Das Interview mit Winfried Wolf erschien in: Schulheft 175, Kunst macht Schule – Kulturelle Bildung in der (Hoch-)Schule, Wien, Frühjahr 2019.
Kopiert mit Dank aus der Winfried Wolf – Homepage.
Transkription & HTML-Markierung: Einde O’Callaghan für das Marxists’ Internet Archive.
Anfang 2019 könnte man in Sachen Kriegsgefahren bzw. Friedenshoffnungen ja etwas Hoffnung schöpfen: Die USA ziehen ihre Truppen aus Syrien zurück. Der IS scheint weitgehend besiegt. In Jemen gibt es Waffenstillstandsgespräche. Eine direkte Konfrontation USA – Nordkorea scheint vom Tisch. Und vielleicht kommen sich ja sogar die beiden Alpha-Tiere Trump und Putin wieder näher.
Ja. Es gibt diese Hoffnungsschimmer. Aber sie wärmen auch nur kurzzeitig und oberflächlich. Bei allen Konfliktfeldern kann man auch das Kritische und Negative hervorkehren. In Syrien droht ein Einmarsch der Türkei – und damit die blutige Beendigung des Demokratieversuchs in Rojava. Die Wirtschaftskrise in der Türkei könnte die kriegerischen Absichten Erdogans nochmals verstärken – eben das klassische Motiv: Mit einer außenpolitischen Aktion kann man von der innenpolitischen Misere ablenken. Auch ist die Tatsache, dass die kurdische Seite Assad und die Truppen der syrischen Regierung um Hilfe bitten muss, eher beunruhigend. Das Assad-Regime hat in der Vergangenheit die kurdischen Autonomie-Bestrebungen bekämpft – auch mit brutalen Mitteln, dem Verbot des Tragens kurdischer Tracht und des Praktizierens der kurdischen Sprache. Im Jemen ist es ja eher so, dass wir alle beschämt sein müssen, wie wenig gegen diesen schrecklichen Krieg in den vergangenen fünf Jahren getan wurde und wie niedrig der Informationsstand dazu ist. Dabei gibt es erhebliche Rüstungsexporte aus der EU nach Saudi Arabien, die im Krieg im Jemen eingesetzt wurden, darunter große Exporte des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall, die über ein Rheinmetall-Werk auf Sardinien in das Kriegsgebiet geschleust wurden und wohl weiter von dort an die Kriegsparteien dort gehen. [1]
Im November 2018 las ich das Buch von Bob Woodward Fear – über die Zustände im Weißen Haus unter Trump. Danach gab es 2017 und bis Frühjahr 2018 mindestens zwei Mal eine Situation, in der der US-Präsident kurz davor war, einen großen Krieg vom Zaun zu brechen. Darunter auch die Gefahr eines atomaren Erstschlags gegen Nordkorea. Hier kommen drei gefährliche Aspekte zusammen: Erstens die präsidialen Vollmachten, über die ein US-Präsident verfügt. Zweitens der erratische, irrationale Charakter der Person Donald Trump. Und drittens die engen Verbindungen von Trump und seinem Clan – den Leuten in seiner Regierung, aber auch den Mitgliedern seiner Familie – zur US-Rüstungsindustrie. Auch ein großer Krieg kann von Trump als „guter Deal“ verkauft werden, als Deal mit dem Militärisch-Industriellen Komplex, der ja für Hunderttausende Arbeitsplätze steht. Das hat auch System – es ist kein Zufall, dass im Niedergang eines imperialistischen Systems so durchgeknallte Typen wie Trump nach oben gespült werden. Hitler war eine ähnliche Figur – individuell irrational, geistig beschränkt, wenn auch bauernaschlau – aber zugleich Ausdruck der herrschenden Klasse, die es nochmals mit einem Weltkrieg versuchen wollte, den eigenen, rein wirtschaftlich verlorenen Kampf um die Märkte zu gewinnen – nunmehr militärisch und mit Russisch Roulette.
Auf den Militärisch-Industriellen Komplex sollten wir noch zurückzukommen. Doch zunächst etwas zu Deinem Engagement in Sachen Frieden und dessen Geschichte. Du bist ja seit Jahrzehnten in Sachen Frieden nicht nur unterwegs, sondern höchst konkret aktiv. Mich interessiert, wie es zu Deinem langjährigen Engagement für den Frieden kam?
Richtig ist, dass am Beginn meiner Politisierung – oder auch meiner „Linkswerdung“ – die Themen Krieg, Rüstung und Faschismus standen. Und dies durchaus in einer verqueren Art und Weise. Ich bin 1949 in Horb am Neckar, relativ nahe an Stuttgart, geboren, aufgewachsen aber im katholischen Oberschwaben, in der Nähe des Bodensees. Und dies auch in einer durch und durch katholischen Familie, mit einem Vater, der in der Familie cholerisch-autoritär und in politischer Hinsicht chronisch-reaktionär war. Ich war bis Mitte der 1960er Jahre in der Katholischen Jugendbewegung – konkret in der Katholischen Jungmännergemeinschaft (KJG) – aktiv. Nicht unbedingt lamm-fromm, aber doch politisch-fromm. Hier spielte sicher auch der erhebliche Einfluss unseres Großvaters mütterlicherseits eine Rolle. Dieser war in den 1950er Jahren Mitbegründer der CDU in Württemberg, dann CDU-Bundestagsabgeordneter und schließlich CDU-Landwirtschaftsminister in Baden-Württemberg. Der Mann prägte unseren Familien-Clan. Und ich empfand ihn, anders als meinen Vater, als Respektsperson und als jemand, der für ein „Christentum der Nächstenliebe“ stand.
Die Haltung in meinem Elternhaus, gepaart mit der Position der Tageszeitung, die wir abonniert hatten und die ich recht früh und wohl auch ziemlich gründlich las – es war die Schwäbische Zeitung – engagierte ich mich geistig im Vietnam-Krieg ... auf Seiten der USA. In meinem Jugendzimmer hing eine selbst gebastelte, große Landkarte von Vietnam an der Wand. Ungefähr 1,20 Meter hoch und 75 Zentimeter breit. Auf dieser waren markiert , neben den Hauptstädten Saigon im Süden und Hanoi im Norden, die US-amerikanischen Stützpunkte, beispielsweise Da Nang, Pleiku, Khe Sanh, Hue usw. Ich war überzeugt, dass die USA in Indochina einen guten, gerechten Krieg führten, dass es dort irgendwie um die „Verteidigung von Demokratie und Freiheit“ gehen würde. Und dann gab es da plötzlich eine Titelseite „meiner“ KJG-Zeitschrift Prisma, auf der ein brennender Mönch abgebildet war – ein buddhistischer Mönch, der sich aus Protest gegen das Regime in Saigon, gegen die Unterdrückung der Religion und – so jedenfalls meine Wahrnehmung damals – auch gegen den Krieg in Brand gesetzt hatte. Wann das genau war – 1963 oder 1964 – das weiß ich nicht mehr genau. Es könnte sich um den Mönch Thích Quảng Đức gehandelt haben. [2] Das Bild hat mich enorm aufgerüttelt. Wobei das eher nur der Eyecatcher war. Entscheidend für meine weitere Entwicklung war, dass es in derselben Ausgabe „unserer“ Zeitschrift Prisma einen umfassenden Beitrag gab, mit dem die Entwicklung Vietnams seit der Besetzung durch die Japaner, dann durch die Franzosen und danach die Realität des Krieges zum damaligen Zeitpunkt weitgehend der Wahrheit entsprechend wiedergegeben wurde. In dem Heft wurde auch unterstrichen, dass es nach der Niederlage der französischen Kolonialmacht 1954 bei Dien Bien Phu ein Friedensabkommen gab, in dem – auch vom Westen garantiert – freie Wahlen in ganz Vietnam für das Jahr 1956 zugesagt worden waren. Doch die USA und das von den USA unterstützte Regime in Saigon unter Diem brachen dieses Abkommen und verweigerten freie Wahlen, weil klar war, wer sie gewinnen würde: Die Befreiungsfront FNL mit Ho Chi Minh an der Spitze.
Das hat mein Weltbild nicht nur verändert. Es wurde förmlich auf den Kopf gestellt. Die Karte in meinem Zimmer konnte bleiben – nur dass ich ab diesem Zeitpunkt gewissermaßen gemeinsam mit dem Vietcong die US-Truppen „bekämpfte“ und mich für die „nationale Einheit“ Vietnams, für Demokratie und ganz vage wohl auch für Sozialismus – wovon ich aber keine konkretere Vorstellung hatte – einsetzte.
Das war aber zunächst eine Politisierung, die ihre Bezugspunkte fern von Deutschland hatte. Die Bundesrepublik und die damalige EWG empfand ich zu diesem Zeitpunkt noch als positive Bezugspunkte. Innenpolitisch allerdings sympathisierte ich mit der SPD, die ab Ende 1966 erstmals – als Juniorpartner im Rahmen einer Großen Koalition mit der CDU/CSU – Regierungspartei wurde und die damals mit Willy Brandt den Außenminister stellte.
Und dann gab es am 21. April 1967 ein zweites großes Ereignis, das meine Welt ein weiteres Mal auf den Kopf stellte. Und das war der Putsch der Obristen Pattakos und Papadopoulos in Griechenland und die Errichtung einer faschistischen Diktatur in diesem Land. Auch da gab es etwas „ans Herz Gehendes“: Mikis Theodorakis, der griechische Sänger und Komponist, wurde damals von den in Athen Herrschenden verhaftet und auf eine KZ-Insel verbracht. Ich hatte kurz zuvor mich für die Musik von Theodorakis begeistert. Ähnlich wie der brennende Mönch wurde das Verbot der Musik von Theodorakis für mich zu einem Symbol. Ich hatte damals bereits meinen Einberufungsbescheid zur Bundeswehr. Doch ich entschied mich zur Wehrdienstverweigerung. Und ich begründete meine Kriegsdienstverweigerung explizit politisch – mit Bezugnahme auf den Putsch in Griechenland. Das war damals durchaus gewagt – eine Wehrdienstverweigerung aus „Gewissensgründen“ ging eher durch. Eine politische Begründung war höchst kritisch. Ich argumentierte – damals auf Basis eines bei Rowohlt erschienenen Taschenbuchs, dass der Putsch in Griechenland auf Basis eines Nato-Plans mit der Bezeichnung „Prometheus“ erfolgt sei. Dass die Nato ihren „Partner“ Griechenland trotz der Errichtung einer Diktatur zur Seite stehen würde – und dass die Bundeswehr als Teil der Nato damit an der Seite einer faschistischen Diktatur stünde. Ein Jahr darauf, am 21. August 1968, marschierten dann die sowjetischen Truppen in Prag ein. Die Niederschlagung eines „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ machte mir deutlich, dass ich offensichtlich politisch heimatlos war.
Bei dieser umfassenden Kritik an jeder Art von Kriegen und an jeglichem Militarismus blieb es seither – und bei dieser Kombination: Die Kritik an den Kriegen zur Verteidigung des US-Imperiums (Vietnam-Krieg 1965 bis 1974; Irak-Kriege 1990 und 2003ff, Afghanistan-Krieg seit 2001), die Kritik an den Kriegen zur Verteidigung der Interessen der UdSSR (der sowjetische Krieg in Afghanistan 1979–1988), die Kritik an den US-gestützten Militärdiktaturen in Chile (1973–1990) und in Argentinien (1976–1983 ), die Kritik an der atomaren Aufrüstung der Nato (1979 ff), die Kritik am Nato-Krieg gegen Jugoslawien 1999 und heute die Kritik an der EU-Militarisierung – um diesen antimilitaristischen Bogen grob zu schlagen.
Der Vietnam-Krieg spielte wohl für eine ganze Generation eine wichtige Rolle hinsichtlich der Politisierung und der Weltsicht. Ein großer Teil der westeuropäischen Linken identifizierte sich damals mit dem Vietcong und mit der vietnamesischen Revolution und bald darauf auch mit der chinesischen Revolution und dem Maoismus. War das bei Dir auch so?
Nein, gar nicht. Da spielte sicher eine Rolle, dass ich mich bereits 1970 der Gruppe Internationale Marxisten (GIM) angeschlossen hatte, eine Organisation, der gemeinhin das Etikett „Trotzkismus“ verpasst wurde. Damit verbunden war u. a. eine Kritik an der fehlenden Demokratie in den Gesellschaftssystemen, die sich entweder an Moskau oder an Peking orientierten. Da gab es sicher auch einige spezifisch-sektiererische Einschläge. Doch die „Grundimpfung“ war so falsch nicht. Als ich dann 1994 Mitglied im Bundestag wurde, gab ich zur Charakterisierung meiner Person im Bundestagshandbuch an, ich sei „ein an Rosa Luxemburg orientierter demokratischer Sozialist und ein an Trotzki orientierter Kritiker der Stalinismus“. Heute würde ich das wohl anders formulieren; da sehe ich vieles auch bei Trotzki kritisch. Doch als ich jüngst eine umfangreichere Arbeit zur Novemberrevolution schrieb, da fand ich meine damalige, frühe Politisierung und Hinwendung zu Demokratie und Sozialismus doch recht hilfreich.
Dennoch – Du hast natürlich recht: Vietnam war das Schlüsselerlebnis. Bei mir in dreierlei Hinsicht: Erstens schärfte dieses Ereignis auch meine Kritik an der SPD. Willy Brandt – vor dessen Ostpolitik, so dem Kniefall in Warschau, ich großen Respekt hatte – war ja nach seiner Zeit als BRD-Außenminister 1969 bis 1973 deutscher Bundeskanzler. Das war die Zeit des Höhepunktes der Anti-Vietnam-Demonstrationen. Anders als der österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky [3] hat Willy Brandt sich öffentlich nie von diesem US-Krieg distanziert. Zweitens war ich damals als Mitglied des Vietnam-Komitees West-Berlin erstmals daran beteiligt, eine Massendemonstration vorzubereiten und durchzuführen, die mit Flugblättern, Plakaten und einer eigens herausgegebenen VZ = Vietnam-Zeitung [4] versuchte, in die breite Bevölkerung hineinzuwirken – teilweise mit Erfolg. Drittens traf ich damals mehrmals mit Rudi Dutschke zusammen, dem ehemals führenden Kopf des SDS. Dutschke war 1968 bei einem Attentat schwer verletzt worden. Er lebte seither zunächst in England und dann überwiegend in Dänemark. Er war mit führenden Leuten meiner internationalen Organisation, der IV. Internationale, so mit Ernest Mandel und mit Tariq Ali, befreundet. Man kannte sich seit dem großen Vietnam-Kongress vom Februar 1968, der in Westberlin stattgefunden hatte. Dutschke als Person – seine Reden und seine Rhetorik – haben mich sehr beeindruckt; seine politischen Überzeugungen und Ansichten teilte ich weitgehend. Damit war gleichzeitig eine interessante Korrektur meiner „trotzkistischen“ Grundpositionen verbunden. Das erwies sich später als hilfreich, als ich auch innerhalb meiner Organisation – und gegen die dort vertretene Mehrheitsposition – den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan kritisierte.
Aufgefallen sind mir Deine Antikriegsaktivitäten durch die Zeitung gegen den Krieg (ZgK), an deren Verbreitung in Österreich ich mich zeitweilig beteiligen konnte. Wie kam es zu diesem Zeitungsprojekt und hat sich diese Art Friedensarbeit mit einer Zeitung bewährt?
Zunächst einmal ist das eben das Feld, auf dem ich ein gewisses Talent habe: Ich bin leidenschaftlicher Schreiberling: Journalist und Sachbuchautor. Und ich vertraue darauf, dass man mit dem geschriebenen Wort und dessen Verbreitung einen gewissen Einfluss erzielen kann – durch Flugblätter, Bücher und vor allem mit einfachen Zeitungen, die für einen spezifischen Zweck gemacht sind. So habe ich viele Jahre lang eine spezifische 1.Mai-Zeitung mit dem Namen BLIND gemacht (und dabei Elemente des Boulevardblattes Bild kopiert). Mehrere Jahre lang machte ich zusammen mit Kollegen im Betrieb eine Betriebszeitung für Ford in Köln. Als 2014/15 die Lokführer streikten, gründete ich eine ziemlich erfolgreiche STREIKZEITUNG. Und auf dem Höhepunkt der Griechenland-Krise 2015 gründete ich mit FaktenCheck: HELLAS ein Blatt, mit dem wir der Griechenlandsolidarität eine ziemlich gut zu vernehmende Stimme verschufen. [5]
Eine erste Antikriegszeitung gründete ich 1990 während des Irak-Krieges der USA. Der Titel war „desert! Antikriegszeitung“. Von diesem Blatt erschienen fünf Ausgaben. Im Kosovokrieg gründete ich dann die von Dir erwähnte Zeitung gegen den Krieg – ZgK. Diese hatte bei den ersten drei Ausgaben Auflagen von mehr als 200.000 Exemplaren. Es gibt sie bis heute. Zum Ostermarsch 2019 wird Ausgabe 44 erscheinen.
Wie kam es zu dieser „Zeitung gegen den Krieg“ und wie ist die erstaunlich hohe Auflage zu erklären?
Ich war in den Jahren 1994 bis 2002 Bundestagsabgeordneter der PDS, damals erstaunlicherweise gewählt im Westen, in Baden-Württemberg. Erstaunlich, weil die PDS damals zu 85 Prozent eine Partei war, die auf dem Gebiet der ehemaligen DDR ihre Basis hatte. Der Nato-Krieg gegen Jugoslawien begann am 24. März 1999. Ich empfand diesen Krieg als empörend – einmal weil zum ersten Mal seit Ende des Zweiten Weltkriegs deutsche Soldaten – mit Tornado-Kampfbombern – daran teilnahmen. Und dann weil er von einer deutschen Regierung mit einem SPD-Kanzler – Gerhard Schröder – und einem Grünen-Außenminister – Joseph („Joschka“) Fischer mitgetragen wurde. Ich schlug der PDS-Bundestagsgruppe vor, eine solche Antikriegszeitung zu machen. Das wurde genehmigt. Hilfreich war dabei, dass viele Bundestagsabgeordnete nicht anwesend waren – es war die Zeit der Osterferien; mit einer mehrwöchigen Sitzungspause. Die Zeitung wurde mit Geldern aus dem Geldtopf der Bundestagsgruppe finanziert. Sie konnte also zunächst gratis bezogen werden. Das half natürlich dabei, dass diese Zeitung vom Start an einen Massenabsatz fand. Mit der Nummer 3, die noch Ende April erschien – die Zeitung erschien also tatsächlich im Wochenrhythmus –, lag die vertriebene Auflage bei über 250.000 Exemplaren. Dann gab es – direkt nach der Sitzungspause – zwei denkwürdige Bundestagsdebatten über den Krieg und über unsere Antikriegsaktivitäten. Am 15. April erklärte der Fraktionsvorsitzende Peter Struck in der Plenardebatte: „Ich möchte darauf hinweisen, dass hier eine Zeitung vorliegt, herausgegeben von der PDS im Deutschen Bundestag, in der der Bundesminister für Verteidigung, Herr Kollege Rudolf Scharping, als ‚Kriegsminister‘ diskreditiert wird. Ich weise diese Unerhörtheit deutlich zurück.“ Wenige Tage später, am 20. April 1999, sagte eben dieser Kriegsminister Scharping im Bundestag: Es sei ihm zwar „scheißegal“, wie die PDS ihn bezeichne, es sei jedoch ein Skandal, dass die PDS „mit Steuermitteln“ diese Zeitung gegen den Krieg herausbringen könne.
Wenige Tage später beschloss die Mehrheit der PDS-Bundestagsgruppe, unter ihnen Gregor Gysi, jede Unterstützung für die „Zeitung gegen den Krieg“ einzustellen. Begründet wurde dies mit den „zu hohen Kosten“. Zehn Tage später erschien bereits Nr. 4 der Zeitung gegen den Krieg. Im Impressum hieß es nun: „Herausgegeben von Dr. Winfried Wolf, MdB, und der Infomrationsstelle Militarisierung (IMI) e.V., Tübingen.“ Als Mitherausgeber wurden 14 PDS-Bundestagsabgeordnete genannt. Ich hatte erreicht, dass fast die Hälfte der PDS-Bundestagsgruppe sich als Mitherausgeberinnen und Mitherausgeber zur Verfügung stellte. Nun war der Bezug der ZgK allerdings kostenpflichtig – damals mit 15 Pfennigen je Ex. Die Auflagen lagen nun je Ausgabe und bis Kriegsende im Juni bei immer noch bei stolzen 40.000 bis 50.000 Exemplaren. Aber natürlich hätten wir viele weitere Hunderttausende Exemplare vertreiben können, wenn die PDS als Ganzes das mitgetragen hätte. Am Jahresende hatte die PDS sogar ein Guthaben bei dem, was ihr an Bundestagsgeldern zustand; sie konnte 1999 nicht alles ausgeben. An Geld lag es echt nicht.
Von da an und bis zum Ende der Legislaturperiode erschien die Zeitung gegen den Krieg mit dieser Herausgeberschaft. Nach meinem Ausscheiden aus dem Bundestag konnte ich die Zeitung weiter herausgeben, immer überwiegend auf mich allein gestellt, allerdings gleichzeitig in wechselnder Zusammenarbeit mit Friedensgruppen und –verbänden. [6] Das Antikriegsblatt hat inzwischen eine recht stabile, vertriebene (also bezahlte) Auflage in Höhe von 20.000 bis 25.000 Exemplaren. Da ich seit 2005 keiner politischen Organisation mehr angehöre und da ich in all meinen politischen Aktivitäten weitgehend als Privatperson agiere, ist es nicht selbstverständlich, dass die Zeitung gegen den Krieg bis heute weiter erscheinen konnte.
Du sagst, Du gehörst keiner politischen Partei an – und damit der LINKEN heute nicht an. Nun war die PDS und ist die Partei DIE LINKE doch sicher eine Antikriegspartei ...
Ja, das war sie im Großen und Ganzen. Und das ist sie auch heute. Weitgehend. Bereits der Umgang mit der Zeitung gegen den Krieg 1999 zeigte da jedoch gewisse Grenzen auf. Und 2002 kam es dann zu einem Vorgang, der noch mehr blamabel war. Am 23. Mai 2002 sprach der damalige US-Präsident George W. Bush im Deutschen Bundestag. Im Vorfeld hatten vor allem meine MdB-Kollegin und Freundin Ulla Jelpke und ich versucht, die PDS-Fraktion für eine gemeinsame Aktion gegen den US-Präsidenten zu gewinnen. Das war auch deswegen delikat, weil damals in der Hauptstadt Berlin die PDS als Juniorpartner mit der SPD regierte. Gregor Gysi war zuvor aus dem Bundestag ausgeschieden und Wirtschaftssenator in dieser Landesregierung geworden. Die PDS-Fraktion im Bundestag hat damals eine von uns beantragte, solche kollektive und sichtbare Aktion gegen Bush abgelehnt. Und es kam noch schlimmer: Der Senat in Berlin verbot den drei PDS-Senatorinnen und Senatoren, sich an einer Demo gegen den Bush-Besuch in Berlin zu beteiligen. Das wurde akzeptiert. Gysi theoretisierte diesen Verzicht auf einen Antikriegsprotest explizit. [7]
Daraufhin organisierten die drei Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke, Heidi Lippman und ich während der Bush-Rede eine Protestaktion in eigener Regie: Als der US-Präsident nach rund zehn Minuten seiner Rede vor dem Bundestag von der Achse des Bösen und in kaum verhüllter Weise davon sprach, dass die USA einen neuen Krieg gegen den Irak führen würden – das war ja die Zeit, in der es bereits einen Aufmarsch der US-Truppen am Golf gab – erhoben wir uns und hielten ein 10 Meter breites und 50 cm hohes, von Heidi Lippmann in den Saal eingeschmuggeltes Transparent hoch mit der handgeschriebenen Forderung: „Mr. Bush, Mr. Schröder – Stop your wars“. Bush musste seine Rede unterbrechen. Unser Transparent wurde durch als Saalordner verkleidete Geheimdienstleute niedergerissen. Wir drei verließen den Plenarsaal unter Protest. Diese Szene ging durch alle Medien. Bild titelte auf Seite 1: Pfui – PDS-Pöbler.
Es gab danach viel Unterstützung für unsere Aktion aus der Bevölkerung, von der Friedensbewegung und von der Basis der PDS. Doch keine aus der Führung der PDS. Im Gegenteil: Der damalige Fraktionsvorsitzender der PDS im Bundestag, Roland Claus, entschuldigte sich bei dem Bankett, das der Bundeskanzler, die Vorsitzenden der Fraktionen und Mitglieder der Bundesregierung direkt im Anschluss an die Bush-Rede oben in der Kuppel des Reichstag veranstalteten, beim US-Präsidenten ausdrücklich für unsere Protest-Aktion. Bush soll ihm peinlicherweise geantwortet haben: „That’s no problem. That’s democracy“.
Ich habe dann im Bundestagswahlkampf, den es im September des gleichen Jahres gab, ein Wahlkampfplakat drucken lassen, auf dem die Protestaktion im Bundestag abgebildet wurde. Doch „meine“ Partei weigerte sich, die Kosten für ein solches Plakat zu tragen.
Es geht da also schon um mehr, als um ein paar Ausreißer im Rahmen einer ansonsten tadellosen Antikriegshaltung. Es geht schlicht darum, dass diese Leute dann, wenn es um das eigene berufliche Fortkommen und um höhere Weihen und um gut dotierte Posten geht, ihre Antikriegshaltung aufweichen, in Frage stellen lassen und ab und an auch aufgeben. Ich bezweifle, dass das heute anders ist. Der von der Partei DIE LINKE bestellte Ministerpräsident des Bundeslandes Thüringen macht beispielsweise eine Flüchtlingspolitik, die sich nicht wesentlich von derjenigen von CDU-geführten Bundesländern unterscheidet.
Außer in Form von Zeitungen waren Krieg und Frieden auch Thema bei Deinen Büchern.
Ja, das Thema „Krieg und Frieden“ ist bis heute eines der drei großen Themen bei meinen Publikationen. Die anderen beiden sind „Weltwirtschaft und Globalisierung“ und „Kritik der Autogesellschaft und Notwendigkeit einer Verkehrswende“. Grundsätzlich finde ich, dass man bei einer Analyse der kapitalistischen Produktionsweise gar nicht daran vorbei kommt, Rüstung und Kriege einzubeziehen. Und auch die Verkehrspolitik im Allgemeinen und die Autogesellschaft im Besonderen haben viel mit Militarisierung zu tun; nicht umsonst waren die Förderer der massenhaften Verbreitung von Autos Faschisten (B. Mussolini, A. Hitler) oder sie hingen de faschistischen Ideologie an (Henry Ford). So gut wie alle großen Autokonzerne waren in den großen Kriegen Rüstungskonzerne.
Ich verfasste ein halbes Dutzend Bücher ausschließlich zum Thema Krieg und Frieden. 1989 erschien Händler des Todes. Bundesdeutsche Rüstungs- und Giftgasexporte im Golfkrieg und nach Libyen – da spielte der verhängnisvolle Bau einer Giftgasfabrik in Libyen, an dem deutsche Unternehmen, darunter der Staatskonzern Salzgitter, und deutsche Dienste in den 1980er Jahren maßgeblich beteiligt waren, eine wichtige Rolle. 1987 erschien Auto-Krieg. Konzerne rüsten für die Zukunft: in diesem Buch geht es um den Zusammenhang von sogenannter friedlicher Produktion und der Rüstungsproduktion derselben Konzerne – hier der großen Autokonzerne. 1999 veröffentlichte ich Bombengeschäfte. Zur politischen Ökonomie des Kosovo-Krieges. 2001 und 2003 publizierte ich Afghanistan. Der Krieg und die neue Weltordnung und zwei Jahre später das Buch Sturzflug in die Krise. Die Weltwirtschaft. Das Öl. Der Krieg. 2017 war ich schließlich Ko-Autor bei dem (im Hauptteil von Klaus Gietinger verfassten) Buch Der Seelentröster. Wie Christopher Clark die Deutschen von der Schuld am Ersten Weltkrieg erlöst. [8]
Siehst Du einen Zusammenhang zwischen Kapitalismus, Rüstung und Kriegen?
Diesen Zusammenhang gibt es leider. Ich würde noch weiter gehen und sagen: Heute ist der wesentliche Motor für das Entstehen von Kriegen die im Kapital bereits angelegte Tendenz zu Konkurrenz und Expansion. In Zeiten, in denen die Kapitalverwertung im produktiven Bereich unter anderem durch eine zurückbleibende Massennachfrage (die wiederum Resultat der „Sparpolitik“ ist) erschwert ist, wird versucht, hochprofitable Kapitalanlage in Sektoren zu finden, in denen der Staat den Konzernen gewissermaßen einen Roten Teppich auslegt. Das können fragwürdige Großprojekte sein – wie bei uns „Stuttgart 21“, wie in Italien der Tunnel im Val di Susa oder wie in Österreich der Brennerbasis-Tunnel und der Koralm-Tunnel.
Und das ist immer wieder vor allem die Rüstungsproduktion. Rosa Luxemburg machte in einem Vergleich zwischen „normaler“ kapitalistischer Produktion und Rüstungsproduktion deutlich, wie vorteilhaft die Kriegswirtschaft aus Sicht der Rüstungskapitaleigner ist. Sie schrieb: Bei der Rüstungsproduktion „tritt an die Stelle einer großen Anzahl kleiner, zersplitterter und zeitlich auseinanderfallender Warennachfrage (...) eine zur großen, einheitlichen, kompakten Potenz zusammengefasste Nachfrage des Staates.“ Diese werde „außerdem der Willkür, den subjektiven Schwankungen der Konsumtion entrückt und mit einer fast automatischen Regelmäßigkeit, mit einem rhythmischen Wachstum begabt.“ [8]
Vergleichbares erleben wir heute wieder. Anders als im Kalten Krieg und anders als zur Zeit des Vietnam-Krieges gibt es heute ja keine Konfliktherde, wo der Kapitalismus ernsthaft oder gar existenziell herausgefordert werden würde. Größere nichtkapitalistischen Gesellschaften existieren seit dem Kollaps der UdSSR nicht mehr. Es gibt aus Sicht der mächtigen westlichen Länder keine relevante kriegerische Auseinandersetzung. Dennoch steigen seit einigen Jahren die Rüstungsausgaben erneut. Die NATO-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, haben sich verpflichtet, ihre Rüstungsausgaben schrittweise so anzuheben, bis sie 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entsprechen. In der BRD würde dies auf eine Verdopplung der Rüstungsausgaben hinauslaufen. Im Dezember 2017 verpflichteten sich 23 EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland und Österreich, sich zu einem spezifischen Militärbündnis innerhalb der EU mit der Bezeichnung PESCO zusammenzuschließen. Das war nicht verpflichtend – Dänemark und Malta blieben explizit außen vor. Ziel dieses Bündnisses ist es, die Rüstungsausgaben dieser Länder von Jahr zu Jahr zu steigern und die EU zu einer Militärmacht auszubauen. Und der erste, entscheidende Schritt der US-Regierung unter Donald Trump war die signifikante Erhöhung der US-amerikanischen Rüstungsausgaben.
Das heißt, der relative Optimismus, von dem ich eingangs sprach, ist eher nicht berechtigt?
Nein, leider nicht. Wir müssen davon ausgehen, dass die Situation wieder derjenigen ähnelt, wie wir eine solche vor dem Ersten Weltkrieg hatten: Ein weltweit herrschender Kapitalismus, aufgespalten in Nationalstaaten und große Blöcke. Wachsende Krisentendenzen und beginnende Handelskriege. Bereits vor diesem Hintergrund gibt es viel Flucht in Großprojekte und Rüstung. Es gibt einen niedergehenden US-amerikanischen Kapitalismus, der aber militärisch noch absolut dominant ist. Und dann existiert da diese aufsteigende Wirtschaftsmacht China, die bereits bei den Exporten vorne liegt und deren Binnenmarkt für die westlichen großen Konzerne der wichtigste weltweit überhaupt ist. Bereits die letzten Jahre zeigten, dass das auf ein neues Wettrüsten hinausläuft – und auf einen drohenden Krieg zwischen den USA und China. Wobei eine nicht unwichtige Rolle dabei spielt, auf welcher Seite hier die Atommacht Russland stehen wird.
Wenn in dieser Situation viele Grüne und einige Linke auf eine erstarkende EU, also einschließlich auf eine Militarisierung der EU bzw. auf den Aufbau einer EU-Militärmacht setzen, dann ist das fatal. Ich sage dazu immer: Wenn es auf der Welt eine Gangsterbande gibt, die den Rest der Welt unterdrückt, dann ist das höchst unangenehm. Wenn es dann zwei solche Gangsterbanden gibt, die um die Welthegemonie streiten, dann wird es noch ungemütlicher. Wenn es am Ende gar drei solche kapitale Mafiagruppen geben sollte, die sich einen Bandenkrieg um die Vorherrschaft auf der Welt leisten, dann ist es erst recht höchst unwirtlich. Es ist absolut naiv und brandgefährlich, als Linke zu glauben, man könne sich da „taktisch“ auf eine der Seiten stellen. Zumal es ja längst nicht mehr um die Gefahr großer konventioneller Kriege, sondern um die Gefahr eines Atomkriegs geht.
Nein – wir müssen ganz grundsätzlich jede Art Militarisierung, jeden Rüstungsexport und auch jede Rüstungsproduktion strikt ablehnen. Wir müssen ohne Abstriche für umfassenden Frieden und für gewaltfreie Prozesse der Konfliktlösung eintreten. Und wir müssen erkennen, dass es letzten Endes eine friedliche Welt nur geben wird, wenn es keine kapitalistische Gesellschaft, wenn es eine solidarische neue Gesellschaft geben wird. Damit hängen für mich die Antikriegsarbeit und das Engagement für diese neue solidarische Gesellschaft unauflösbar zusammen.
1. Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall verfügt über eine italienische Tochterfirma namens RWM Italia S.p.A. mit einem Werk in Domusnovas im Süden Sardiniens. RWM steht für „Rheinmetall Waffen Munition GmbH“. Rheinmetall nutzt auf Sardinien militärisches Sperrgebiet, so dasjenige im Südwesten der Insel um das Capo Frasca herum, um Bomben zu testen. Die Gegend um das Capo Frasca gilt als hochgradig kontaminiert. Rheinmetall fertigt im sardischen Werk u. a. Bomben vom Typ MK82 und MK84, die laut Rheinmetall-Eigenwerbung „perfekt (sind) für Situationen, die höchste Druck- und Explosivkraft erfordern“ und die „Zerstörung, Tod und Verletzungen durch Druck- und Streueffekte hervorrufen“. Im Mai 2015 deckte der investigative irische Journalist Malachy Browne vom Internetportal reported.ly auf, wie deutsche Bomben, gefertigt in Sardinien, den Weg in den Jemen finden. Die Rheinmetall-Tochter RWM exportiert seit einigen Jahren in großem Umfang die entscheidenden Bestandteile der MK82- und MK84-Bomben an ein Unternehmen namens Burkan Munition Systems in Abu Dhabi. Die VAR-Rüstungsfirma gilt als „technology partner“ des deutschen Rüstungskonzerns. Bei Burkan Munition Systems werden die Bomben zusammengesetzt und mit Explosivstoff gefüllt. Die „gebrauchsfertigen“ Bomben werden dann von Burkan an das VAR-Militär übergeben, das im Jemen-Krieg Teil der Kriegsallianz ist. Ausführlich bei: Winfried Wolf, In Kassel konstruiert – in Sardinien produziert – im Jemen explodiert, in: Lunapark21, Heft 36, Winter 2016/2017.
2. Thích Quảng Đức war ein vietnamesischer Mönch, der sich am 11. Juni 1963 in Saigon selbst anzündete, um in erster Linie gegen die Unterdrückung der buddhistischen Bevölkerungsmehrheit in Vietnam zu protestieren. Damals herrschte in Vietnam der streng katholisch orientierte Diktator Ngo Dinh Diem. Nach seiner Machtergreifung 1954 siedelten etwa eine Million meist römisch-katholische Nordvietnamesen nach Südvietnam um, unterstützt durch Schiffe der USA-Marine. 90 % der Südvietnamesen waren Buddhisten. Diem bevorzugte jedoch Katholiken aus dem Norden bei der Postenvergabe für Staatsämter und behandelte den Buddhismus nicht als Religion, sondern als Verein. Im November 1963 wurde Diem von Militärs gestürzt. Der Putsch wurde von den USA gebilligt; er fand in der Zeit der Präsidentschaft von John F. Kennedy statt.
3. Am 1. Dezember 1972 erkannte die von Bruno Kreiskys angeführte österreichische Regierung offiziell die Demokratische Republik Vietnam („Nordvietnam“) an. Das Land unterstützte die Befreiungsbewegung FNL („Vietcong“) im Süden und wurde gerade zu diesem Zeitpunkt durch US-Luftstreitkräfte massiv bombardiert. Vor Wien hatte kein anderer westlicher Staat mit Nordvietnam oder mit der Befreiungsfront im Süden (der FNL [Front National de Libération] oder NLF [National Liberation Front], den kommunistischen Vietcong), diplomatische Beziehungen aufgenommen.
4. Das VZ orientierte sich im Design an der BZ, der damals in Westberlin wichtigsten Boulevard-Zeitung, die, wie Bild, vom Springer-Konzern herausgegeben wurde und den Vietnam-Krieg der US-Regierung vorbehaltlos unterstützte.
5. FaktenCheck: HELLAS [FCH] erschien zwischen April und Oktober 2015 mit fünf Ausgaben und mit einer addierten Auflage von 350.000 Exemplaren. FCH erschien in bis zu fünf Übersetzungen. Eine griechische Ausgabe erschien zeitweilig als Beilage in der griechischen Tageszeitung EFSYN (Zeitung der Redakteure). FCH ging Ende 2015 in das Blatt FaktenCheck: EUROPA [FCE] über. FCE erscheint bis heute (allerdings mit meist nur einer Ausgabe im Jahr).
6. Fast ein Jahrzehnt lang erschien die ZgK in enger und sehr produktiver Kooperation mit Monty Schädel, dem politischen Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft – Verband der Kriegsdienstgegner (DFG/VK). Diese Kooperation musste seitens M. Schädel 2015 aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben werden.
7. In einem Interview mit der Tageszeitung Neues Deutschland sagte im Mai 2002 der damalige Wirtschaftssenator Gregor Gysi: „Wenn man Leute in eine bestimmte Verantwortung schickt, weiß man, dass sie von bestimmten Dingen zu bestimmten Zeiten ausgeschlossen sind.“ Es sei richtig, als Senator nicht an den Protestaktionen während des Bush-Besuchs teilzunehmen, aber deren friedenspolitische Ziele „klar und öffentlich zu unterstützen.“ Hier zitiert nach Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20. Mai 2002; siehe: Streit um Protestaktionen verschärft sich.
8. Das Buch Der Seelentröster erschien im November 2018 auch in serbischer Sprache. Das Buch Seelentröster erschien 2017 bei Schmetterling, Stuttgart. Das Buch zu den Giftgas-Exporten bei ISP, Frankfurt/Köln; alle anderen genannten Bücher erschienen im Verlag Konkret Literatur, Hamburg.
9. Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals, Berlin 1913 (Reprint 1969), S. 442.
Winfried Wolf ist Diplom-Politologe und Dr.phil. Er ist Chefredakteur von Lunapark21 – Zeitschrift zur Kritik der globalen Ökonomie. Wolf ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat von Attac. Jüngste Veröffentlichungen: abgrundtief + bodenlos. Stuttgart 21, sein absehbares Scheitern und die Kultur des Widerstands (Köln 2018) und Mit dem Elektroauto in die Sackgasse. Warum E-Mobilität den Klimawandel beschleunigt (Promedia, Wien, März 2019).
Zuletzt aktualisiert am 29. Juni 2023