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Die menschliche Produktionsgemeinschaft kann prinzipiell auf zweierlei Art konstituiert sein. Sie kann einmal bewußt geregelt sein. Die Gesellschaft – mag nun ihr Kreis die selbstwirtschaftende patriarchalische Familie, den kommunistischen Stamm oder die sozialistische Gesellschaft umschließen – schafft sich die Organe, welche als Vertreter des gesellschaftlichen Bewußtseins das Ausmaß und die Art der Produktion festsetzen und das gewonnene Gesellschaftsprodukt unter die Mitglieder verteilen. Wie, wo, wieviel, mit welchen Mitteln aus den vorhandenen natürlichen und künstlichen Produktionsbedingungen neue Produkte hergestellt werden, entscheidet der Pater familias oder die kommunalen, Landes- oder Nationalkommissäre der sozialistischen Gesellschaft, die, sei es aus persönlicher Erfahrung die Bedürfnisse und Hilfsquellen der Familie kennend, sei es mit allen Mitteln einer organisierten Produktions- und Konsumtionsstatistik die gesellschaftlichen Erfordernisse erfassend, in bewußter Voraussicht das ganze Wirtschaftsleben nach den Bedürfnissen ihrer in ihnen bewußt vertretenen und durch sie bewußt geleiteten Gemeinschaften gestalten. Die Menschen einer so organisierten Gemeinschaft beziehen sich in ihrer Produktion bewußt aufeinander als Teile einer Produktionsgemeinschaft. Ihre Arbeitsordnung und die Verteilung ihrer Produkte unterstehen der zentralen Kontrolle. Die Produktionsverhältnisse erscheinen als unmittelbar gesellschaftliche Verhältnisse, die Beziehungen der einzelnen, soweit sie das Wirtschaftsleben betreffen, als von der gesellschaftlichen Ordnung bestimmte, ihrem Privatwollen entrückte gesellschaftliche Beziehungen. Das Produktionsverhältnis selbst wird unmittelbar verstanden als von der Gesamtheit bewußt gesetztes und gewolltes.
Anders die Gesellschaft, die dieser bewußten Organisation entbehrt. Sie ist aufgelöst in voneinander unabhängige Personen, deren Produktion nicht mehr als Gesellschafts-, sondern als ihre Privatsache erscheint. Sie sind so Privateigentümer, die durch die Entwicklung der Arbeitsteilung gezwungen sind, miteinander in Beziehung zu treten; der Akt, in dem sie dies tun, ist der Austausch ihrer Produkte. Erst durch diesen Akt wird hier, in der durch Privateigentum und Arbeitsteilung in ihre Atome zerschlagenen Gesellschaft Zusammenhang hergestellt. Nur als Vermittler des gesellschaftlichen Zusammenhanges bildet aber der Austausch den Gegenstand theoretisch-ökonomischer Analyse. Denn auch in einer sozialistischen Gesellschaft mag Austausch statthaben. Aber es ist ein Austausch nach stattgefundener, von der Gesellschaft irgendwie mit Willen und Bewußtsein normierter Zuteilung. Dieser Austausch ist so gleichsam private Korrektur der gesellschaftlichen Zuteilung, privater Akt, subjektiven Launen und Erwägungen unterworfen, aber kein Objekt ökonomischer Analyse. Er spielt dieselbe Rolle für die theoretische Ökonomie wie etwa der Austausch von Spielzeug in der Kinderstube zwischen Lotte und Fritz, ein Tausch, grundverschieden von dem Einkauf, den ihr Vater bei dem Spielwarenhändler gemacht hat. Denn dieser Austausch ist nur ein Element in der Summe aller Austauschakte, durch die erst die Gesellschaft als Produktionsgemeinschaft, die sie ist, verwirklicht wird. In jedem solchen Austauschakt muß daher die Produktionsgemeinschaft ausgedrückt sein. Denn erst durch ihn geschieht die Verbindung der durch die Arbeitsteilung und das Privateigentum zerlegten Gesellschaft zu einem Ganzen.
Wenn daher Marx einmal sagt, innerhalb des Austauschverhältnisses gilt der Rock mehr als außerhalb desselben, so kann man auch sagen, innerhalb eines bestimmten Gesellschaftszusammen- banges gilt das Tauschverhältnis mehr als innerhalb eines anderen. [1] Nur dort, wo der Austausch erst den gesellschaftlichen Zusammenhang herstellt, also in einer Gesellschaft, in der die Individuen durch das Privateigentum und die Arbeitsteilung einerseits getrennt, anderseits aufeinander angewiesen sind, erhält der Austausch gesellschaftliche Bestimmtheit, muß er die Funktion erfüllen, den gesellschaftlichen Lebensprozeß möglich zu machen. In dem Vollzug aller in dieser Gesellschaft möglichen Tauschakte muß sich das durchsetzen, was in einer kommunistischen, bewußt geregelten Gesellschaft mit Bewußtsein durch das gesellschaftliche Zentralorgan bestimmt wird: was und wieviel produziert wird, wo und von wem produziert wird. Kurz, der Austausch muß den Warenproduzenten dasselbe mitteilen, was den Mitgliedern der sozialistischen Gesellschaft ihre Behörden, die mit Bewußtsein die Produktion regeln, die Arbeitsordnung bestimmen usw. Aufgabe der theoretischen Ökonomie ist es, das Gesetz des so bestimmten Austausches zu finden. Aus diesem Gesetz muß ebenso die Regelung der Produktion in den warenproduzierenden Gesellschaften hervorgehen wie aus den Gesetzen, Verordnungen und Vorschriften sozialistischer Behörden der ungestörte Ablauf sozialistischer Wirtschaft. Nur daß dieses Gesetz nicht direkt mit Bewußtsein menschliches Verhalten in der Produktion vorschreibt, sondern nach Art eines Naturgesetzes wirkt mit „sozialer Naturnotwendigkeit“. [2]
Aber auch die Frage, ob vom selbständigen Handwerker oder vom kapitalistischen Unternehmer produziert werden soll, muß durch den Austausch beantwortet werden; es ist die Antwort auf die Frage nach der Änderung im Austauschverhältnis, die innerhalbder Warenproduktion durch den Fortschritt von der einfachen zur kapitalistischen stattfinden muß. Der Austausch ist aber qualitativ verschieden nur in verschiedenen Gesellschaftsformen, so etwa in der sozialistischen wesensanders als in der warenproduzierenden. Er ist aber qualitativ gleich, und nur das quantitative Verhältnis der ausgetauschten Waren ist ein anderes innerhalb der warenproduzierenden Gesellschaft selbst. Innerhalb der Warenproduktion liegt dem Austausch ein objektiv gesellschaftliches Moment zugrunde, das das Tauschverhältnis beherrscht: die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, die in den ausgetauschten Sachen verkörpert ist. In kommunistischen Gesellschaften liegt ihm zugrunde nur subjektive Gleichsetzung, gleichgerichteter Wille. Der Tausch ist hier zufällig, kein mögliches Objekt theoretisch-ökonomischer Betrachtung. Er ist nicht theoretisch analysierbar, sondern nur psychologisch begreifbar. Da aber Tausch immer als quantitatives Verhältnis zwischen zwei Dingen erscheint, merkt das Völkchen den Unterschied nie. [3]
Die Bestimmung des Tauschaktes, Vermittler des gesellschaftlichen Stoffwechsels zu sein, ist es, die ihn seinerseits bestimmt sein läßt eben durch die Notwendigkeit des gesellschaftlichen Stoffwechsels. So zufällig der einzelne oder vereinzelte Tauschakt erscheinen mag, so kann er auf die Dauer und in Masse nur vollzogen werden, wenn er den gesellschaftlichen Stoffwechsel ermöglicht, wenn er die Produktion und Reproduktion der Gesellschaft sichert. Die Produktion der Gesellschaft wird so die Bedingung für den Tauschakt der einzelnen, die nur dadurch zur Gesellschaft verbunden werden und Anteil nehmen an dem Ergebnis der gesamten gesellschaftlichen Produktion, die unter sie aufgeteilt werden muß. Es ist diese Beziehung auf die gesamte Produktion der Gesellschaft, die den einzelnen Austausch aus dem Bereich des Zufälligen, Willkürlichen und Subjektiven heraushebt und ihn zu etwas Regelmäßigem, Notwendigem und Objektivem macht, zu einer Bedingung des gesellschaftlichen Stoffwechsels, damit zu einer individuellen Lebensnotwendigkeit. Denn die auf Privateigentum und Arbeitsteilung basierte Gesellschaft ist nur möglich durch die Beziehung der Individuen, die miteinander tauschen, sie wird Gesellschaft durch den Tauschprozeß, der der einzige gesellschaftliche Prozeß ist, den diese Gesellschaft ökonomisch kennt. Nur innerhalb dieser Gesellschaft wird der Tauschakt Gegenstand einer besonderen Analyse, die sich fragt: Wie ist der Tauschakt beschaffen, der den gesellschaftlichen Stoffwechsel vermittelt?
Innerhalb eines solchen Tauschaktes ist das Gut Ware geworden, ein Ding, bestimmt nicht mehr für das individuelle Bedürfnis und in seinem Entstehen und Vergehen durch dieses hervorgerufen und vernichtet, sondern bestimmt für die Gesellschaft und in allen seinen Schicksalen, die noch wechselvoller sein können als die des Odysseus – denn was bedeutet heute der einäugige Polyphem gegen die argusäugigen Zollbeamten in New-Port oder was die schöne Kirke gegen die deutsche Veterinärpolizei? – , abhängig von den Notwendigkeiten des Stoffwechsels der Gesellschaft. Es ist Ware geworden, weil die Produzenten dieses Gutes, in einem bestimmten gesellschaftlichen Verhältnis stehen, in welchem sie einander als unabhängige Warenproduzenten gegenübertreten müssen. In dieser Form erst ist das Gut, sonst ein natürliches, durchaus unproblematisches Ding, Ausdruck eines gesellschaftlichen Verhältnisses, gewinnt also eine gesellschaftliche Seite. Daß es Arbeitsprodukt, ist jetzt nicht bloß mehr seine natürliche Eigenschaft, sondern wird zugleich eine gesellschaftliche Tatsache. Nun gilt es, das Gesetz dieser Gesellschaft als Produktions-, also Arbeitsgemeinschaft zu finden. Die Einzelarbeit erscheint so unter neuem Gesichtspunkt als Teil der Gesamtarbeit, über die diese Produktionsgemeinschaft verfügt. Allein unter diesem Gesichtspunkt erscheint die Arbeit als wertbildende Arbeit.
Der Tauschakt wird der Analyse zugänglich, weil er nicht nur individuelles Bedürfnis, sondern gesellschaftliche Notwendigkeit ist, die das individuelle Bedürfnis nur zu ihrem Werkzeug macht und es gleichzeitig einschränkt. Das individuelle Bedürfnis kann sich nur befriedigen, soweit es die gesellschaftliche Notwendigkeit zuläßt. Es ist die Voraussetzung, denn ohne individuelle Bedürfnisbefriedigung ist menschliche Gesellschaft überhaupt undenkbar. Aber der Austausch wird nicht mehr Funktion individuellen Bedürfnisses, wie in der kollektivistischen Gesellschaft, sondern das individuelle Bedürfnis befriedigt sich nur, soweit der Austausch ihm die Anteilnahme an der gesellschaftlichen Produktion gestattet. Diese ist es, welche den Austausch bestimmt. Der Austausch erscheint aber nur als ein quantitatives Verhältnis zwischen zwei Dingen. [4] Er ist bestimmt, wenn diese Quantität bestimmt ist. Die Quantität, die aber überhaupt im Austausch umgesetzt wird, gilt nur als Teil der Quantität der gesellschaftlichen Produktion. Diese wieder ist quantitativ bestimmt durch die Arbeitszeit, welche die Gesellschaft zur Herstellung des Gesamtproduktes aufwenden mußte. Die Gesellschaft wird hier als eine Einheit aufgefaßt, die mit ihrer gesamten Arbeitskraft ihr Produkt hergestellt hat; der einzelne gilt mit seiner Arbeit nur als Organ der Gesellschaft; als solches Organ ist er nur so viel an dem Produkt beteiligt, als seine Arbeitskraft dem Durchschnitt der Gesamtarbeitskraft – diese nach Intensität und Produktivität als gegeben vorausgesetzt – entspricht. Hat der einzelne zu langsam gearbeitet oder hat er Unnützes – und das ist auch sonst Nützliches, das aber in dem gesellschaftlichen Stoffwechsel zuviel ist – hergestellt, so wird diese Arbeit auf Durchschnittsarbeit – gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit – reduziert. Ist so die Summe der Arbeitszeit für das gesamte Produkt gegeben, so muß der Austausch diese Tatsache ausdrücken. Auf einfachste Weise wird sie ausgedrückt, wenn im Austausch die quantitative Beziehung der Waren gleich ist der quantitativen Beziehung der auf ihre Herstellung verwandten gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit. Dann tauschen sich die Waren zu ihrem Wert aus.
Und diese Beziehung wird verwirklicht, wenn die Bedingungen für die Warenproduktion und den Warenaustausch für alle Mitglieder der Gesellschaft sozial gleich sind, wenn sie alle selbständige Besitzer ihrer Produktionsmittel sind, die mit diesen das Produkt herstellen und es auf dem Markte austauschen. Diese Beziehung ist die einfachste und sie ist Ausgangspunkt der theoretischen Betrachtung. Nur von ihr aus können Modifikationen verstanden werden, die aber stets die Bedingung erfüllen müssen, daß, wie immer der Einzelaustausch gestaltet sei, die Summe der Austauschakte die Gesamtproduktion umsetzen muß. Die Modifikation selbst kann nur hervorgerufen werden durch eine andere Stellung der Mitglieder der Gesellschaft in der Produktion – sie muß durch sie hervorgerufen werden, weil ja nur im Tauschakt der gesellschaftliche Zusammenhang nicht nur der Produktion, sondern auch des Produzenten sich durchsetzt. Die Enteignung des einen Teiles der Gesellschaft und der Monopolbesitz der Produktionsmittel des anderen Teiles modifiziert naturgemäß den Austausch, da nur in ihm diese Ungleichheit der Gesellschaftsmitglieder in Erscheinung treten kann. Da aber der Tauschakt eine Gleichheitsbeziehung ist, erscheint die Ungleichheit jetzt als Gleichheit nicht mehr des Wertes, sondern des Produktionspreises, also die Ungleichheit des Arbeitsaufwandes (zugleich die Gleichgültigkeit der Kapitalisten gegen den Arbeitsaufwand als Arbeitsaufwand Fremder) in der Gleichheit der Profitrate. Diese Gleichheit drückt nichts anderes aus, als daß in der kapitalistischen Gesellschaft das Entscheidende das Kapital ist; deshalb steht der einzelne Tauschakt nicht mehr unter der Bedingung: gleiche Arbeit gegen gleiche Arbeit, sondern: für gleiches Kapital gleichviel Profit. Die Arbeitsgleichung ist ersetzt durch die Profitgleichung, und die Produkte werden nicht zu ihren Werten, sondern zu den Produktionspreisen verkauft.
Ist der Austausch so bestimmt durch die Gesellschaft, so erfährt anderseits die Gesellschaft wie der einzelne ihr Gesetz nur aus dem vollzogenen Austausch. Denn die Arbeit des einzelnen ist zunächst nur seine individuelle Leistung, entsprungen seinem individuellen Wollen – Privatarbeit, nicht gesellschaftliche Arbeit. Ob sie übereinstimmt mit den Bedingungen des gesellschaftlichen Stoffwechsels, von denen seine Arbeit nur eine Teilbedingung sein muß, kann sich erst bewähren, wenn alle diese Teilbedingungen miteinander verglichen werden und in ihrer Summe die Gesamtbedingung des gesellschaftlichen Stoffwechsels erfüllt ist.
Die Waren sind Verkörperungen gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit. Aber diese Arbeitszeit wird als solche nicht direkt ausgedrückt wie etwa in der Gesellschaft des Rodbertus, wo die Zentralbehörde für jedes Produkt die gesellschaftlich gültige Arbeitszeit direkt festsetzt. Sie erscheint nur in der Gleichsetzung einer Sache mit einer anderen im Austausch. In diesem wird also der Wert einer Sache, ihre gesellschaftliche Produktionszeit, ausgedrückt nicht als solche, als Acht- oder Zelm- oder Zwölfstundenarbeil, sondern als bestimmtes Quantum einer anderen Sache. Diese, als Ding, wie es geht und steht, mit allen seinen Natureigenschaften, dient also als Ausdruck des Wertes eines anderen Dinges, als sein Äquivalent. Zum Beispiel in der Gleichung 1 Rock = 20 Meter Leinwand sind diese 20 Meter Leinwand Äquivalent des Rockes. Sie sind ihm gleich, weil auch sie Verkörperung gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit sind und als solche alle Waren einander gleich sind.
Die Darstellung des Wertes, dieses gesellschaftlichen Verhältnisses, in einer anderen Sache, also einem vom Gebrauchswert der Ware, deren Wert dargestellt werden soll, unterschiedenen Gebrauchswert, folgt also unmittelbar aus der Natur der Warenproduktion und ist von ihr unzertrennlich. Denn nur dadurch, daß das Gut des einen zur Ware und damit zum Gut des anderen wird, entsteht ja die der Warenproduktion eigentümliche gesellschaftliche Beziehung ihrer Mitglieder, ihr Aufeinanderbezielien als Tauschende ihrer Sachen. Erst nach vollzogenem Austausch erfährt der Produzent, ob seine Ware tatsächlich gesellschaftliches Bedürfnis befriedigt und ob er seine Arbeitszeit richtig angewandt hat. Er bekommt die Bestätigung, daß er vollgültiges Mitglied der warenproduzierenden Gesellschaft ist, ja nicht durch eine Person, die im Namen dieser Gesellschaft sprechen, sein Werk kritisieren – wie etwa der Verleger die Arbeit seiner Weher kritisiert –, billigen oder ablehnen könnte, sondern ihm wird seine Gesellschaftsfähigkeit nur bestätigt durch eine Sache, die er im Austausch für die seine erhält. Denn die Gesellschaft hat ihre Sache auf die Sache (und darauf gerade beruht trotz Stirner ihre Anarchie) und nicht auf die Personen und ihr kollektives Bewußtsein gestellt. Die Sache, die ihm das sagen kann, muß also die nötige Legitimation haben, um im Namen der Gesellschaft sprechen zu können. Sie bekommt diese Legitimation genauso, wie andere Organe ihre Legitimation erhalten, durch die gemeinsame Aktion der Legitimierenden. Wie die Menschen sich zusammentun und einen aus ihrer Mitte zu bestimmten Handlungen in ihrem Namen legitimieren, so müssen sich auch die Waren zusammentun, um ihrerseits die Ware zu legitimieren, die in ihrem Namen die Bürgerschaft in dieser Waren weit – die Vollbürgerschaft oder die Bürgerschaft minderen Rechtes – erteilt. Die einzige Form aber, in der die Waren sich zusammentun können, ist ihr Austausch. Denn was das gesellschaftliche Bewußtsein in einer sozialistischen Gesellschaft, ist in der kapitalistischen die gesellschaftliche Aktion der Waren auf dem Markt. Das Bewußtsein der bürgerlichen Welt ist reduziert auf den Marktbericht. Nur durch Vollendung des Austausches erfährt der einzelne das Gesetz der Gesamtheit. Nur wenn dem einzelnen der Austausch gelungen ist, hat er den Beweis dafür, daß er das gesellschaftlich Notwendige produziert hat; nur dann kann er von neuem die Produktion eröffnen. Die Sache, die so durch die gemeinsame Aktion der Waren legitimiert ist, den Wert aller anderen Waren auszudrücken, ist – das Geld. Mit der Entwicklung des Warenaustausches selbst entwickelt sich zugleich die Legitimation dieser besonderen Ware.
A und B treten als Warenbesitzer nur in ein gesellschaftliches Verhältnis, indem sie ihre Produkte miteinander austauschen. Das Verhältnis ist dann zustande gekommen, wenn sich der Rock mit den zwanzig Meter Leinwand ausgetauscht hat. Verallgemeinert sich die Warenproduktion, so muß der Schneider alle seine Bedürfnisse durch den Austausch befriedigen; statt des einen Verhältnisses mit der Spinnerin der Leinwand geht er jetzt zahlreiche andere ein. 1 Rock = 20 Meter Leinwand, aber auch gleich 5 Pfund Zucker, 10 Pfund Brot usw. Da aber alle Warenproduzenten solch zahlreiche Verhältnisse eingehen, erhalten wir schließlich eine Unzahl Tauschgleichungen, in denen sich die Waren einander gleichsetzen, ihren Wert miteinander messen. Indem sie sich aber gegenseitig messen, messen sie zugleich ihren Wert immer häufiger in einer Ware, die so zu dem allgemeinen Wertmaß aller wird.
Schon der einfache Wertausdruck, etwa 1 Rock = 20 Meter Leinwand, drückt eine gesellschaftliche Beziehung aus; aber diese kann nur zufällig und vereinzelt bleiben. Um wahrhaft gesellschaftlicher Ausdruck zu sein, darf die Wertgleichung nicht vereinzelt sein; in zahllosen Austauschen und daher zahllosen Wertgleichungen setzt sich der gesellschaftliche Stoffwechsel und damit der gesellschaftliche Zusammenhang der Arbeitenden durch, sobald die Warenproduktion die allgemeine Form gesellschaftlicher Produktion geworden ist. Es ist die gemeinsame Aktion der Waren im Austausch, was die private, individuelle und konkrete Arbeitszeit des einzelnen in allgemeine, gesellschaftlich notwendige und abstrakte Arbeitszeit, die Wert bildet, verwandelt. Indem die Waren sich allseitig im Austausch gegenseitig messen, messen sie sich zugleich immer häufiger in einer Ware. Diese braucht bloß gewohnheitsmäßig als Wertmesser fixiert zu werden, um Geld zu werden.
Es ist also der Austausch von Werten notwendig, um überhaupt die gesellschaftliche Produktion und Reproduktion möglich zu machen. Nur so werden die Privatarbeiten gesellschaftlich anerkannt, geeicht, werden die Beziehungen der Sachen aufeinander zu gesellschaftlichen Beziehungen ihrer Produzenten. Wie immer also der Austausch vor sich gehen mag, er ist notwendigerweise der Austausch zu Wertäquivalenten, mag nun der Austausch der Ware direkt vor sich gehen oder durch Geld vermittelt sein. Geld ist also als Wert Ware wie jede andere, und die Notwendigkeit, daß Geld Wert hat, entspringt unmittelbar aus dem Charakter der warenproduzierenden Gesellschaft. [5]
Das Geld ist so Ware wie alle anderen und damit Verkörperung vonWert. Das Geld aber unterscheidet sich von allen anderenWaren dadurch, daß es für aUe anderen Waren Äquivalent ist, also die Ware, die den Wert aller anderen ausdrückt. Daß es dazu geworden, ist das Resultat sämtlicher Austauschprozesse. [6] Dadurch ist es zum Wertmaß legitimiert. Die Geldware, also dieser bestimmte Körper mit all seinen natürlichen Eigenschaften, ist jetzt unmittelbar Ausdruck von Wert, von dieser Eigenschaft, die nur aus den gesellschaftlichen Verhältnissen der Warenproduktion und ihrem sachlichen Ausdruck herstammt. Zugleich sieht man, wie aus dem Tauschprozeß selbst, aus der Notwendigkeit beständiger Gleichsetzung der Waren untereinander die Notwendigkeit des gemeinsamen Wertmaßes entspringt, in dem der Wert jeder anderen Ware unmittelbar ausgedrückt wird, mit dem es daher jederzeit unmittelbar austauschbar ist. Geld ist also einerseits Ware. Anderseits ist aber diese Ware immer an die besondere Stelle des Äquivalents gerückt. Es ist dies geschehen durch die Aktion aller anderen Waren, welche die Geldware als ihr einziges und allgemeines Äquivalent legitimiert haben.
Der Tauschwert aller Waren wird also gesellschaftlich gültig ausgedrückt in der Geldware, in einem bestimmten Quantum ihres Gebrauchswertes. Durch die gegenseitige Aktion aller anderen Waren, die sich in ihr messen, erscheint so die Geldware als unmittelbare Verkörperung der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit. Geld ist so „der Tauschwert der Waren als eine besondere, ausschließliche Ware.“ [7] Alle Waren erhalten so durch ihre Verwandlung in Geld ihre gesellschaftliche Eichung.
Wie nach Ernst Mach das Ich nur ein Knotenpunkt ist, in dem die unendlichen Fäden der Empfindungen, aus deren Netz das Bild der Welt sich gestaltet, enger zusammenlaufen, so ist das Geld ein Knoten in dem Netz des geseUschaftlichen Zusammenhanges der warenproduzierenden Gesellschaft, das aus den zahllosen Fäden der einzelnen Tauschakte gewebt ist. Im Gelde ist zugleich das gesellschaftliche Verhältnis der Menschen zu einer Sache geworden, zu einem geheimnisvoll glänzenden Ding, dessen verwirrender Glanz noch immer die Augen so vieler Ökonomen blendet, wenn sie es nicht vorziehen, die Augen ganz davor zu schließen.
Indem die Waren im Austauschprozeß sich aufeinander beziehen, werden sie zu Produkten gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit reduziert und werden als solche gleich. Im Austauschprozeß zerreißt das Band, das die Ware als Gebrauchswert an das besondere Bedürfnis des einzelnen knüpft. Im Austausch gilt die Ware nur als Tauschwert, und nur durch Vollziehung des Austausches, also nach vollzogenem Austausch, wird sie wieder Gebrauchswert, entsteht eine neue Verknüpfung an ein anderes individuelles Bedürfnis. Im Geld, dessen Gebrauchswert nichts ist, als Verkörperung gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit, also Tauschwert, erscheint die Ware unmittelbar als Tauschwert ausgedrückt; im Geld erscheint so der Tauschwert der Ware verselbständigt gegenüber ihrem eigenen Gebrauchswert. Erst die Verwandlung von Geld in Ware realisiert die Ware als Gebrauchswert, nachdem im Geld ihr Tauschwert schon enthalten ist. Die Ware verläßt dann als Gebrauchswert die Zirkulation und fällt der Konsumtion anheim.
Geld kann nur allgemeines Äquivalent werden, weil es Ware, also Tauschwert ist. Als Tauschwert ist aber jede Ware Maß der Werte aller anderen Waren. Indem sich alle Waren in ihrer gegenseitigen Aktion auf eine Ware beziehen, wird diese besondere Ware adäquates Dasein des Tauschwertes, sein Dasein als allgemeines Äquivalent. Daß alle Waren Tauschwerte sind, das heißt, daß die Produzenten in der durch Arbeitsteilung und Privateigentum in ihre Atome zerlegten Gesellschaft, die ohne gemeinsames Bewußtsein doch eine Produktionsgemeinschaft ist, nur durch Vermittlung ihrer sachlichen Produkte in Beziehung zueinander stehen, erscheint jetzt so, daß ihre Arbeitsprodukte als Tauschwerte nur verschiedene Quanta desselben Gegenstandes – des Geldes – darstellen. Die allgemeine Arbeitszeit, ihrerseits der ökonomische Ausdruck der Produktionsgemeinschaft, damit aber die Tatsache dieser Gemeinschaft selbst, erscheint jetzt als ein besonderes Ding, eine Ware neben und außer allen anderen Waren.
Im Austauschprozeß hat sich die Ware als Gebrauchswert erwiesen,hat bcrwiesen, daß sieBedürfnis, und zwar im gesellschaftlich geforderten Ausmaß befriedigt hat. Hat sie das getan, so ist sie damit zum Tauschwert für alle anderen Waren geworden, die dieselbe Bedingung erfüllen. Dies drückt ihre Verwandlung in Geld, den Repräsentanten des Tauschwertes überhaupt aus. Indem sie Geld geworden, ist sie zum Tauschwert für alle anderen Waren geworden. Die Ware muß daher Geld werden, weil sie nur dann gesellschaftlich ausgedrückt ist, als Gebrauchswert und als Tauschwert, als die Einheit beider, die sie ist. Dadurch aber, daß alleWaren sich durch ihre Entäußerung als Gebrauchswerte in Geld verwandeln, wird Geld das verwandelte Dasein aller anderen Waren, und nur als Resultat dieser Verwandlung aUer anderen Waren in Geld wird Geld unmittelbar Vergegenständlichung der allgemeinen Arbeitszeit, das heißt Produkt der allseitigen Entäußerung, Aufhebung der individuellen Arbeiten.
Die Notwendigkeit des Geldes entspringt also aus dem Wesen der warenproduzierenden Gesellschaft, die ihr Gesetz erfährt aus dem Austausch der Waren als Produkte gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit, daraus, daß der gesellschaftliche Zusammenhang der Produzenten ausgedrückt wird als Preis ihrer Produkte, der ihnen jeweils vorschreibt ihren Anteil an der Produktion und an der Verteilung der Produkte. Es ist die eigentümliche Regelung dieser Gesellschaft durch das Preisgesetz, welches als Mittel des Austausches der Waren selbst eine Ware verlangt, da nur eine solche gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit verkörpert. Daß das Tauschmittel Wert haben muß, folgt unmittelbar aus dem Charakter einer Gesellschaft, in der die Güter Waren geworden sind und als solche ausgetauscht werden müssen. „Derselbe Prozeß, der aus dem Gut Ware macht, macht aus der Ware Geld.“
Die Unbewußtheit des gesellschaftlichen Zusammenhanges, seine Herstellung durch den Austausch der Waren und die Bestätigung, daß diese Herstellung auch gesellschaftlich richtig vollzogen wurde, die erst im Austauschprozeß erfolgt, wenn der Produktionsprozeß, der eigentlich den gesellschaftlichen Zusammenhang bereits fixiert hat, schon vorüber und unabänderlich geworden ist, dies bedeutet zugleich die Anarchie der kapitalistischen Produktionsweise. Anarchie – denn es ist kein Bewußtsein da, das von vornherein die Produktion seinem Zwecke gemäß gestaltet, sondern den einzelnen, nur ihrer selbst, nicht aber der Gesellschaft bewußten Mitgliedern drängt sich dieser Zusammenhang nach Art eines Naturgesetzes auf, das unabhängig von dem Willen der Beteiligten wirkt, obwohl es nur durch ihre eigene gesellschaftliche und ihnen daher unbewußte Aktion existiert. Diese Aktion erfolgt eben nie in dem Bewußtsein und der Absicht, damit den gesellschaftlichen Zusammenhang zu konstituieren, sondern dient stets nur der individuellen Bedürfnisbefriedigung. In diesem Sinne kann man daher auch sagen, daß die Notwendigkeit, den Austausch durch Geld, also durch einen selbst wertvollen Stoff zu vermitteln, aus der Anarchie der warenproduzierenden Gesellschaft entspringt.
Ist so das Geld einerseits notwendiges Produkt des Warenaustausches,so ist es anderseits selbst Bedingung der Verallgemeinerung des Austausches der Produkte als Waren. Es macht die Waren unmittelbar vergleichbar, indem es ihr Wertmesser wird. Es ist dies, weil es als Wert dasselbe wie die Waren und innerhalb der Wertform ihr Entgegengesetztes ist – Äquivalent, also Gebrauchswert, in dem Wert ausgedrückt ist.
Das Geld entsteht so naturwüchsig aus dem Tauschverkehr und setzt nichts anderes voraus als diesen. Der Tauschverkehr macht diejenige Ware zu Geld, die dazu vermöge ihrer natürlichen Eigenschaften am besten geeignet ist. Es ist der Gebrauchswert dieser Ware, zum Beispiel des Goldes, der es zum Geldstoff macht. Gold ist nicht von Natur aus Geld (sondern nur infolge einer bestimmten Gesellschaftsstruktur), aber Geld von Natur aus Gold. Also weder den Geldcharakter noch auch den Geldstoff bestimmt der Staat oder die Rechtsordnung willkürlich. Der Staat oder die Rechtsordnung macht das Geld zunächst nur zur Münze. Er ändert nichts als die Einteilung der Goldquanta. Werden diese zuerst nach dem Gewicht eingeteilt oder gemessen, so jetzt nach einem anderen willkürlichen, also notwendigerweise auf bewußtem Übereinkommen beruhenden Maßstab. Da die warenproduzierende Gesellschaft ihre höchste bewußte Organisation im Staate hat, so muß der Staat dieses Übereinkommen sanktionieren, damit es allgemein gesellschaftliche Gültigkeit hat. Es verhält sich hier ähnlich wie bei Festsetzung anderer Maße, zum Beispiel des Längenmaßes. Nur daß hier, da es sich um einen Wertmaßstab handelt, sich der Wert aber immer nur in einer Sache und in jeder Sache je nach ihrer Produktionszeit anders darstellt, der Staat zugleich auch die Sache, den Geldstoff, deklarieren muß. Nur innerhalb des Kreises der Übereinkunft, also innerhalb des Staates zum Beispiel gilt dieser Maßstab. Er wird ungültig außerhalb der staatlichen Grenze. Auf dem Weltmarkt gelten Gold und Silber nach ihrem Gewicht gemessen als Geld. [8] Das Übereinkommen über ein bestimmtes Geld kann auch in Ermanglung einer staatlichen Intervention durch Privatpersonen, zum Beispiel durch Kaufleute einer Stadt erfolgen und gilt dann natürlich wieder nur für diesen Kreis. [9]
Das Gold wird also vom Staat in irgendeiner Weise eingeteilt und jedes Teilstück durch die staatliche Prägung gekennzeichnet. In diesem Maßstab werden jetzt alle Preise ausgedrückt. So hat also der Staat den Maßstab der Preise hergestellt. Als Maß der Werte fungiert Gold, weil es Ware, also Wert, Verkörperung gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit ist, als solches ist sein Wert veränderlich mit der Veränderung seiner Produktionszeit. Als Maßstab der Preise ist Gold eingeteilt in Stücke von gleichem Gewicht, und diese Einteilung ist ihrem Sinne nach unveränderlich. Die Prägung ist nichts als die Bestätigung, daß das damit versehene Geldstück eine bestimmte Gewichtsmenge des Geldstoffes, zum Beispiel des Goldes enthält. Dies ist zugleich eine erhebliche technische Vereinfachung. Das Geld braucht nicht mehr gewogen, sondern nur gezählt zu werden. Zugleich kann jetzt auf bequeme Weise jede Wertquantität, die im Austausch erforderlich wird, dargestellt werden.
1. Diese ganz verschiedene Natur des Tauschaktes macht es absurd, für die Tauschakte unter ganz verschiedenen Gesellschaftsformationen gleiche Gesetze finden zu wollen.
2. J. Karner (Dr. Karl Renner), Die soziale Funktion der Rechtsinstitute, Marx-Studien, I. Bd., II. Heft, S. 108. Es sind also Gesetze ganz eigener Art, die nur ans einem bestimmten, gesellschaftlichen Zusammenhang sich ergeben, mit diesem verschwinden, aber innerhalb desselben kausale Wirksamkeit besitzen. Nur die Erkenntnis dieser Gesetze ist Aufgabe der theoretisch-ökonomischen Analyse.
3. „Ihre (scil. der Warenproduzenten) gesellschaftliche Beziehung erscheint reduziert auf die private Beziehung des Tausches. Der Tausch aber ist als solcher zunächst nur private Beziehung. Damit zwei Menschen tauschen, ist nichts nötig, als daß sie den Gegenstand haben und ihn für einen anderen hergeben wollen. Als solcher ist der Tausch eine allen Gesellschaftsformationen angehörende Erscheinung, weil alle Gesellschaftsformationen Eigentum kennen.
In der Tat, der Tausch von Federstiel und Marke auf der Schulbank, der Tausch von Reitpferd und Automobil zwischen zwei Mitgliedern einer sozialistischen Gesellschaft ist ein privates Vorkommnis, ganz gleichgültig für die theoretische Ökonomie. Es ist die grundlegende Illusion der Grenznutzentheorie, durch die Analyse des Tausches als rein privaten Aktes den Gesetzen der kapitalistischen Gesellschaft auf die Spur kommen zu wollen.“ Hilferding, Zur Problemstellung der theoretischen Ökonomie bei Karl Marx, Neue Zeit, 1904/05, I. Bd., S. 106.
4. Diese Dinge müssen in der warenproduzierenden Gesellschaft miteinander überhaupt in ein Verhältnis treten und dies können sie als Ausdruck gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit. Nur als solcher Ausdruck werden sie kommensurabel. Daß sie Produkt gesellschaftlicher Arbeitszeit, also Gesellschaftsprodukt sind, ist das Wesentliche an der Wertlehre, nicht aber, daß diese Arbeitszeit in allen Fällen die gleiche auf beiden Seiten des Tauschverhältnisses sei. Dies ist ein sekundäres Moment und bestimmt nur das Tauschverhältnis unter den Bedingungen der einfachsten Warenproduktion.
5. Es ist Gegenstand späterer Untersuchung, inwiefern dieser Satz durch die modernen Formen der Papierwährung eine Modifikation erfährt.
6. Wert hat jede Ware als Verkörperung gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit, also als Resultat des Warenproduktionsprozesses. In den Austauschprozeß geht sie also schon ein als Wertträger. In diesem Sinne sagt Marx: „Der Austauschprozeß gibt der Ware, die er in Geld verwandelt, nicht ihren Wert, sondern ihre spezifische Wertform“, nämlich als allgemeines Äquivalent. Kapital, I., 4. Auflage, S. 56. (Neuausgabe: Karl Marx, Das Kapital, Bd. I, Dietz Verlag, Berlin 1953, S. 96. – Die Red.)
7. Marx, Zur Kritik der politischen Ökonomie, 2. Auflage, S. 28. (Neuausgabe: Karl Marx, Zur Kritik der politischen Ökonomie, Dietz Verlag, Berlin 1951, S. 45. – Die Red.)
8. Wenigstens vorläufig noch, solange die Tendenz zur Alleinherrschaft des Goldes sich noch nicht völlig durchgesetzt hat.
9. Beispiel ist die Hamburger Bankowährung seit 1770. Die Umsätze wurden durch Übertragung auf Girokonto bei der Hamburger Girobank erledigt. Die Gutschrift wurde nur gegen Einzahlung vollwichtigen Silbers geleistet. Als Geldstoff gilt das Silber, als Einheit die Kölnische Mark Feinsilber, für die 27½ Mark Banko gutgeschrieben wurden. Das Buchgeld, dessen sich der Hamburger Handel bis zum Jahre 1372 bediente, beruhte mithin auf ungeprägtem Silber. Dabei ist es unwesentlich, daß das Silber selbst wohlverwahrt in den Kellern der Bank lag und nur die Besitzscheine (etwas ganz anderes als Banknoten) zirkulierten. Vollgedecktes „Papiergeld“, das nur ein Schein über wirklich von dem Inhaber des Scheines hinterlegtes und in der Bank wirklich aufbewahrtes Metall ist, ist rein technischer Behelf und bloßes Schutzmittel gegen die Abnützung des Metalls. Es läßt alle Gesetze des Geldumlaufes ebenso unberührt, als ob die Silberstücke selbst in Leder oder Papier eingewickelt zirkulierten.
Die im Text gegebene Darstellung ist zunächst die einzige Rolle, die der Staat spielt. Damit erledigt sich die Einbildung Knapps, daß erst durch die Satzung des Staates das Geld entsteht. Zugleich sieht man, wie historisch das Geld primär aus der Zirkulation hervorwächst. Es ist also zunächst Zirkulationsmittel. Erst dann, wenn es allgemeines Maß der Werte und allgemeines Äquivalent der Waren geworden, wird es zum allgemeinen Zahlungsmittel. Dies gegen Knapp, „Staatliche Theorie des Geldes, S. 3.
Zuletzt aktualisiert am 9. November 2015