Eh wir nun einen Schritt weitergehn, dies:
Das Auseinanderfallen des Produktionsprozesses (unmittelbaren) und Zirkulationsprozesses ist wieder und weiter entwickelt die Moeglichkeit der Krise, die sich bei der blossen Metamorphose der Ware zeigte.93 Sobald sie nicht fluessig ineinander uebergehn, //713/ sondern sich gegeneinander verselbstaendigen, ist die Krise da.
Bei der Metamorphose der Ware stellt sich die Moeglichkeit der Krise so dar.
Erstens die Ware, die real als Gebrauchswert, ideell, im Preise, als Tauschwert existiert, muss in Geld verwandelt werden. W--G. Ist diese Schwierigkeit geloest, der Verkauf, so hat der Kauf, G--W, keine Schwierigkeit mehr, da Geld gegen alles unmittelbar austauschbar. Der Gebrauchswert der Ware, die Nuetzlichkeit der in ihr enthaltnen Arbeit, muss vorausgesetzt werden, sonst ist sie ueberhaupt nicht Ware. Es ist ferner vorausgesetzt, dass der individuelle Wert der Ware = ihrem gesellschaftlichen Wert, d.h., dass die in ihr materialisierte Arbeitszeit = der zur Hervorbringung dieser Ware gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit. Die Moeglichkeit der Krise, soweit sie in der einfachen Form der Metamorphose sich zeigt, geht also nur daraus hervor, dass die Formunterschiede -- die Phasen --, die sie in ihrer Bewegung durchlaeuft, erstens notwendig sich ergaenzende Formen und Phasen sind, zweitens trotz dieser innren notwendigen Zusammengehoerigkeit gleichgueltig gegeneinander existierende, in Zeit und Raum auseinanderfallende, voneinander trennbare und getrennte, unabhaengige Teile des Prozesses und Formen. Sie liegt also allein in der Trennung von Verkauf und Kauf. Es ist nur in der Form der Ware, dass die Ware hier die Schwierigkeit durchzumachen hat. Sobald sie die Form des Geldes besitzt, ist sie darueber weg. Weiter aber loest sich auch dies auf in das Auseinanderfallen von Verkauf und Kauf. Wenn die Ware nicht in der Form des Gelds aus der Zirkulation sich zurueckziehn oder ihre Rueckverwandlung in Ware aufschieben koennte -- wie beim unmittelbaren Tauschhandel --, wenn Kauf und Verkauf zusammenfielen, fiele die Moeglichkeit der Krise unter den gemachten Voraussetzungen weg. Denn es ist vorausgesetzt, dass die Ware Gebrauchswert ist fuer andre Warenbesitzer. In der Form des unmittelbaren Tauschhandels die Ware nur damit nicht austauschbar, wenn sie kein Gebrauchswert oder auch wenn keine andren Gebrauchswerte auf der andren Seite, um gegen sie auszutauschen. Also nur unter den beiden Bedingungen: Wenn entweder von der einen Seite Nutzloses produziert waere oder auf der andren Seite nichts Nuetzliches, um es als Aequivalent gegen den ersten Gebrauchswert auszutauschen. In beiden Faellen faende aber ueberhaupt kein Austausch statt. Soweit aber Austausch stattfaende, fielen seine Momente nicht auseinander. Der Kaeufer waere Verkaeufer, der Verkaeufer Kaeufer. Das kritische Moment, was aus der Form des Austauschs -- soweit er Zirkulation ist -- hervorgeht, fiele also weg, und wenn wir sagen, dass die einfache Form der Metamorphose die Moeglichkeit der Krise einschliesst, so sagen wir nur, dass in dieser Form selbst die Moeglichkeit der Zerreissung und des Auseinanderfallens wesentlich sich ergaenzender Momente liegt.
Aber dies betrifft auch den Inhalt. Beim unmittelbaren Tauschhandel ist das Gros der Produktion von seiten des Produzenten auf Befriedigung seines Selbstbeduerfnisses oder bei etwas weitrer Entwicklung der Teilung der Arbeit, auf Befriedigung ihm bekannter Beduerfnisse seiner Co-Produzenten gerichtet. Was als Ware auszutauschen ist, ist Ueberfluss, und es bleibt unwesentlich, ob dieser Ueberfluss ausgetauscht wird oder nicht. Bei der Warenproduktion ist das Verwandeln des Produkts in Geld, der Verkauf, conditio sine qua (/non/)94. Die unmittelbare Produktion fuer das eigne Beduerfnis faellt fort. Mit dem Nichtverkauf ist hier Krise da. Die Schwierigkeit, die Ware -- das besondre Produkt individueller Arbeit -- in Geld, ihr Gegenteil, abstrakt allgemeine, gesellschaftliche Arbeit zu verwandeln, liegt darin, dass Geld nicht als besondres Produkt individueller Arbeit erscheint, dass der, der verkauft hat, also die Ware in der Form des Gelds besitzt, nicht gezwungen ist, sofort wieder zu kaufen, das Geld wieder in besondres Produkt individueller Arbeit zu verwandeln. Im Tauschhandel ist dieser Gegensatz nicht. Es kann darin keiner Verkaeufer sein, ohne Kaeufer zu sein, und Kaeufer sein, ohne Verkaeufer zu sein. Die Schwierigkeit des Verkaeufers -- unter der Voraussetzung, dass seine Ware Gebrauchswert hat -- stammt bloss von der Leichtigkeit des Kaeufers, die Rueckverwandlung des Gelds in Ware aufzuschieben. Die Schwierigkeit, die Ware in Geld zu verwandeln, zu verkaufen, stammt bloss daher, dass die Ware in Geld, das Geld aber nicht unmittelbar in Ware verwandelt werden muss, also Verkauf und Kauf auseinanderfallen koennen. Wir haben gesagt, dass diese Form die Moeglichkeit der Krise einschliesst, d.h. die Moeglichkeit, dass Momente, die zueinander gehoeren, die untrennbar sind, sich zertrennen und daher gewaltsam vereint werden, ihre Zusammengehoerigkeit durch die Gewalt, die ihrer wechselseitigen Selbstaendigkeit //714/ angetan wird, durchgesetzt wird. Und weiter ist Krisenichts als die gewaltsame Geltendmachung der Einheit von Phasen des Produktionsprozesses, die sich gegeneinander verselbstaendigt haben.
Allgemeine, abstrakte Moeglichkeit der Krise -- heisst nichts als die abstrakteste Form der Krise, ohne Inhalt, ohne inhaltsvolles Motiv derselben. Verkauf und Kauf koennen auseinanderfallen. Sie sind also Krise potentia und ihr Zusammenfallen bleibt immer kritisches Moment fuer die Ware. Sie koennen aber fluessig ineinander uebergehen. Bleibt also, dass abstrakteste Form der Krise (und daher formelle Moeglichkeit der Krise) die Metamorphose der Ware selbst ist, worin nur als entwickelte Bewegung der in der Einheit der Ware eingeschlossne Widerspruch von Tauschwert und Gebrauchswert, weiter von Geld und Ware enthalten ist. Wodurch aber diese Moeglichkeit der Krise zur Krise wird, ist nicht in dieser Form selbst enthalten; es ist nur darin enthalten, dass die Form fuer eine Krise da ist.
Und dies ist bei der Betrachtung der buergerlichen Oekonomie das Wichtige. Die Weltmarktkrisen muessen als die reale Zusammenfassung und gewaltsame Ausgleichung aller Widersprueche der buergerlichen Oekonomie gefasst werden. Die einzelnen Momente, die sich also in diesen Krisen zusammenfassen, muessen also in jeder Sphaere der buergerlichen Oekonomie hervortreten und entwickelt werden, und je weiter wir in ihr vordringen, muessen einerseits neue Bestimmungen dieses Widerstreits entwickelt, anderseits die abstrakteren Formen desselben als wiederkehrend und enthalten in den konkreteren nachgewiesen werden.
Man kann also sagen: Die Krise in ihrer ersten Form ist die Metamorphose der Ware selbst, das Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf.
Die Krise in ihrer zweiten Form ist die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel, wo das Geld in 2 verschiednen zeitlich getrennten Momenten in zwei verschiednen Funktionen figuriert. Diese beiden Formen sind noch ganz abstrakt, obgleich die zweite konkreter als die erste.
Zunaechst also bei Betrachtung des Reproduktionsprozesses des Kapitals (der mit seiner Zirkulationzusammenfaellt) ist nachzuweisen, dass jene obigen Formen sich einfach wiederholen oder vielmehr hier erst einen Inhalt bekommen, eine Grundlage, auf der sie sich manifestieren koennen.
Betrachten wir die Bewegung, die das Kapital durchmacht, von dem Augenblick, wo es als Ware den Produktionsprozess verlaesst, um wieder als Ware aus ihm hervorzugehn. Abstrahieren wir hier von allen weitren inhaltlichen Bestimmungen, so hat das gesamte Warenkapital und jede einzelne Ware, woraus es besteht, den Prozess W -- G -- W durchzumachen, die Metamorphose der Ware. Die allgemeine Moeglichkeit der Krise, die in dieser Form enthalten ist -- das Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf -- ist also in der Bewegung des Kapitals enthalten, soweit es auch Ware ist und nichts als Ware ist. Aus dem Zusammenhang der Metamorphosen der Waren miteinander ergibt sich ueberdem, dass die eine Ware sich in Geld verwandelt, weil sich die andre aus der Form des Gelds in Ware rueckverwandelt. Also das Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf erscheint hier weiter so, dass der Verwandlung des andren Kapitals aus der Form Ware in die Form Geld die Rueckverwandlung des andren Kapitals aus der Form Geld in die Form Ware entsprechen muss, die erste Metamorphose des einen Kapitals der zweiten des andren, das Verlassen des Produktionsprozesses des einen Kapitals, der Rueckkehr in den Produktionsprozess des andren. Diese Ineinanderverwachsung und Verschlingung der Reproduktions- oder Zirkulationsprozesse verschiedner Kapitalien ist einerseits durch die Teilung der Arbeit notwendig, anderseits zufaellig, und so erweitert sich schon die Inhaltsbestimmung der Krise.
Zweitens aber, was die aus der Form des Gelds als Zahlungsmittel entspringende Moeglichkeit der Krise betrifft, so zeigt sich beim Kapital schon viel realere Grundlage fuer die Verwirklichung dieser Moeglichkeit. Z.B., der Weber hat zu zahlen das ganze capital constant, dessen Elemente von Spinner, Flachtsbauer, Maschinenfabrikant, Eisen- und Holzfabrikant, Kohlenproduzent usw. geliefert wurden. Soweit die letzten, die konstantes Kapital produzieren, das nur in die Produktion des konstanten Kapitals eingeht, ohne in die schliessliche Ware, das Gewebe einzugehn, so ersetzen sie sich durch Austausch von Kapital ihre Produktionsbedingungen. Der //715/ Weber nun verkaufe fuer 1000 l. das Gewebe an den Kaufmann, aber auf einen Wechsel, so dass das Geld als Zahlungsmittel figuriert. Der Weber95 seinerseits verkaufe den Wechsel an den Bankier, bei dem er meinetwegen eine Schuld damit zahlt oder der ihm auch den Wechsel diskontiert. Der Flachsbauer hat dem Spinner auf einen Wechsel verkauft, der Spinner dem Weber, ditto der Maschinenfabrikant dem Weber, ditto der Eisen- und Holzfabrikant dem Maschinenfabrikant, ditto der Kohlenproduzent dem Spinner, Weber, Maschinenfabrikant, Eisen- und Holzproduzent. Ausserdem haben Eisen-, Kohlen, Holz-, Flachsmann sich einander mit Wechsel bezahlt. Zahlt nun der Kaufmann nicht, so kann der Weber96 seinen Wechsel dem Bankier nicht zahlen.
Der Flachsbauer hat auf den Spinner gezogen, Maschinenfabrikant auf Weber und Spinner. Spinner kann nicht zahlen, weil Weber nicht zahlen (/kann/), beide zahlen dem Maschinenfabrikanten nicht, dieser dem Eisen-, Holz-, Kohlenmann nicht. Und alle diese wieder, die den Wert ihrer Ware nicht realisieren, koennen den Teil nicht ersetzen, der das capital constant ersetzt. So entsteht allgemeine Krise. Es ist dies durchaus nichts als die beim Geld als Zahlungsmittel entwickelte Moeglichkeit der Krise, aber wir sehn hier, in der kapitalistischen Produktion, schon einen Zusammenhang der wechselseitigen Schuldforderungen und Obligationen, der Kaeufe und Verkaeufe, wo die Moeglichkeit sich zur Wirklichkeit entwickeln kann.
Unter allen Umstaenden: Wenn Kauf und Verkauf sich nicht gegeneinander festsetzen und daher nicht gewaltsam ausgeglichen werden muessen -- anderseits, wenn das Geld als Zahlungsmittel so funktioniert, dass die Forderungen sich aufheben, also nicht der in Geld ais Zahlungsmittei an sich vorhandne Widerspruch sich verwirklicht --, diese beiden abstrakten Formen der Krise also nicht realiter als solche erscheinen, existiert keine Krise. Es kann keine Krise existieren, ohne dass Kauf und Verkauf sich voneinander trennen und in Widerspruch treten oder dass die im Geld als Zahlungsmittel enthaltnen Widersprueche erscheinen, ohne dass also die Krise zugleich in der einfachen Form -- dem Widerspruch von Kauf und Verkauf, dem Widerspruch des Gelds als Zahlungsmittel -- hervortritt. Aber dies sind auch blosse Formen -- allgemeine Moeglichkeiten der Krisen, daher auch Formen, abstrakte Formen der wirklichen Krise. In ihnen erscheint das Dasein der Krise als in ihren einfachsten Formen und insofern in ihrem einfachsten Inhalt, als diese Form selbst ihr einfachster Inhalt ist. Aber es ist noch kein begruendeter Inhalt. Die einfache Geldzirkulation und selbst die Zirkulation des Gelds als Zahlungsmittel -- und beide kommen lange vor der kapitalistischen Produktion vor, ohne dass Krisen vorkaemen -- sind moeglich und wirklich ohne Krisen. Warum also diese Formen ihre kritische Seite herauskehren, warum der in ihnen potentia enthaltne Widerspruch actu als solcher erscheint, ist aus diesen Formen allein nicht zu erklaeren.
Daher sieht man die enorme Fadaise der Oekonomen, die, nachdem sie das Phaenomen der Ueberproduktion und der Krisen nicht mehr wegraesonieren konnten, sich damit beruhigen, dass in jenen Formen die Moeglichkeit gegeben, dass Krisen eintreten, es also zufaellig ist, dass sie nicht eintreten und damit ihr Eintreten selbst als blosser Zufall erscheint.
Die in der Warenzirkulation, weiter in der Geldzirkulation entwickelten Widersprueche -- damit Moeglichkeiten der Krise -- reproduzieren sich von selbst im Kapital, indem in der Tat nur auf Grundlage des Kapitals entwickelte Warenzirkulation und Geldzirkulation stattfindet.
Es handelt sich aber nun (/darum/), die weitere Entwicklung der potentia Krisis -- die reale Krisis kann nur aus der realen Bewegung der kapitalistischen Produktion, Konkurrenz und Kredit, dargestellt werden -- zu verfolgen, soweit sie aus den Formbestimmungen des Kapitals hervorgeht, die ihm als Kapital eigentuemlich und nicht in seinem blossen Dasein als Ware und Geld eingeschlossen sind.
//716/ Der blosse Produktionsprozess (unmittelbare) des Kapitals kann an sich hier nichts Neues zufuegen. Damit er ueberhaupt existiert, sind seine Bedingungen unterstellt. Daher in dem ersten Abschnitt ueber das Kapital -- den unmittelbaren Produktionsprozess -- kein neues Element der Krise hinzukoemmt. An sich ist es in ihm enthalten, weil der Produktionsprozess Aneignung und daher Produktion von Mehrwert. Aber in dem Produktionsprozess selbst kann dies nicht erscheinen, weil in ihm nicht die Rede von der Realisierung des nicht nur reproduzierten Werts, sondern Mehrwerts.
Hervortreten kann die Sache erst im Zirkulationsprozess, der an und fuer sich zugleich Reproduktionsprozess.
Es ist hier ferner zu bemerken, dass wir den Zirkulationsprozess oder Reproduktionsprozess darstellen muessen, bevor wir das fertige Kapital -- Kapital und Profit -- dargestellt haben, da wir darzustellen haben, nicht nur wie das Kapital produziert, sondern wie das Kapital produziert wird. Die wirkliche Bewegung aber geht aus von dem vorhandnen Kapital -- die wirkliche Bewegung heisst die auf Grundlage der entwickelten, von sich selbst beginnenden, sich selbst voraussetzenden kapitalistischen Produktion. Der Reproduktionsprozess und die in ihm weiter entwickelten Anlagen der Krisen werden daher unter dieser Rubrik selbst nur unvollstaendig dargestellt und beduerfen ihrer Ergaenzung in dem Kapitel "Kapital und Profit".97
Der Gesamt-Zirkulationsprozess oder der Gesamt-Reproduktionsprozess des Kapitals ist die Einheit seiner Produktionsphase und seiner Zirkulationsphase, ein Prozess, der durch die beiden Prozesse als seine Phasen verlaeuft. Darin liegt eine weiter entwickelte Moeglichkeit oder abstrakte Form der Krise. Die Oekonomen, die die Krise wegleugnen, halten daher nur an der Einheit dieser beiden Phasen fest. Waeren sie nur getrennt, ohne eins zu sein, so waere grade keine gewaltsame Herstellung ihrer Einheit moeglich, keine Krise. Waeren sie nur eins, ohne getrennt zu sein, so waere keine gewaltsame T rennung moeglich, was wieder die Krise ist. Sie ist die gewaltsame Herstellung der Einheit zwischen verselbstaendigten und die gewaltsame Verselbstaendigung von Momenten, die wesentlich eins sind. //716/