse von Reuters zufolge planen die 29 größten Automobilhersteller der Welt in den nächsten fünf bis zehn Jahren ein beispielloses Maß an Ausgaben für die Entwicklung von Elektroautos und Batteriezellen bzw. den Kauf von Batterien. [...] Die mindestens 300 Milliarden US-Dollar (etwa 262 Milliarden Euro) [...] werden mit 135 Milliarden fast zur Hälfte in China ausgegeben, wo die Produktion und der Verkauf von Elektrofahrzeugen durch ein System von staatlich vorgeschriebenen Quoten, Krediten und Anreizen stark gefördert wird.“
Die Gesamtsumme wird in dem Beitrag für die einzelnen Konzerne konkretisiert. Danach investiert der VW-Konzern mit 91 Milliarden US-Dollar fast ein Drittel der Gesamtsumme; die drei deutschen Hersteller bringen es auf knapp 140 Milliarden US-Dollar, was gut 46 Prozent des Gesamtvolumens entspricht. Alle chinesischen Hersteller werden nach dieser Reuters-Studie weitere 58 Milliarden US-Dollar investieren. [8]
Das heißt im Klartext: Die führenden Autokonzerne – die deutschen vorneweg – haben längst begriffen, welche Chance ihnen die Elektromobilität im Allgemeinen und die Politik der chinesischen Regierung im Besonderen bietet. Für sie ist Elektromobilität die Formel für das verlängerte Geschäft. Für ihr schmutziges, das Klima massiv belastendes Geschäft.
Es war der VW-Chef Herbert Diess, der im Oktober 2018 Partei für die Verteidiger des Hambacher Forstes ergriff, sich als potentiellen Baumhaus-Bewohner outete und für einen schnellen Ausstieg aus der Braunkohleförderung plädierte. Diess im Interview:
„Frage: Im Hambacher Forst gehören Ihre Sympathien also den Demonstranten? Antwort Diess: Absolut. Ich werde da vielleicht hingehen. Denn was die Energiewirtschaft da machen will, führt unsere ganze Elektrifizierungsstrategie ad absurdum. Es hat überhaupt keinen Sinn, Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen, wenn wir gleichzeitig den Strom dafür aus Braunkohle produzieren. Dann fahren wir mit Kohle statt mit Erdöl und produzieren mehr CO2 als heute. [...] Was da passiert, ist doch unglaublich. Wir investieren Milliarden in die Elektrifizierung der Fahrzeugflotten, weil wir denken, das ist der richtige Weg. Und dann erschließen wir Kapazitäten für die mit Abstand klimaschädlichste Energieerzeugung: Braunkohle.“ [9]
Noch Fragen? Wenn ja, diese bitte richten an: [email protected].
1. Nach: Financial Times vom 11. September 2017.
2. Le Monde Diplomatique, Februar 2017.
3. IEA World Energy Balances database © OECD/IEA 2018, www.iea.org/statistics. Zitat: EU – USA – China: Energiemix, Bundeszentrale für politische Bildung. [abgerufen am 12.3.2019]
4. Global Automotive Consumer Study 2018; nach: Deloitte Global Automotive Consumer Study 2023: Die wichtigsten Trends in der Automobilindustrie aus Sicht der Konsumenten, Deloitte.com. [abgerufen am 12.3.2019]
5. Vinfast macht aus BMW ein vietnamesisches Auto, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2. Oktober 2018.
6. Verkehrsminister Scheuer: 10 Millionen Elektroautos bis 2030 nötig, ecomento.de, 13. März 2019. [abgerufen am 12.3.2019]
7. Basis der Angaben: OICA-Statistik. E-Pkw-Bestand nach: The Electrical Vehicles Worldsales Database EV. Angaben für 2018 – 2025 eigene Schätzung auf Basis der Planungen der internationalen Autokonzerne. Für die Zahl der E-Pkw im Jahr 2025 wurde mit 150 Millionen Einheiten weltweit der höchste Wert aus den unterschiedlichen Prognosen gewählt. Vergleichbares gilt für die Schätzung für China. Wichtig: Bei den Elektro-Autos, die hier jeweils auf Weltebene bzw. für China dargestellt sind, handelt es sich um alle Elektro-Fahrzeuge, also um Elektro-Pkw und um Busse bzw. um andere Nutzfahrzeuge (das letztere meint meist Transporter). Für das Herausfiltern der reinen Elektro-Pkw erweist sich die Statistik als unzureichend. Indem es diese statistische Ungenauigkeit gleichermaßen für die Weltebene wie für China gibt, ist eine Vergleichbarkeit gegeben. Die statistische Verzerrung wirkt sich hier so aus, dass die tatsächliche Belastung des Weltklimas durch den Straßenverkehr als zu gering ausgewiesen wird; die weiterhin deutlich wachsende Zahl der Lkw (die zu 99 Prozent Diesel- oder Benzin-Motoren haben) ist noch nicht berücksichtigt.
8. Die den deutschen Konzernen zugesprochenen Investitionen in Elektromobilität im Einzelnen: VW 91 Mrd. US-Dollar, Daimler 42 Mrd. und BMW 6,5 Mrd. US-Dollar. Nach: Michael Neißendorfer, Automobilhersteller investieren weltweit 300 Milliarden Dollar in Elektroautos, Elektroauto-News, 16. Januar 2019. [abgerufen am 12.3.2019]
9. „So eine Industrie kann schneller abstürzen, als viele glauben“, Interview mit dem Volkswagen-Chef Herbert Diess, in: Süddeutsche Zeitung vom 11. Oktober 2018.
Zuletzt aktualisiert am 29. Juni 2023