MIA > Deutsch > J. Reed > Zehn Tage
In der schweren, entscheidenden Stunde des Umsturzes und in den Tagen, die ihr folgten, war das Provisorische Revolutionskomitee gezwungen, eine ganze Reihe von Maßnahmen gegen die konterrevolutionäre Presse der verschiedenen Richtungen zu unternehmen.
Sofort erhob sich von allen Seiten Geschrei, die neue, sozialistische Macht habe damit das Grundprinzip ihres Programms verletzt und die Pressefreiheit aufgehoben.
Die Arbeiter-und-Bauern-Regierung lenkt das Augenmerk der Bevölkerung darauf, daß sich in unserer Gesellschaft hinter diesem liberalen Tarnmantel faktisch die Freiheit für die besitzenden Klassen verbirgt, die den größten Teil der Presse in ihren Händen konzentriert haben – die Freiheit, das Bewußtsein der Massen ungehindert zu vergiften und es zu verwirren.
Jedermann weiß, daß die bürgerliche Presse eine der stärksten Waffen der Bourgeoisie ist. In dem kritischen Augenblick besonders, da sich die neue Macht, die Macht der Arbeiter und Bauern, gerade erst festigt, ist es nicht möglich, diese Waffe voll in den Händen des Feindes zu lassen, weil sie in solchen Augenblicken nicht minder gefährlich ist als Bomben und Maschinengewehre. Darum sind zeitweilige und außerordentliche Maßnahmen ergriffen worden, um diesen Strom von Schmutz und Verleumdung abzudämmen, in dem die gelbe und grüne Presse gar zu gern den jungen Sieg des Volkes ertränkt hätte.
Sobald die neue Ordnung sich gefestigt haben wird, werden jegliche administrative Einwirkungen auf die Presse eingestellt werden; sie wird völlige Freiheit im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit vor dem Gesetz erhalten, auf der Grundlage umfassender und progressiver Bestimmungen.
In Anbetracht dessen, daß eine Einschränkung der Presse selbst in kritischen Momenten doch nur im absolut notwendigen Rahmen zulässig ist, beschließt der Rat der Volkskommissare:
Der Vorsitzende des Rates der Volkskommissare
Wladimir Uljanow (Lenin)
Petrograd, den 10. November (28. Oktober) 1917
Der Volkskommissar für Innere Angelegenheiten
A.I. Rykow
Dieses Dekret unterstützte die Bildung von Einheiten der Roten Garde in ganz Rußland. In dem Bürgerkrieg, der bald darauf folgte, wurde sie die schlagkräftigste Waffe der Sowjetregierung.
Der Streikfonds der Beamten und Bankangestellten wurde aus Spenden der Banken und Handelsfirmen von Petrograd und anderer Städte gebildet, sowie auch von ausländischen Betrieben, die Geschäfte in Rußland betrieben. Alle Personen, die es ablehnten, mit den Bolschewiki zu arbeiten, erhielten volles, mitunter sogar erhöhtes Gehalt. Als die Deponenten des Fonds begriffen hatten, daß die Bolschewiki ihre Macht behielten und festigten, und die Geldeinlagen einstellten, hörte der Streik sofort auf.
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Zuletzt aktualisiert am 15.7.2008