Conrad Schmidt


Die psychologische Richtung
in der National-Oekonomie

(1892)


Quelle: Conrad Schmidt, Die psychologische Richtung in der National-Oekonomie, Die neue Zeit, 10.1891–92, 2. Bd. (1892), 41, S. 421–429, 459–464.
Transkription: Daniel Gaido.
HTML-Markierung: Einde O’Callaghan für das Marxists’ Internet Archive.


I.

Ein ungeheurer, sinnverwirrender Mechanismus, gelenkt nach verborgenen, mächtigen Gesetzen, so erscheint uns das in ewiger Bewegung, durch keine Grenzen, keine Gebirge und Meere aufgehaltene Wirthschaftsleben der modernen Zeit. Wie die Astronomie die Erde, welche der unbefangene Blick für festgegründet und selbstständig hält, als ein winziges, den allgemeinen Gesetzen des Sternsystems gehorchendes Weltatom nachweist, so ordnet die soziale Auffassung das einzelne Individuum, welches sich gleichfalls so gerne frei und selbständig, ein wahrer Mikrokosmos dünkt, als verschwindendes Atom in die Bewegung des ökonomischen, jeder individuellen Willkür entzogenen Mechanismus ein.

Sicher, es ist eine der fesselndsten Aufgaben, die der wissenschaftliche Geist sich stellen kann, wenn er in das innerste Getriebe dieses Mechanismus einzudringen und die unendliche Vielgestaltigkeit der äußeren Erscheinungen gesetzmäßig, objektiv, aus einem einheitlichen Grunde zu verstehen sucht, – um so fesselnder, da diese Wirthschaftsordnung, welche die Menschen heute beherrscht, historisch, also als Werk, wenngleich nicht zielbewußtes Werk, der Menschen selbst entstanden ist und bei dem rastlosen Entwicklungsdrange der Menschheit, wie sie historisch entstanden, so dem historischen Untergange geweiht erscheint. Hier knüpft die oekonomische Betrachtung unmittelbar an das große soziale Entwicklungsproblem der heutigen Menschheit an, indem sie das, was fortgebildet, fortentwickelt und überwunden werden soll, die bestehende Wirthschaftsordnung selbst, der eingehendsten Analyse unterwirft.

Ich habe das moderne Wirthschaftsleben einen durch Gesetze (natürlich ökonomische, nicht juristische) geregelten Mechanismus genannt, und die Erkenntniß dieser objektiv faßbaren Gesetze als die wesentliche Aufgabe der politischen Oekonomie bezeichnet. Muß denn aber jede Wirthschaftsordnung solchen verborgen wirkenden Gesetzen unterworfen sein? Im Begriff der Wirthschaftsordnung selbst liegt dieses nicht; so lange die Menschen die Produkte ihrer Arbeit selbst verzehren oder auch einen Theil derselben zum unmittelbaren Verzehr an die Herrenklasse abtreten müssen, so lange bleibt die Wirthschaftsordnung durchsichtig, einfach und klar. Eine solche Wirthschaftsordnung erkennen, heißt: sie beschreiben und die historischen Ursachen ihrer Entstehung und Fortbildung nachweisen. Um hier Alles zu verstehen, dazu bedarf es keiner ökonomischen Gesetze. Nicht daß wir überhaupt eine, sondern daß wir diese besondere Wirthschaftsordnung haben, muß also der Grund sein, der die modernen Oekonomen zur Erforschung solcher Gesetze drängt. Die Besonderheit, durch welche sich die moderne Wirthschaftsordnung von allen früheren, weniger komplizirten Organismen unterscheidet, ist aber, daß sie im ganzen Umkreis ihres Machtbereiches auf Waarenproduktion, d. h. auf dem Kauf und Verkauf der produzirten Güter ruht. Die Allmacht und Allgegenwart des Geldes, welches wie die Vertheilung so die Erzeugung der Güter vermittelt, das ist das Merkmal ihres Wesens, der Springquell ihrer Kraft und ihrer Schwäche. Hierin, daß alle Güter, daß die Arbeitskräfte der Menschen selbst sich gegen Geld umsetzen, einen Preis – und zwar bestimmte Preise – erzielen, liegt das Räthsel, dessen Lösung allein eine wirkliche Erkenntniß der modernen Wirthschaftsordnung zu gewähren vermag, das weiterhin die Geldeinnahmen der verschiedenen Gesellschaftsklassen – der Arbeiter wie der Kapitalisten – und damit die Existenzsbedingungen und Tendenzen dieser selbst erklärt.

Und dieses Räthsel verschwindet nicht, wenn wir die äußere Gestalt modernen Wirthschaftslebens mit noch so erschöpfender Statistik beschreiben, wenn wir noch so genau die Entstehung dieser neuen Gesellschaftsordnung, ihre Kämpfe und Schicksale erforschen. Dieses Räthsel kann nur gelöst werden, wenn wir begreifen, welch’ allgemeines, objektiv faßbares Gesetz den Umsatz der Waare gegen Geld beherrscht. Alle Gesetze, denen wir im Wirthschaftsleben heute unterworfen sind, führen auf dieses erste, große, allgemeine Gesetz, ohne welches auch alles Uebrige im Dunkel bleibt, zurück. Das Räthsel des Preises ist es, welches den modernen Oekonomen nach einem verborgenen, objektiven ökonomischen Gesetze zu suchen zwingt.

Wenn alle Güter sich gegen ein und dasselbe Gut, nämlich gegen Geld, umsetzen, so setzen sie sich selbst dadurch einander gleich. Trotz aller Verschiedenheit, trotz aller Inkommensurabilität muß also ein Gemeisames existiren, mit Bezug auf welches eine solche Gleichsetzung, ein Kommensuriren des scheinbar Inkommensurablen möglich wird. Und dieses allen Waaren Gemeinsame kann in nichts Anderem bestehen, als daß sie Arbeitsprodukte seien, Produkte menschlicher Arbeit schlechthin, in welcher Form immer verausgaubt. Als Kristallisationen abstrakt gleicher Arbeit sind die Waaren Werthe. Ihren Werth drücken sie, sobald sich der Waarenaustausch zur Geldwirthschaft fortentwickelt hat, in ein und derselben Waare aus, die dadurch allgemein gesellschaftliche Giltigkeit innerhalb der Waarenzirkulation – Geldcharakter erhält. Seinem Wesen nach ist also der Preis Geldausdruck des Werthes; in der Geldmenge, die den Preis einer Waare darstellt, ist die gleiche Menge abstrakter Arbeit als in der Waare selbst enthalten. Wenn sich aber im Preis der Werth einer Waare ausdrücken kann, und wenn der Preis seinem Wesen nach als Werthausdruck zu begreifen ist, so folgt daraus, wie Marx selbst ausdrücklich hervorhebt, durchaus nicht, daß in jedem Preisverthältniß der Waarenwerth zu exaktem Ausdruck kommen muß. Mit zufälligen und individuellen Abweichungen hat sich die Oekonomie nicht zu beschäftigen, wohl aber mit generellen. [1] Grund und Maß dieser Abweichungen muß aus dem Werthgesetze selbst entwickelt werden. Ob also solche Abweichungen existiren oder nicht, in jedem Falle gilt es, ein allgemeines objektives Gesetz, das Tauschwerth und Preis der Waaren regelnd beherrscht, zu finden; und nur auf die gleiche allgemeine Natur aller Waaren, Produkt abstrakt gleicher Durchschnittsarbeit zu sein, kann ein solches Gesetz sich gründen.

Wie Karl Marx nach langer Unterbrechung die von Smith und Ricardo begonnene Werthanalyse mit wunderbarer Kraft fortgeführt, wie weit er das die Preisbildung beherrschende Werthgesetz in den Komplikationen der Wirklichkeit verfolgt hat, welche Phänomene durch die bisher erschienenen zwei ersten Bände des Kapital als gelöst gelten können, welche ihrer Lösung noch entgegen harren, das auch nur in Umrissen zu schildern, würde innerhalb der hier gesteckten Grenzen unmöglich sein. Indessen lohnt es wohl der Mühe, sich über eine in neuerer Zeit jener „deduktiven“ Richtung der Nationalökonomie oft entgegentretende skeptische Vorfrage Klarheit zu verschaffeu, die Vorfrage, ob überhaupt ein solches objektives, verborgen wirkendes Werthgesetz existiren könne. Die große Masse der ökonomischen Schriftsteller macht sich die Sache außerordentlich leicht. Bald erklärt sie die Preise aus den Produktionskosten, bald aus Angebot und Nachfrage, bald aus Lohn, Gewinn und Rente u. s. w., ohne daran zu denken, daß überall das zu Erklärende hier schon vorausgesetzt wird. [2] Gegen diese prinziplos eklektische Manier, sowie gegen die auf Analyse eines objektiven Werthgesetzes ausgehende Forschung ist nun in neuerer Zeit im Namen der Psychologie Opposition erhoben worden. Diese von dem Engländer Jevons inaugurirte psychologische Richtung, wenngleich sie Anhänger in den verschiedensten Ländern besitzt, hat ihr Hauptlager auf den österreichischen Universitäten. Ihre bekanntesten Wortführer sind dort Menger, Böhm-Bawerk und Wieser.

Jeder Waarenaustausch, so würde etwa die Argumentation dieser Schule lauten, ist stets durch die Willenseinigung zweier Kontrahenten bedingt. Der Wille wird allein durch psychologische Motive und auf ökonomischem Gebiete regelmäßig durch egoistische Motive gelenkt. Das Zustandekommen jedes Austauschaktes hängt also allein davon ab, ob die Kontrahenten ihrer subjektive Werthschätzung nach den betreffenden Austausch für vortheilhaft halten. Dies vorausgesetzt, muß das Geschäft, ohne dies kann es nicht zu Stande kommen. Der Faktor, von dem beim Tausch Alles abhänge, sei mithin die subjektive Werthschätzung; wolle man erkennen, wie sich der Tauschwerth der Güter normire, so gelte es, das Prinzip der subjektiven Werthschätzung durch psychologische Analyse aufzufinden. Von diesem Standpunkt aus erscheint das Bestehen eines objektiven Werthgesetzes, welches den Tauschwerth ohne Rücksicht auf solche subjektiven Faktoren nach der in den Produkten real verkörperten Arbeitsmenge direkt oder indirekt bestimmt, von vornherein als unmöglich. Nicht dies oder jenes Resultat der objektiven Werththeorie, sie selbst wird in Zweifel gezogen. Die auf das Subjektive gerichtete Psychologie soll an ihre Stelle treten. Das ist die prinzipielle Bedeutung der neuen Schule.

Soviel ist selbsvertändlich: Mit Bewusstsein kann die Verwirklichung eines wie immer formulirten objektiven Werthgesetzes nie gewollt werden, da der Einzelwille allein den Impulsen seines individuellen Interesses folgt. Die Frage ist nur, ob nicht, indem er das thut, indem es alle Einzelwillen thun, unbewußt und ungewollt trotzdem ein objektives Gesetz, ein Werthgesetz, wie es den Klassikern der Nationalökonomie vorschwebt, entstehen kann und muß, dessen Norm alle einzelnen Tauschakte unterworfen sind? Von diesem Gesichtspunkt aus werden wir im Folgenden die Ausführungen der Werthpsychologen zu prüfen haben. Um ein doppeltes handelt es sich hierbei, einmal ob ihre Analyse die bei der Normirung des Tauschwerthes wirklich ausschlaggebenden psychologischen Faktoren in Betracht zieht, sodann ob diese wirklich wirksamen psychologischen Faktoren die Existenz eines objektiven Werthgesetzes ausschließen, zulassen oder gar zur nothwendigen Folge haben? Die Prüfung wird darum etwas langwierig sein, weil wir mit dem abstrakten isolirten Menschen, wie ihn die unfruchtbare Willkür dieser Psychologenschule konstruirt hat, beginnen müssen. Glaubt sie doch, das allgemeine Prinzip des Werthurtheils und der Güterbewerthung hier am klarsten erkennen zu können.

Die psychologische Bedingung jeder Produktion und weiterhin des Austausches ist, daß die betreffenden Güter Objekt einer Werthschätzung seien. Sie werden aber werthgeschätzt als Mittel zur Bedürfnißbefriedigung, vorausgesetzt, daß sie nicht wie Luft, Sonnenlicht, Wasser u. s. w. in unbeschränkter, nicht zu vermindernder Quantität vorhanden sind. Allgemein entsteht die Frage, wodurch das Maß dieser unserer Werthschätzung bestimmt ist. Die Mengerianer behaupten, es richte sich, wenn auch nicht nach dem abstrakten, so doch nach dem konkreten, besser dem subjektiven Gebrauchswerth, den die Dinge für das Individuum haben. Der abstrakte Gebrauchswerth hängt von der Bedürfnißgattung ab, die ein Gut befriedigt; so dient das Brot dem Hunger, die Kleidnug dem Kleidungsbedürfniß, der Putz der Eitelkeit u. s. w. Eine Werthschätzung, die sich nach dem abstrakten Gebrauchswerth richtet, müßte also die Güterwerthe abschätzen nach der Wichtigkeit der Bedürfnißgattungen, sie müßte z. B. ein Gewichtsquantum Brot für werthvoller als ein entsprechendes Quantum [3] Kleider oder gar Putz erklären. Daß man so dem Problem des Tauschwerthes nicht auf die Spur kommen kann, da sich dieser offenbar ganz unabhängig von der abstrakten Wichtigkeit der Güter normirt, liegt auf der Hand. Wie steht es nun mit dem konkreten oder subjektiven Gebrauchswerth? Wird dieser von dem abstrakten Gebrauchswerth, der sozialen Bedeutung der Güter unabhängig sein können? Die Mengerianer behaupten es, und sie exemplifiziren ihre Ansicht an dem isolirten, im Besitz eines Gütervorraths befindlichen Subjekte, gewissermaßen dem ökonomischen Adam. In diesem Falle ist die subjektive Werthschätzung in der That von dem abstrakten Gebrauchswerth der Güter wesentlich unabhängig. Nehmen wir z. B. an, der Isolirte habe sehr viel Brot und relativ wenig Wein. Brot ist sicher ein nothwendigeres und wichtigeres Gut als Wein. Aber trotz dieses Unterschiedes im abstrakten Gebrauchswerth wird der Isolirte den Verlust eines Quantums Brot unter diesen Umständen wahrscheinlich weniger schmerzlich als den eines entsprechenden Weinquantums empfinden, er wird Wein höher wie Brot schätzen. Die subjektive Werthschätzung der Güter richtet sich also nicht nach der Qualität der Güter, resp. der Bedürfnißgattung, die sie befriedigen, sondern nach der Menge, die von einer bestimmten Güterqualität den Bedürfnissen des Subjekts zu Gebote steht. Denn von der Menge hängt der Grad ab, bis zu welchem eine Bedürfnißart des Subjekts befriedigt wird.

Hiermit sind wir bei der vielgerühmten Theorie des Grenznutzens angelangt. Grenznutzen bedeutet die letzte, schwächste, relativ überflüssigste Bedürfnißbefriedigung, die ich von einer gegebenen Gütermenge zu erwarten habe. Der Werth, welchen ich den Gütern einer bestimmten Art beilege, soll sich nach diesem so definirten Grenznutzen richten. Er erscheint der psychologischen Schule als das allgemeine, das einzige Prinzip der Werthschätzung, aus ihm sei Tauschwerth und Preis der Güter abzuleiten.

Erläutern wir die Werthschätzung auf Grund des Grenznutzens noch kurz an einem Beispiele. Unser Isolirter hatte, der Annahme nach, viel Brot zur Verfügung; sagen wir 5 Pfund pro Tag, 2½ davon mag er – dieses Beispiel ist einem Böhm-Bawerk’schen frei nachgebildet – für sich selbst vernutzen, 2½ zur Fütterung von Thieren, die er zu seinem Vergnügen hält. Verliert er pro Tag ½ Pfund, so wird die Einbuße wenig gefühlt werden, weil die damit fortfallende Bedürfnißbefriedigung von geringer Wichtigkeit ist; die Fütterung der Thiere wird etwas beschränkt. Der Verlust eines weiteren halben Pfundes wird schon schärfer gefühlt, da nun die Thiere Hunger leiden müssen, eventuell ihre Erhaltung in Frage gestellt ist. Die Werthschätzung von ½ Pfund Brot, die also bei einer Verfügung über 5 Pfund gering war, wird bei einer Verfügung über nur 4½ Pfund größer sein, denn der Grenznutzen, d. h. die letzte relativ überflüssigste Bedürfnißbefriedigung, die von dem halben Pfund zu erwarten war, hat sich verändert. Sie ist wichtiger geworden, der Grenznutzen hat sich erhöht, und in der neuen Werthschätzung kommt die veränderte Größe des Grenznutzens zum Ausdruck. Je mehr sich das Brotquantum verringert, um so wichtiger wird die relativ überflüssigste Bedürfnißbefriedigung, der Grenznutzen, der von einem halben Pfunde für das Subjekt zu erwarten steht. Besitzt es nur noch die zu eigenem Konsum bestimmten 2½ Pfund Brot, so bedeutet der Verlust von einem halben Pfund, daß der gewohnheitsmäßige Nahrungsbedarf, eines weiteren halben Pfundes, daß der Appetit, eines weiteren halben Pfundes, daß der Hunger nicht befriedigt wird.

Man sieht, der Grenznutzen von Gütern, die dem Konsum des Individuums zur Verfügung stehen, variirt mit der Quantität derselben. Das Güterquantum wird mit dem Bedürfnißquantum verglichen, die letzte eben noch gedeckte Bedürfnißstaffel normirt den Grenznutzen, den Güter dieser Art für das Individuum haben, und damit die individuelle Werthschätzung solcher Güter überhaupt. Daß unter Umständen die Werthschätzung thatsächlich durch den Gütervorrath allein in dieser Weise normirt wird, z. B. wenn Schüler ihre Briefmarken und sonstigen Schätze gegeneinander austauschen oder, um ein in der Menger-Schule sehr beliebtes Beispiel zu nehmen, bei Wüstenreisen, wo kein Ersatz des vorhandenen Proviants zu erwarten ist, liegt auf der flachen Hand. Es fragt sich aber, ob, wenn man die Umstände etwas weniger willkürlich und phantasievoll und mehr der ökonomischen Wirklichkeit entsprechend auswählt, der Grenznutzen, das bestimmende Prinzip auch nur der individuellen Werthschätzung bleiben kann?

Nun ist der isolirte Mensch, mit welchen als der ökonomischen Keimzelle operirt wird, ohne isolirte Wirthschaft überhaupt nicht denkbar. Professor Dietzel hat in Conrad’s Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik (Jahrgang 1890) den Mengerianern bereits schlagend nachgewiesen, daß dieser nicht ganz unwichtige Umstand ihre ganze Analyse über den Haufen wirft. [4] Wären die Menschen nur Konsumenten, und fielen die Güter ihnen vom Himmel herab, dann in der That müßte ein Jeder seinen Besitz allein nach der Grenznutzentheorie bewerthen. Da die Menschen aber selbst Erzeuger ihrer Güter sind und dieselben durch Arbeit in der Regel stets ersetzen können, haben sie durchaus keine Veranlassung, ihre Produkte allein nach der Bedürfnißstaffel, welche durch sie gedeckt ist, werthzuschätzen. Die Werthschätzung kann sich ebenso gut nach der größeren oder geringeren Schwierigkeit richten, mit welcher die betreffenden Güter sich ersetzen lassen. In einer isolirten Wirthschaft existirt ferner nur ein einziges solches Ersatzmittel, die Arbeit des wirthschaftenden Subjektes selbst. Die größere oder geringere Schwierigkeit des Ersatzes drückt sich in dem größeren oder kleineren Arbeitsquantum aus, welches das Individuum bei der Reproduktion der Güter zu verausgaben haben würde. Bereits in der isolirten Wirthschaft kann sich mithin die Werthschätzung ganz unabhängig vom vorhandenen Gütervorrath und dem durch ihn bedingten Grenznutzen der Güter nach der Arbeitsmenge, die ihr Ersatz kostet, richten. Und je regelmäßiger und besser organisirt der Wirthschaftgang, je umsichtiger für die Anhäufung vom Gütervorräthen gesorgt wird, um so mehr wird dieses zweite Prinzip der Werthschätzung das erste des Grenznutzens verdrängen.

Was die Menger’sche Schule durch psychologische Analyse beweisen wollte, daß sich nämlich die subjetive Werthschätzung von Gütern nur nach dem Grenznutzen, den sie gewähren, richten könne, eben das wird durch die psychologische Analyse sogar für die isolirte Wirthschaft widerlegt, sofern man nur bei ökonomischen Dingen nicht die Oekonomie, bei der Betrachtung der Güter also nicht ihre Reproduzirbarkeit vergißt. Der Einwand, daß die Werthschätzung nach den Reproduktionskosten keine neue Schätzungsnorm, sondern nur eine andere Wendung des Grenznutzprinzips darstelle, ist ebenfalls unmöglich. Denn aus der letzten Bedarfsstaffel, die durch einen gegebenen Vorrath von Güterexemplaren gedeckt wird, aus dem Grenznutzen also, läßt sich absolut nicht ableiten, welches Arbeitsquantum zur Reproduktion eines dieser Güterexemplare nothwendig sein wird. Die Werthung von dem ersten Standpunkt aus kann mit der von dem zweiten Standpunkt ausgehenden Werthung überall in Konflikt gerathen.

Man sieht: schon in der isolirten Wirthschaft wird das ökonomische Werthurtheil durch einen objektiven Faktor – die zum Ersatz der Güter nothwendige Arbeitsmenge – mehr oder weniger beherrscht. Nur die wunderbare Einseitigkeit der Werthpsychologen konnte das leugnen. Es fragt sich nun, ob, wenn wir an Stelle der isolirten die durch Tausch (weiterhin durch Kauf und Verkauf) verbundenen Wirthschaften, kurz eine waarenproduzirende Gesellschaft setzen, ein solcher objektiver Faktor als regelndes Prinzip der gesellschaftlichen Werthurtheile und damit des Gütertauschwerthes nicht gleichfalls möglich oder nothwendig ist, aller Grenznutzpsychologie zum Trotz? Der langwierige Umweg durch die isolirte Wirthschaft der Grenznutztheoretiker war nothwendig, um die Meinung dieser zu verdeutlichen. Bedeutung erhält diese Meinung erst, wenn sie sich von der Wirthschaft des isolirten Subjekte, zur Wirthschaft der tauschenden Subjekte, aus der Phantasie zur Wirklichkeit wendet und diese zu erkennen behauptet.

Die Waarenproduktion mit freier Konkurrenz ist nur in der kapitalistischen Form zu freier Entfaltung gelangt; industrieller Kapitalist, Grundeigenthümer und Lohnarbeiter, auf diesen antagonistisch entgegengesetzten großen Klassen ruht ihre Existenz. Diese Klassen sind es, durch welche sich in letzter Reihe die Produktion und Zirkulation der Waaren vollzieht. Die politische Oekonomie hat nachzuweisen, wie sich das Werthgesetz, d. h. die objektive Bestimmung des Waarenwerthes durch die zur Herstellung der Waaren nothwendigen abstrakten Arbeitsmengen in dieser historisch gegebenen Welt verwirklicht. Der psychologische Einwand, welcher die Möglichkeit eines objektiven, den Austausch regelnden Gesetzes leugnet, betrachtet aber die waarenproduzirende Gesellschaft nicht in ihrer historisch entwickelten, sondern in ihrer ganz allgemeinen Gestalt; er resumirt sich dahin, daß die tauschenden Kontrahenten (resp. Käufer und Verkäufer) bei dem Geschäft stets nur den eigenen individuellen Vortheil, nie aber irgend ein objektives Werthgesetz zu verwirklichen suchen, daß also die zur Produktion der Waaren nothwendige Arbeitszeit, weil sie als Bestimmungsgrund des Tauschwerthes nicht im Bewußtsein der Tauschenden sei, überhaupt nicht Bestimmungsgrund des Tauschwerthes sein könne. Dieser Einwurf, der nur an die ganz allgemeine Natur des Waarenaustausches denkt, wird am klarsten widerlegt, wenn man von allen Komplikationen, die aus dem historischen Klassencharakter der waarenproduzirenden Gesellschaft entspringen, absieht und Waarenproduktion in ihrer allgemeinsten unentwickelten Form unterstellt, wenn man also unterstellt, daß die wirklichen Waarenproduzenten ohne Dazwischentreten von Kapitalist und Grundeigenthümer ihre Produkte direkt gegeneinander austauschen. Zeigt sich hier, daß die Arbeit Bestimmungsgrund der Tauschwerthe ist, trotzdem sie als solcher nicht ins Bewußtsein der nur auf eigenen Vortheil bedachten Kontrahenten tritt, so ist damit der psychologische Einwand, der aus dem Unbewußtsein über ein objektives Werthgesetz die Unmöglichkeit desselben folgern will, allgemein – also auch für die kapitalistische Waarenproduktion – widerlegt. Freilich die Form, in welcher sich das Werthgesetz bei kapitalistischer Waarenproduktion verwirklicht, kann nicht dieselbe sein, wie bei der von uns hypostasirten einfachen Gesellschaftsordnung. Ist aber jene Form von der ökonomischen Wissenschaft erst in alle Einzelheiten entwickelt, wird sie ebenso als psychologisch nothwendiges Resultat der konkurrirenden Einzenwillen erscheinen, wie die Form, in der sich ein objektives Werthgesetz bei einfacher Waarenproduktion verwirklicht, als psychchologisch nothwendiges Resultat erscheint.

In einer solchen Gesellschaft selbständiger Waarenproduzenten wirft Jedermann sein ganzes Arbeitsprodukt auf den Markt, und sucht dafür die ihm erwünschten Güter einzutauschen. Ein Jeder ist nur auf seinen Vortheil bedacht. Jeder wird also, was für Güter er auch im Tausche gegen das eigene Produkt einhandle, immer bestrebt sein, für ein möglichst kleines Quantum des eigenen Produkts ein möglichst großes Quantum des fremden einzutauschen. So schreibt es ihm das Streben nach möglichst vollkommener Bedürfnißbefriedigung vor.

Aber sein Produkt ebenso wie die fremden Produkte verkörpern die bei ihrer Produktion verausgabten Arbeitsmengen. Jeder aliquote Theil eines Produkts stellt einen entsprechenden Bruchtheil des im ganzen Produkt krystallisirten Arbeitsquantums dar. Das Streben, für ein möglichst kleines Quantum eigenen Produkts ein möglichst großes Quantum fremden Produkts einzuhandeln, involvirt also, wenn auch den einzelnen Kontrahenten unbewußt, das Streben, für ein möglichst kleines eigenes Arbeitsquantum ein möglichst großes fremdes zu erhalten. Nach dem Grad, in welchem das gelingt, bemißt sich in gewissem Sinne die Vortheilhaftigkeit des Tausches. So viel ist ferner von vornherein klar, daß die Konkurrenz zwischen den einer und derselben Branche angehörigen Produzenten dafür sorgt, daß der Tauschwerth der von ihnen hergestellten Produkte ein einheitlicher sei. A kann nicht theurer als sein Konkurrent B, B nicht theurer als A verkaufen. Wenn die Konkurrenz diese Einheitlichkeit des Tauschwerthes innerhalb einer Branche garantirt, so ist damit dem Streben der Konkurrenten, den Tauschwerth der eigenen Waare gegenüber dem aller anderen möglichst in die Höhe zu schrauben, eine gewisse von ihrer Sonderwillkür unabhängige Schranke gesetzt. Indessen über das Gesetz, dem diese Schranke wieder unterworfen ist, über die Norm, die diesen einheitlichen Tauschwerth wieder regelt, ist damit, daß wir wissen, er müsse einheitlich sein, freilich noch nichts bestimmt.

Eine solche Norm existirt aber, und sie stellt sich dar als nothwendiges Resultat des psychologisch nothwendigen Wettbewerbes aller Individuen um den größtmöglichen Vortheil. Die Konkurrenz nämlich, welche es dem Angehörigen einer Branche unmöglich macht, die eigene Waare mit größerem Vortheil, als seine Konkurrenten es können, loszuschlagen, – die Konkurrenz macht es auch, für die Dauer wenigstens, den Produzenten einer Branche unmöglich, ihr Produkt vortheilhafter auszutauschen, als es die Produzenten der anderen Branche vermögen. Sie tauschen es vortheilhafter aus, wenn das Produkt ihrer Arbeit einen höheren Tauschwerth besitzt, als die mit gleichem Arbeitsaufwand in anderen Branchen hergestellten Produkte. In diesem Falle würde aber in die bevorzugte Branche solange ein Zuzug neuer Produzenten stattfinden, bis unter dem Druck des steigenden Angebotes von Waaren dieser Art der Sondervortheil wieder verloren ginge. Die Konkurrenz sorgt also dafür, daß auf die Dauer die Produkte keiner Branche vortheilhafter als die der übrigen auf dem Markt ausgetauscht werden können, d. h. sie sorgt dafür, daß die Produkte gleicher Arbeitsquanten, in welcher Branche immer verausgabt, den gleichen Tauschwerth haben. Dadurch, daß eine Waare allgemeines Tauschmittel wird, also Geldcharakter erhält, kann von dieser Ausgleichungstendenz natürlich nichts geändert werden. Man sieht: Wenn auch die Realisation dieses objektiven Werthgesetzes von den einzelnen Kontrahenten nicht bewußt gewollt wird, so ist sie dennoch in einer Gesellschaft selbständiger Waarenproduzenten durch das freie Spiel der wirthschaftlichen Egoismen, das nur das Ziel eigenen Vortheils kennt, gewährleistet. Die Analyse der in einer waarenproduzirenden Gesellschaft bestimmenden psychologischen Faktoren, weit entfernt, ein objektives Werthgesetz als unmöglich erscheinen zu lassen, zeigt unter Voraussetzung einfacher Waarenproduktion sogar direkt die Nothwendigkeit desselben auf.

Damit ist der prinzipielle Standpunkt, dessen Vertreter aus der psychologischen Bedingtheit des Austauschaktes folgern wollen, daß der Begriff eines objektiven, alle Austauschakte im Großen regelnden Werthgesetzes unsinnig und in sich widerspruchsvoll sei, widerlegt. Die von uns oben formulirte Vorfrage, durch die man wohl jeder objektiven Werththeorie den Boden zu entziehen meint, ist erledigt. Denn wenn bei einfacher Waarenproduktion die Existenz eines objektiven Werthgesetzes eben auf Grund der psychologisch motivirten Einzelwillen als nothwendig nachgewiesen wurde – wie sollte da der Kampf dieser psychologisch motivirten Einzelwillen in einer entwickelten kapitalistischen Waarenproduktion die Verwirklichung eines solchen Gesetzes (freilich in anderer Form) unmöglich machen?
 

II.

Wir haben bereits gesehen, daß die psychologische Oekonomenschule in ihrer Analyse irrt, weil sie die für den Austausch der Waaren wirklich maßgebenden psychologischen Faktoren außer Acht gelassen hat. Wäre das nicht der Fall, so hätte sie sich in der früher entwickelten Weise sofort überzeugen müssen, daß die psychologische Motivirung des Tausches die Existenz eines objektiven Werthgesetzes, die sie widerlegen sollte, im Gegentheile klarlegt. Indessen wäre das nur eine indirekte Widerlegung der Grenznutztheorie. Bei der epochalen Bedeutung, welche dieser Theorie nach dem Zeugniß ihrer Verkünder zukommt, bei der Verachtung, mit der sie alle Errungenschaften der klassischen Nationalökonomie behandeln – einer Verachtung, die nur in der Hochachtung und Bewunderung der eigenen Leistungen ihr Gegenstück findet – und bei der relativ großen Popularität der Schule, könnte es vielleicht unbescheiden aussehen, wollte man mit dem Grenznutzbegriff in dieser summarischen Weise indirekt abrechnen.

Wir hatten ihn bei unserer psychologischen Ableitung des Tauschwerthes gänzlich bei Seite gelassen, obgleich er doch nach Versicherung der gesammten Schule einziges Prinzip aller Werthurtheile und damit auch des Gütertauschwerths sein sollte. Sehen wir nun zu, ob eine Ableitung des Tauschwerths aus dem Grenznutzprinzip in einer waarenproduzirenden Gesellschaft, ich will nicht sagen richtig, sondern überhaupt nur denkbar sei? Wenn nicht, auf welchen Schein sich seine Apostel berufen können?

Die erste Frage war, ob in einer waarenproduzirenden Gesellschaft die Ableitung des Güter-Tauschwerths aus dem Grenznutzprinzip auch nur denkbar sei? Der Grenznutzen von Gütern soll sich, wie wir gesehen, nach der letzten durch dieselbe garantirten Bedarfsdeckung bemessen. Ein Subjekt, das seine Güter nach dem Grenznutzprinzip bewerthen soll, muß also – das ist die Voraussetzung – im Besitze eines seiner Bedarfsdeckung dienenden Gütervorraths sein. Die Voraussetzung aber, unter welcher überhaupt nur an eine Werthung auf Grund des Grenznutzens gedacht werden kann, existirt in einer waarenproduzirenden Gesellschaft gar nicht. Die Güter, welche der Produzent austauscht, sind für den Markt produzirt, er konsumirt sie nicht selbst, noch kann er sie in der Regel konsumiren. Seine für den Markt erzeugten Güter bieten ihm als solche mithin überhaupt keine Bedarfsdeckung, mithin auch keinen Grenznutzen. Jede Möglichkeit, daß er sie nach dem durch dieselben gewährleisteten Grenznutzen bewerthe, ihren Tauschwerth also dementsprechend bestimme, fehlt. In einer waarenproduzirenden Gesellschaft ist der Grenznutzen, so aufgefaßt, als Werthprinzip nichts geringeres als eine blanke contradictio in adjecto.

Unterstellen wir statt des unmittelbaren Gütertausches einen durch Geld vermittelten, wo als Kontrahenten nicht zwei Waarenbesitzer, sondern ein Geld- und ein Waarenbesitzer, Käufer und Verkäufer, einander gegenübertreten, so ändert sich durchaus nichts zu Gunsten der Grenznutztheorie. Ebensowenig wie der Waarenvorrath des Verkäufers, ebensowenig ist der Geldvorrath des Käufers für die unmittelbare Bedarfsdeckung seines Besitzers bestimmt. Ebensowenig wie die Waareneinheit des Verkäufers, ebensowenig kann also die Geldeinheit des Käufers nach der Grenznutztheorie von den respektiven Besitzern gewerthet werden.

Wenn aber das Geld unmittelbar keine Bedarfsdeckung gewährt, so doch die mit dem Gelde gekauften Unterhaltsmittel. Es scheint sich hier die Ausflucht zu bieten, daß wenn von dem Käufer auch nicht das Geld, so doch die mit ihm zu kaufenden Güter nach der Theorie des Grenznutzens gewerthet und dementsprechend höher oder niedriger bezahlt würden. Damit aber Güter von einem Subjekt nach dem Prinzip des Grenznutzens gewerthet werden können, muß – ich wiederhole es – vorausgesetzt werden, daß der Betreffende bereits einen Vorrath davon besitze. Er besitzt aber nur einen Vorrath, wenn er ihn gekauft hat, und er konnte ihn nur kaufen zu einem bestimmten Preise. Der Besitz eines Gütervorraths, von dem die Grenznutztheoretiker ausgehen müssen, um den Tauschwerth und Preis der Güter zu erklären, setzt das zu Erklärende, den Güterpreis, bereits voraus.

Sie suchen diese Unmöglichkeiten zu umgehen, indem sie an die Stelle des Einzelnen die Vielen setzen. Den Vorräthen, die in der Hand der Verkäufer angesammelt sind, steht die Masse der Konsumenten gegenüber. Jeder derselben hat Bedürfniß nach den Vorräthen, und die Vielheit dieser Bedürfnisse wird, wenn die Waaren durch Kauf in den Besitz der Konsumenten übergegangen, wenigstens theilweise befriedigt. Wie bei den Einzelnen sich verschiedene Bedürfnißstaffeln unterscheiden lassen, so bei den Vielen. Hier setzt die Psychologenschule ein. Unter allen diesen durch die Vorräthe schließlich gedeckten Bedarfsstaffeln müsse doch eine die niedrigste sein. Die niedrigste Staffel sei der Grenznutzen, den Güter dieser Art für die Gesellschaft haben, und er sei es, der den Tauschwerth der Waaren als oberste Regel normire. Beweis: Der Preis der Produkte ist insgemein um so niedriger, je größer ihre Anzahl, um so höher, je geringer dieselbe. „Dem je mehr Exemplare einer Gattung verfügbar sind, desto vollständiger können die darauf angewiesenen Bedürfnisse befriedigt werden, desto unwichtiger sind die letzten noch zur Befriedigung gelangenen Bedürfnisse, deren Befriedigung durch den Wegfall eines Exemplars in Frage gestellt würde, desto niedriger ist mit anderen Worten der den Werth bestimmende Grenznutzen.“ [5] So erkläre sich auch die Anfangs so frappirende Erscheinung, daß relativ unnütze Dinge einen sehr hohen Werth, sehr nützliche einen geringen haben könnten.

Dieser Beweis beweist nur, daß die Phantasie der Grenznutztheoretiker mit den ökonomischen Thatsachen verfährt, wie manche berühmteren Phantasien mit der Weltgeschichte. Die Thatsachen haben Ordre zu pariren wie vor einem preußischen Unteroffizier und sich nach Kommando jeweilen auch – auf den Kopf stellen zu lassen. Selbstverständlich sind die billigen Produkte nicht darum billig, weil sie in Masse vorhanden, sondern sie sind in Masse vorhanden, weil sie billig. [6] Die kolossale Mehrheit in der modernen Gesellschaft besteht aus armen Teufeln, die von allen Konsummitteln nur die billigsten kaufen können. Die billigsten Waaren werden also, eben weil sie billig, am meisten nachgefragt und darum auch am massenhaftesten produzirt. Ihre Billigkeit aus der Menge ableiten, heißt, Ursache und Wirkung mit einander verwechseln.

Doch von dem verunglückten Beweise ganz abgesehen, die These ist in sich selbst haltlos. Der Grenznutzen war als die letzte durch einen dem Subjekte zur Verfügung stehenden Vorrath gedeckte Bedarfstaffel bestimmt. Mag man nun immerhin an die Stelle der Einzelnen die Vielen setzen, man darf nicht vergessen, daß diesen Vielen (der Gesammtheit der Konsumenten) in Wirklichkeit kein Gütervorrath zur Verfügung steht, daß die Voraussetzung einer unmittelbaren Grenznutzbewerthung mithin den Vielen ebenso wie den Einzelnen in der waarenproduzirenden Gesellschaft fehlt. Der Gütervorrath muß erst durch Kauf erworben werden. Sollten die bei diesem Kauf gezahlten Preise dennoch durch das Grenznutzprinzip geregelt sein, so müßte man nothwendig annehmen, daß die letzte Bedarfsstaffel, welche, nachdem der Vorrath in die Hände der Konsumenten gekommen, durch den Vorrath gedeckt werden würde, daß diese letzte Bedarfsstaffel, oder, wie man sie nennen kann, der voraussichtliche soziale Grenznutzen die Preishöhe normirt. Daran ist aber nicht zu denken.

Angenommen, die Getreideernte sei schlecht ausgefallen und das innerhalb der Gesellschaft feilgebotene Brotquantum habe sich dementsprechend um einen bestimmten Prozentsatz verringert. Nach dem Gesetzt von Angebot und Nachfrage wird dann der Brotpreis in die Höhe gehen. [7] Warum? Die Grenznutztheoretiker sagen: weil sich der voraussichtliche soziale Grenznutzen eines Brotes erhöht hat. Da nämlich die Brotmenge verringert worden, kann nur ein kleineres Bedürfnißquantum als normaler Zeit damit gedeckt werden. Nach der Theorie würden also die relativ überflüssigsten Bedarfsdeckungen in Wegfall kommen, damit stiege der voraussichtliche soziale Grenznutzen, und dieses Steigen wäre die Ursache der Preiserhöhung. – Was aber thatsächlich in Wegfall kommt, sind nicht die relativ überflüssigsten Bedarfsdeckungen, sondern ein Theil der als höchst dringend empfundenen Bedarfsdeckungen der Aermsten, welche den erhöhten Preis nicht mehr in früherem Umfange zu bezahlen vermögen. Der Brotkonsum und, wenn man will, die Brotverschwendung der Besitzenden wird dagegen nicht im Geringsten modifizirt. Die relativ überflüssigsten Bedürfnisse werden nach wie vor befriedigt, der voraussichtliche soziale Grenznutzen bleibt also unverändert, während die Preise variiren. Die Annahme, daß er die Ursache der Preisvariation und weiterhin der Preisnormirung sein könne, ist schon darum unmöglich.

Er zeigt sich, daß die Psychologen, indem sie den Grenznutzbegriff von dem Individuum, das einen Vorrath besitzt, auf die Klasse der Käufer, die einen Vorrath erst durch Kauf erwerben will, übertragen, durchaus nichts gewinnen. Das Problem des Tauschwerths spottet aller dieser Bemühungen. Sie glauben übrigens auf diese Weise ihre Doktrin mit der Lehre, welche den Tauschwerth aus dem Verhältniß von Angebot und Nachfrage erklärt, in Einklang bringen zu können, ja diese Lehre als eine Konsequenz ihres allgemeineren umfassenderen Prinzips nachzuweisen. Davon abgesehen, daß Angebot und Nachfrage nur die Schwankungen des Preises, nicht diesen selbst erklären, daß also selbst eine glücklich vollzogene Allianz beider Theorien nur beweisen würde, daß zwei verschiedene Irrthümer sich gut miteinander vertragen, liegt es auf der Hand, daß selbst diese Allianz mißlungen ist. Denn was man auch immer den Angebot- und Nachfrage-Doktrinären vorwerfen mag, das wenigstens pflegten sie nie zu vergessen, daß nicht die Nachfrage schlechthin, sondern nur die kaufkräftige Nachfrage auf die Preisnormirung Einfluß gewinnen kann. Ob eine Nachfrage kaufkräftig oder nicht, hängt aber, wie schon das oben angeführte Beispiel deutlichst illustrirte, durchaus nicht von dem Intensitätsgrade der subjektiven Bedürfnisse, sondern in erster Reihe von dem Geldeinkommen des Nachfragenden ab. Die Bedürfnisse als solche sind für die Preisbildung absolut gleichgiltig. Erst wenn sie sich durch Geld legitimiren können, gelten sie selbst etwas. Das subjektive Bedürfniß in der Form des Grenznutzens kann daher unmöglich das regelnde Prinzip der Preise sein. Die Grenznutzlehre, die sich hier als philosophische Vertiefung der Theorie von Angebot und Nachfrage ausspielt, ist noch lange nicht einmal so weit wie diese in der Erklärung des Preisphänomens gekommen.

Wie war es aber möglich – und damit kommen wir zu unserer letzten Frage – daß eine Theorie, die in so offenbarem Widerspruche zu allen Thatsachen des Wirthschaftslebens steht, eine solche Bedeutung erlangen konnte? Sie muß sich doch auf ein blendendes, verwirrendes quid pro quo stützen können. Wir scheint, ihre Stärke ziehe sie daraus, daß der Grenznutzen – wenn auch nicht regelndes Prinzip der Preisbildung – so doch die Norm ist, nach welcher das die Waarenpreise zahlende Subjekt sein Geldeinkommen eintheilt. Wenngleich das Geld unmittelbar keinen Gebrauchswerth für seinen Besitzer hat, so hat es solchen doch als Tauschmittel, da es ihm Güter, deren er zur Befriedigung seiner Bedürfnisse bedarf, verschafft. Der Nutzen, den das Geld als Tauschmittel hat, bestimmt sich allgemein nach der Gütermenge, die man dafür kaufen kann. – Uebrigens ist es klar, daß auch diese Anwendung des Nuzbegriff der Mengerschule nichts nutzen kann, denn die Höhe der Güterpreise, die zu erklären wäre, wird hier als gegeben vorausgesetzt. Hängt doch der Nutzen des Geldes von den Gütern, die man dafür kaufen, was man für Güter aber dafür kaufen kann, wieder von dem Güterpreise ab.

Wenn nun das Geld nach Maßgabe der durch dasselbe zu erzielenden Bedarfsdeckung Nutzen hat, folgt, daß auch der Begriff des Grenznutzens auf dasselbe anwendbar sein muß. Giebt man Geld zum Ankauf bestimmter Güter aus, so nimmt mit steigendem Waarenvorrath die durch das letzte Waarenexemplar noch gedeckte Bedürfnißstaffel stetig ab, und schließlich muß ein Punkt kommen, wo weiterer Geldaufwand für Güter dieser Art dem Subjekte nicht mehr lohnend erscheint, wo es also das übrige Geld zur Befriedigung anderer Bedürfnisse gebrauchen wird. Die letzte relativ überflüssigste Bedarfsdeckung, welche durch Aufwand einer Geldeinheit beim Ankauf bestimmter Gütersorten erzielt wird, ist der relativ schwächste, der Grenznutzen, den die zu diesem Zwecke verwandten Geldeinheiten überhaupt haben. Und allgemein gilt das Gesetz: Jedermann wird successive nur so lange Geldeinheiten im Ankauf einer bestimmten Güterart anlegen, als die durch die letzte Geldeinheit erzielte Bedarfsdeckung (Grenznutzen) größer ist, wie jeder durch anderweitige Verausgabung derselben zu erlangende Nutzeffekt. Dies im Jargon der Grenznutztheorie formulirte Gesetz ist nur der präzise Ausdruck für die selbstverständliche Wahrheit, daß Jeder bei Verausgabung seines Geldes darauf sinnt, das System seiner Bedürfnisse so vollkommen wie möglich zu befriedigen. Es gilt überall und bestimmt Jeden, ob er Güter von gegebener Art und wie viel er davon kaufe. Der Sparsame wie der Verschwender ist ihm unterthan.

Dies ist der Grund, der die Grenznutztheorie als so natürlich und klar erscheinen, läßt. Und sie wäre es, hätte sie sich das allerdings höchst bescheidene Ziel gestellt, die Formel zu finden, nach der bei gegebenen Güterpreisen das Individuum seine Geldeinkommen vertheilt. Denn – das darf man nicht vergessen – der Nutzen und der Grenznutzen des Geldes, an welchen der Einzelne bei seinen Ausgaben denkt, haben zur Voraussetzung, daß der Geldpreis der Güter eine bekannte gegebene Größe habe. Der Irrthum und der unlösbare Widerspruch beginnt, sobald man den der Grenznutzüberlegung gegebenen Güterpreis aus dieser Grenznutzüberlegung selbst ableiten will.

Von dem Grenznutzen einer Geldeinheit kann endlich in doppeltem Sinne gesprochen werden. Einmal mit Bezug auf eine ganz bestimmte Bedürfnißgattung, welche durch die Geldausgabe gedeckt werden soll. Die letzte, relativ überflüssigste Befriedigung dieses Bedürfnisses, die durch die Ausgabe einer Geldeinheit noch gedeckt wurde, gab den Grenznutzen einer Geldeinheit, das heißt einer zur Befriedigung dieses konkreten Bedürfnisses aufgewandte Geldeinheit an. In diesem konkreten Sinne war bisher stets vom Grenznutzen der Geldeinheiten die Rede. Andererseits kann man von dem Unterschiede der besonderen Bedürfnißgattungen, für welche Geld verausgabt wird, absehen und die schlechthin überflüssigste und entbehrlichste Bedarfsdeckung, die das Subjekt durch Verausgabung einer Geldeinheit sich überhaupt noch verschafft, als den Grenznutzen, den eine Geldeinheit schlechthin für das Subjekt darstellt, bezeichnen. Der Grenznutzbegriff des Geldes wird hier ohne Bezug auf eine ganz bestimmte, gegebene Bedürfnissgattung, im allgemeinsten Sinne gefaßt. Man kann von diesem Gesichtspunkt aus sagen, daß der Grenznutzen einer Geldeinheit je nach der Größe des Einkommens, das Jemand bezieht, verschieden sein müsse, und zwar um so höher, je kleiner, um so niedriger, je größer das Einkommen. Natürlich! Ein Fünfzig-Pfennigstück in der Hand des Arbeiters hat eine ganz andere Bedeutung als in der Hand des Rentiers. Der Grund ist klar: Weil das Einkommen des Arbeiters nur hinreicht seine Bedürfnisse sehr unvollkommen, das des Rentiers sie verhältnißmäßig vollkommen zu befriedigen. Die letzte relativ überflüssigste Bedarfsdeckung, die der Arbeiter mit 50 Pfennigen erzielt, ist um Vieles bedeutsamer für ihn, als die überflüssigste Bedarfsdeckung, welche der Rentier durch die nämliche Geldausgabe sich verschafft. Das hat noch kein Mensch bestritten. Doch daraus folgt nur, daß der Arbeiter andere Konsummittel als der Rentier sich kaufen, daß die Geldeintheilung und -Verwendung in Folge der Ungleichheit des Geldeinkommens verschieden sein wird. Der Arbeiter wird seinen Bedarf einschränken und darum billige, der Rentier, der es sich leisten kann, kostbarere Waare kaufen. Aber dieser höchst selbstverständliche Thatbestand ist für Erklärung des Waarentauschwerthes und der Preisbildung durchaus belanglos. Denn das liegt doch wohl auf der Hand, daß die vom Arbeiter verlangte Waare nicht darum billig ist, weil der Arbeiter sie kauft, sondern umgekehrt, daß der Arbeiter darum Waare besonderer Art verlangt, weil sie billig ist. Ihr geringerer Tauschwerth oder ihre Billigkeit wird durchaus nicht durch die persönlichen Verhältnisse des kaufenden Konsumenten, sondern durch das relativ geringe Arbeitsquantum, mit dem sie hergestellt werden kann, bestimmt. Die große Entdeckung, daß eine gegebene Geldeinheit, je nach dem Geldeinkommen des Besitzers, einen größeren oder geringeren Grenznuntzen repräsentire, ist mithin ebenso richtig, wie sie selbstverständlich und für Erklärung des Tauschwerthphänomens gleichgiltig ist.

Bei der Werthschätzung seines Geldes wie bei Eintheilung desselben stellt das Subjekt also wirklich immer Grenznutzüberlegungen an. Aller Schein der Natürlichkeit aber, welchen die Erklärung der Tauschwerthgröße aus dem Grenznutzprinzip bei oberflächlicher Betrachtung hat, fließt aus diesem einfachen, für die Tauschswerthbestimmung in Wahrheit gänzlich irrelevanten, Thatbestande; dies ist das populäre, im Hintergrund agirende quid pro quo welches das Glück der Grenznutztheorie gemacht hat, deren ganze Psychologie nirgends über den einseitigsten Konsumentenstandpunkt hinauskommt. Ihre Abstraktionskraft bethätigt sie durch Abstration von allen wesentlichen psychologischen Faktoren, die, jenseits dieses einseitigen Standpunktes liegend, den Tauschwerth der Güter in Wirklichkeit normiren müssen. Diese Faktoren in Betracht gezogen, erscheint das Bestehen eines objektiven Werthgesetzes nicht nur als möglich, sondern als Nothwendigkeit. Der Grundaberglaube, den zu beschwören an die philosophischen Wahrheiten der Psychologie appellirt worden war, geht aus der Appellationsinstanz um so gefestigter hervor. Es bleibt die erste und wichtigste Aufgabe der ökonomischen Wissenschaft, nach einem solchen objektiven Werthgesetz zu forschen, welches die Preisbildung nicht bei einfacher, sondern bei kapitalistischer Waarenproduktion regelt. Daß seit dem Tode Ricardo’s nur ein Einziger dieses große Werk gefördert, und daß dieser Einzige ein Marx war, dessen theoretisch-ökonomische Kritik sich zur tiefgreifendsten sozialen Kritik entfaltete, macht die Gegenargumentationen der Psychologenschule freilich um nichts stichhaltiger, ist indessen, nach psychologischem Werthungsprinzip, vielleicht auch ein Faktor, der den Grenznutzen dieser Argumentationen und damit ihren subjektiven und Marktwerth nicht unbeträchtlich erhöht hat.

* * *

Fußnoten

1. Vor Allem handelt es sich hier um die Frage, wie auf Grund des Werthgesetzes die Existenz von Grundrente möglich sei. Ebenso weist auch die Thatsache, daß gleich große Kapitalien, wie viel oder wie wenig lebendige Arbeit sie anwenden, im Durchschnitt gleiche Profite erzielen, darauf hin, daß die Waarenpreise mit den in den Waaren aufgespeicherten Arbeitsmengen nicht schlechthin zusammenfallen. Nach Engels’ Einleitung zu Bd. II des Kapital liegt die Lösung dieses Problems in Manuskripten von Marx vor und wird im dritten Bande, der auch dem Rentenprobleme gegenüber Stellung nehmen muß, zur Mittheilung gelangen. – Zu den viele „Widerlegungen“ der Marx’schen Theorie ist neuerdings das Pochen auf dieses Problem hinzugetreten. Man erklärt – freilich ohne die Spur eines Beweises – daß hier ein unlöslicher Widerspruch gegen das Werthgesetz vorhanden sei, ein Widerspruch, an dem es scheitern müsse! Als ob nicht Widersprüche, die mindestens ebenso schlagend erschienen, durch die Theorie bereits in unwidersprechlicher Weise gehoben wären, so z. B. der Widerspruch, daß die Arbeit, die das Maß aller Werthe ich, selbst verkauft wird und so einen besonderen Werth erhält. Die einfache Marx’sche Begriffsbestimmung, daß nicht die Arbeit, sondern die Arbeitskraft verkauft werde, beseitigte hier mit einem Schlage alle Schwierigkeiten. Man sollte darum mit derlei Behauptungen billiger Weise warten, bis der Marx’sche Gedankengang selbst zur Prüfung vorliegt und so die Basis einer Kritik geschaffen worden. – Herr Böhm-Bawerk in einem späterhin zu erwähnenden Aufsatze plädirt für psychologische Nationalökonomie als die letzte Möglichkeit, da die Marx’sche Theorie, das Dogma glaubensstarker Sozialisten, ja doch in unlöslichen Widerspruch mit der Erfahrung gerathe. Beweis: das Phänomen der Durchschnittsprofitrate und die Tendenz der Produktenpreise, zu steigen, wenn die Löhne steigen. Eine bequeme Art der Abrechnung! Was übrigens den zweiten Einwand betrifft, so löst sich derselbe in der einfachsten Weise. Lohnerhöhung wie Preissteigerung der Produkte, beide sind Folgen der günstigen Marktkonjunktur, die in erhöhter Waarennachfrage, also auch erhöhter Produktion, mithin erhöhter Nachfrage nach Arbeitskraft ihren Ausdruck findet. Daß aber das wechselnde Verhältniß von Angebot und Nachfrage bei konstantem Waarenwerth fortdauernd Preisschwankungen hervorruft, ist Marx nie im Traume eingefallen, zu leugnen, wurde vielmehr aufs Nachdrücklichste von ihm hervorgehoben. (Cf. z. B. Bd. 1 des Kapital, drittes Kapitel, den Abschnitt über das Geld als Maß der Werthe.)

2. Die Produktionskosten sind die bei Herstellung eines bestimmten Waarenquantums nothwendigen Auslagen für Produktionsmittel und Arbeiter. Der Preis der Produktionsmittel wie der Arbeit wird dabei als gegeben vorausgesetzt. – Das Verhältniß von Angebot und Nachfrage kann und wird bei den theuersten wie bei den billigsten Waaren oft das Nämliche sein, und doch bleibt die enorme Differenz der Waarenpreise ruhig bestehen. Was aus dem Verhältniß von Angebot und Nach Frage erklärt werden kann, ist also nicht der Preis, sondern nur die Schwankungen derselben. Jener muß als anderswoher bestimmt vorausgesetzt werden. – Lohn endlich ist der Preis der Arbeitskraft, Gewinn ein Preistheil der kapitalistisch hergestellten Waare, Rente des kapitalistisch hergestellten Bodenprodukts. Den Preis aus Lohn, Gewinn und Rente, heißt also ebenfalls wieder, den Preis aus dem Preise erklären.

3. Was ist übrigens ein „entsprechendes“ Quantum? Heißt das ein gleiches Gewichtsquantum oder eine gleiche Anzahl Exemplare oder was sonst? Ein einheitlicher Maaßstab, die Mengen qualitativ verschiedener Güter zu messen, existirt nicht.

4. In der diesjährigen Märznummer der Jahrbücher veröffentlicht Herr Böhm-Bawerk eine Erwiderung gegen den Dietzel’schen Aufsatz, in welcher alle Blößen, die sich der Gegner gegeben, sehr geschickt ausgenutzt werden. Dietzel hatte nämlich vom Standpunkt jener Theorie, die den Werth aus den Produktionskosten ableitet, gegen die Grenznutzlehre polemisirt. Böhm-Bawerk hat mithin leichtes Spiel, den inneren prinzipiellen Widerspruch seines Gegners (vergl. oben: Anmerkung S. 423) aufzudecken. – Daß bei waarenproduzirender Gesellschaft der Werth der Produkte in einem nothwendigen Verhältnisse zu den aufgewandten Kosten stehe, leugnen auch die Grenznutztheoretiker nicht. Aber das Kostenquantum selbst, der in Form von Produktionsmitteln und Arbeit aufgewandte Werth, wird nach ihrer Lehre durch den Werth des fertig gestellten Produktes, d. h. durch den Nutzen, spezieller den Grenznutzen desselben, bestimmt. Wie ungenügend diese Werthbestimmung auch ist, einer Doktrin gegenüber, die in dem Zirkelschlusse stecken bleibt, Werth aus Werth, den Preis der Produkte aus dem Preise der Arbeit (daneben ohne Vermittlung womöglich noch aus dem Preise der Produktionsmittel) abzuleiten, bleibt sie im Vortheil. – Diese Unzulänglichkeit der Kostentheorie hindert indeß nicht, daß die Gegenargumentation Dietzel’s, soweit sie die isolirte Wirthschaft der Grenznutztheoretiker betrifft, Recht behält. Auch Böhm-Bawerk kann nichts dagegen vorbringen, daß der relative Werth beliebig reproduzirbarer Güter (und nur an diese, als die weitaus wichtigste Güterart denkt Dietzel) hier von dem wirthschaftenden Subjekt nach dem zur Reproduktion derselben nothwendigen Arbeitsaufwand geschätzt werde.

5. Cf. Böhm-Bawerk, Kapital und Kapitalzins, II. Abtheilung, S. 162.

6. Die sogenannten Monopolgüter, die von sekundärer Bedeutung für die Volkswirthschaft sind, lasse ich hier, wie auch sonst überall außer Acht.

7. Daß die unnormale Verminderung von Waaren einer Art den Preis dieser Waaren steigere, ist natürlich kein Widerspruch gegen das oben Ausgeführte. Dort war davon die Rede, ob die Menge, in welcher Waaren normaler Weise dem Markte zugeführt werden, ihren Preis bestimme./p>


Zuletzt aktualiziert am 10. Oktober 2022