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Auf das polnische Volk wurde von seiten der preußischen Regierung ein neuer Anschlag verübt! Durch die Verordnung des Kultusministers Studt werden die letzten Reste der polnischen Sprache in den Schulen der Stadt Posen beseitigt [1] der einzige bisher noch in polnischer Sprache abgehaltene [Unterricht, der] Religionsunterricht, wird von nun an ebenfalls in deutscher Sprache gelehrt werden! Unsere Kinder, die den halben Tag in der Schule zubringen, sollen während dieser Zeit kein Wort in der Sprache ihres Volkes, in der Sprache ihrer Väter und Mütter mehr hören. Die Bildung, die geistige Nahrung, die sie für das ganze Leben in der Schule in sich aufnehmen sollen, wird ihnen in einer völlig fremden und für sie unverständlichen Sprache dargeboten! Sind das nicht unerhörte Verhältnisse? Die Schulen werden doch dazu gegründet, das Volk schickt doch seine Kinder dazu in die Schulen, damit sie in ihnen das Licht der Wissenschaft in sich aufnehmen, damit sie zu verständigen und gebildeten Menschen heranwachsen, sich selbst zum Nutzen und ihrem Lande zur Freude. In Posen indessen soll die Schule nicht der Bildung der Kinder dienen, sondern dazu, sie zu geistigen Krüppeln zu machen, die ihre eigene Nationalität und Sprache nicht kennen, nicht zur Saat von Wissen und Zivilisation, sondern zur gewaltsamen Verbreitung des Deutschtums.
Das ist nicht der erste Anschlag der preußischen Behörden auf unsere Sprache und unsere Nationalität. Seit mehr als zwanzig Jahren verdrängt die Regierung Schritt für Schritt die polnische Sprache aus den Posener Schulen, beseitigt sie das polnische Element aus den Ämtern und aus dem öffentlichen Leben, verwendet sie Hunderte von Millionen für die „Kolonisation“, d. h. für die Eindeutschung unserer Gegenden, ist sie bemüht, Deutsche – Bauern und Handwerker – gewaltsam auf polnischen Boden zu verpflanzen, und all das mit einer Hartnäckigkeit und Ausdauer, die einer besseren Sache würdig wären.
Was wollen sie dadurch erreichen? Es ist klar: Die polnische Sprache, die polnische Nationalität sollen in Preußen verschwinden, drei Millionen des polnischen Volkes sollen vergessen, daß sie als Polen geboren wurden, und sich in Deutsche verwandeln! Die Kinder sollen die Sprache ihrer Väter und Mütter vergessen, die Enkel sollen vergessen, daß ihre Großväter einst auf polnischem Boden lebten!
Die Haare stehen einem zu Berge, wenn man diese Versuche bedenkt, und die Faust ballt sich aus Verzweiflung, daß derartige Dinge am hellichten Tage vor den Augen des gesamten Europas und der ganzen zivilisierten Welt seit Jahrzehnten geschehen, und keiner der Mächtigen läßt sich vernehmen, niemand drängt die germanisierende Übermacht zurück; die Hakatisten [2] spotten nur unserer Ohnmacht und führen in größter Ruhe ihr Werk der Entwurzelung des Polentums weiter, als täten sie das ehrbarste und rechtmäßigste Werk der Welt. Es ist also ein Verbrechen, in der eigenen Sprache zu sprechen, die man mit der Muttermilch eingesogen hat, es ist also ein Vergehen, einem Volke anzugehören, in dem man zur Welt gekommen ist.
Wahrlich, es ist höchste Zeit, daß das polnische Volk seine Leblosigkeit abschüttelt, daß es seiner Empörung Ausdruck gibt, daß es sich zum Kampf gegen die Germanisierung erhebt. Auf welche Weise ist dieser Kampf zu führen, auf welchem Wege ist die Verteidigung der polnischen Nationalität am wirksamsten zu erreichen – das sind Fragen, über die es ernstlich nachzudenken verlohnt.
1. Ende Juli 1900 hatte das preußische Kultusministerium verfügt, daß der Religionsunterricht in den Mittel- und Oberstufen der Elementarschulen Posens nicht mehr, wie bisher, in polnischer, sondern nur noch in deutscher Sprache erteilt werden dürfe.
2. Gemeint ist der 1894 gegründete Verein für die Förderung des Deutschtums in den Ostmarken, ab 1899 Deutscher Ostmarkenverein, nach den Anfangsbuchstaben seiner Gründer, Ferdinand von Hansemann, Hermann Kennemann und Heinrich von Tiedemanns-Seeheim, auch Hakatistenverein genannt. ER vertrat eine rücksichtslose wirtschaftliche und politische Unterdrückungspolitik gegenüber den Polen in den östlichen Provinzen des Deutschen Reiches und strebte die territoriale Expansion nach dem Osten an.
Zuletzt aktualisiert am 15.1.2012